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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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ihr Mangel an Logik.«
    Diesen Vorsprung der weiblichen Intuition haben die Frauen seit Eva gekannt. Wäre Lord Cowley ein Franzose gewesen, so hätte er seiner Dame die Hand geküßt und sie hernach »liebes Kind« genannt. (Das bringt immer die Götter zu olympischem Gelächter, wenn ein Mann die Mutter der Menschheit »liebes Kind« nennt). Sintemalen er aber ein Engländer war, nickte er vertraulich und ließ sich zu der bedeutenden Bemerkung herab: »Die Frauen sind sehr klug, indeed !«
    Das war auch die alte Stephanie, die sofort Sonnenschein verbreitete, wenn sie einst als Fürstin in ein deutsches Damenpensionat hochgeborener Töchter trat: » Mes demoiselles, me voilà encore !« Sie wollte diesem famosen Kerl sehr wohl, den sie sofort in ihr großes mütterliches Herz schloß, und machte sich diskret unsichtbar, wenn ein leises Klopfen an einer Geheimtür den wahren Zweck der Bismarckschen Besuche ankündigte, dessen aufrichtige Verehrung sie sonst erkannte. Man wählte ihre Wohnung für Stelldicheins des Herrschers mit dem Gesandten. –
    » Ça ne marche pas, mon cher monsieur !« teilte der Kaiser verdrießlich mit. Er redete grundsätzlich nie Deutsch mit Otto, obschon er es fließend sprach. Deutschreden im Doppelsinn des Wortes war überhaupt nicht nach seinem Geschmack. »Ich nehmekeinen Anstand, Ihnen zu verraten, daß außer England, dessen Gesinnungen Sie ja kennen, auch Rußland sich verteufelt lau benimmt. Der neue österreichische Botschafter Hübner –«
    »Pardon, Sire, ich möchte Sie vor unnötiger Indiskretion bewahren. Die gebundene Marschroute, mit der dieser Herr über preußische Interessen fortstampft, ist mir Etappe für Etappe bekannt.«
    Der Kaiser lächelte halb schwermütig, halb boshaft. »Vielen Dank für diese Delikatesse! Das Ende vom Lied sehen Sie ja wohl voraus.«
    Otto besann sich einen Augenblick. »Nicht ganz, Sire. Sie waren in allem die Güte selbst. Gestern unterbreitete ich den Vorschlag, ob Sie, da man uns für Durchzug in Baden Steine zwischen die Beine wirft, ihn durchs Elsaß gestatten.«
    Louis strich melancholisch seinen Knebelbart, ohne zu lächeln, und hauchte wie ein verliebter Selbstmörder, der seinen letzten Odem ausstößt: »Darf ich mir die einzige Frage erlauben, ob dieser sublime, obwohl etwas phantastische Vorschlag Ihrem Kopfe entsprang?«
    Otto biß sich auf die Lippen. »Gewiß nicht, Sire.«
    »Damit ist alles gesagt. Meine Franzosen würden bis an die Decke springen. Doch im übrigen billige ich das Unternehmen, dies Schweizer Demokratennest zu zerstören.«
    »Und doch deuteten Eure Majestät vorhin an, wenn ich recht verstand –«
    »Sie haben ganz recht verstanden. Ich wäre zu allem bereit gewesen, wenn Ihre Regierung nicht zu viel Schwäche bewiese. So aber sprach heute eine Note meiner Regierung die Hoffnung aus, daß Preußen an der Pforte des Krieges einhalten werde. Ich mag nicht nachher allein auf dem Plan bleiben, während sie, für die ich mich opfere, plötzlich abfallen und sich jeder Bedingung fügen. Die Schweiz wird die Gefangenen gehen lassen, und damit ist die Affäre erledigt.«
    Otto saß stumm und starr. Immer die blamierten Mitteleuropäer! Eine neue Ohrfeige! »Wir haben dann keine Wahl und unterwerfen uns der Notwendigkeit.« Doch Louis legte vertraulich seine Hand auf Ottos Arm.
    » Passons là-dessus ! Lassen Sie uns jetzt von Vernünftigem reden! Natürlich auf Diskretion, Offenheit gegen Offenheit. Wollen Sie?«
    »Sire, ich bin bereit.«
    »Sie werden nicht leugnen, daß ich Preußen viel Wohlwollen und Neigung zu intimer Freundschaft bewies. Eine Güte ist der andern wert.«
    »Es kommt auf das Maß an.«
    »Ich merke schon, Sie argwöhnen, daß ich nach der linksrheinischen alten Grenze strebe, ich meine«, berichtigte er eilig, »die eigentlich junge Grenze von 1793 bis 1814. Beruhigen Siesich! Diese drei Millionen Einwohner uns anzugliedern, wäre strategisch unhaltbar, wenn wir nicht gleichzeitig Holland und Belgien unter unsere Botmäßigkeit brächten. Solchen Machtzuwachs würde Europa uns nie gönnen, eine Koalition würde es uns wieder abnehmen. Das konnte Napoleon I. wagen, nicht ich. Eine kleine Grenzberichtigung vielleicht, um unseren Nationalstolz zu sättigen –«
    »Auf fremde Kosten!« entfuhr es Otto.
    »Das tut man meist im Leben«, seufzte der gute Kaiser elegisch. »Ich könnte auch ohne solche kleinen Geschenke leben, die zwischen uns die Freundschaft erhielten. Mein nächster Krieg, wenn

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