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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Vergnügungsreisender. An Schwester Malle schrieb er auch nur, er sei des Vagabundierens satt, und ihre Information über sein Ministerwerden, womit sie die arme Manne erschreckt habe, sei Schwindel. Er wünsche bloß, ruhig in Frankfurt am Ofen zu sitzen. Paris sei hübsch, doch man friere bei fünf Kaminen.
    Nur ein Mann in Frankfurt mißtraute dieser Ferienreise und hatte Grund dazu. Denn Otto hatte ihn beauftragt, alle seine Obligationen zu verkaufen.
    »Was werd'n Se das tun, Herr Beraun, Exzellenz. Sind sehr gute Papierche. Werden Hausse haben.«
    »Wenn Sie wüßten, was ich weiß, würden Sie anders denken.«
    »Gott gerechter! Wird sein Krieg oder Revoluschon?«
    »Weiß nicht. Also es bleibt dabei: verkaufen! Und dies bleibt unter uns, verstehen Sie, sonst ist's mit unserer Freundschaft aus. Adieu, ich habe es eilig.«
    Wenn Rothschild dies ernste Symptom in Frankfurt herumgeboten hätte, wäre es Otto nicht mal unlieb gewesen, damit Österreich den Ernst der Lage erführe und nicht an Spiegelfechterei glaube. Doch der weise Rothschild nahm es nicht ernst. Werd' ich mer hüten, ssu ersseugen eine Panique, was is wie eine Cholique an de Börse. Gott Abrahams, is der Herr v. Bismarck doch ä so bedaitender Mann und glaubt wärklich an de Meschuggen in Berlin, daß se diesmal werden sein helle. Nix wird werden, nix, wie immer. Nur der kute Herr v. Bismarck, und er hat auch 'ne kute Frau, 'ne fraindliche Frau, wird sein ärmer um scheene Dividendche und wird klagen wie Jeremias: Weihgeschrien, wo sind se hin, meine güldenen Gulden? – Dieser Prophet des alten Bundes kannte sich aus in der Welt, in Moses und den Propheten. – –
    Otto traf den Kaiser natürlich rein »zufällig«, und zwar bei der alten Großherzogin Stephanie von Baden, Nichte Josefine Beauharnais' und adoptierte kaiserliche Prinzessin, für welche ihr Onkel, der korsische König der Könige, mehr als verwandtschaftliche Zuneigung gehegt haben sollte. Sie hatte als deutsche Fürstin sehr schwere Dinge erlebt, blieb aber wohlauf und munter in ihrer anmutigen Lebhaftigkeit, noch als alte Dame bezaubernd. Otto sang ihr Lob in allen Tönen. Auch seine alte Gönnerin, Lady Cowley, traf er hier als Gesandtin, die sich lebhaft nach seiner guten Frau erkundigte.
    Übermorgen ist ihr Geburtstag, morgen ist Karfreitag. Da werde ich in die protestantische Kirche pilgern. Sie liegt recht entlegen und heißt hier Tempel statt Kirche, soll wohl was ähnliches wie Synagoge oder Judentempel im Sprachgebrauch bedeuten. Dort will ich herzlich beten, daß er ihr alle Liebe und Treue vergelte. Blaukehlchen, die sie haben möchte, kann ich ihr freilich auch aus Paris nicht mitbringen, hier gibt's nur exotische Schreihälse mit blauen Federn, aber ein Herz voll Dank und Treue.« Das sagte er so ruhig und schlicht, daß die Britin ihm gerührt die Hand drückte.
    »Diese Deutschen haben ein so tiefes Gemüt«, erzählte sie ihrem Gatten.
    Cowley brummte mißtrauisch: »Eben deshalb glaub' ich nichtan die Ferienreise. Der bummelt nicht nach Paris, um sich zu amüsieren. Auf dem Pferderennen war er nicht, es sei ihm zu teuer. Ich glaube, der hat hier teurere Sachen vor.«
    »Das widerspricht sich doch. Der Mann ist ein Engel von einem Hausvater und beschaut sich in diesem scheußlichen Aprilwetter die Bäume am Boulevard, ob die jungen Knospen nicht Schaden leiden. Und dabei soll er ein Macchiavelli sein?!«
    »Macchiavelli, meine Teure, war ein Italiener, und dieser ist ein Deutscher. Die Deutschen sind als Diplomaten unbrauchbar, doch warum sollten sie nicht mal eine besondere Spielart hervorbringen? Ein merkwürdiger Mann, unser Freund. Ich höre von Malet, er hat's immer noch mit der Biederkeit und Offenheit und erreicht damit mehr als der schlaueste Lügner. Tatsächlich erinnere ich mich nicht, daß er je die Unwahrheit sagte. Das achte Naturwunder! Ein Diplomat, der nicht zu lügen weiß! Man sollte denken, er wäre damit ein unmündiges Kind in den Händen der anderen. Good gracious ! Die anderen können froh sein, wenn sie aus seinen Händen lebendig hervorgehen. Außer den Österreichern und ihrem Troß hat ihn im Grunde jeder gern. Und doch!«
    »Sagte ich dir nicht immer, er sei »im Grunde« ein höchst gefährlicher Mann?«
    »Das hast du gesagt, Frances, zu einer Zeit, wo man unmöglich auf so etwas schließen konnte. Das hatte keine Logik.«
    »Natürlich! Die Männer buchstabieren A bis D hintereinander, und die Frauen springen von A auf F. Das ist

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