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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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ich eines solchen bedürfte,« er richtete den verschleierten Blick fest auf Ottos unbewegtes Gesicht, »würde sich nach Süden lenken. Italien ist uns immerhin verwandt, lateinische Rasse, und hat Küsten, Möglichkeiten einer Seemacht. Wir brauchen keine Landsiege, doch wir müssen eine große Seemacht werden. So etwas kitzelt die französische Phantasie, denn es wäre etwas neues, was Napoleon I. nicht bieten konnte. Gerade weil wir keine guten Matrosen sind, wäre uns Seeherrschaft am schmeichelhaftesten. Ich denke mir das Mittelmeer als französische See, nicht ganz, aber doch beinahe. Da Rußland ähnliches planen könnte, ließ ich Zerstörung der Schwarzmeerflotte zu, obschon –« Er brach ab, und Otto ergänzte heimlich: obschon es ihm nachträglich leid tut, dem perfiden Albion diesen Spaß gegönnt zu haben, das er aber sonst in den opferreichen Krimkrieg hineinlockte, nur zu Frankreichs Vorteil. »Ich wünsche Erwerbung einiger Flottenstützpunkte in Italien, das ich in meine Klientel aufnehmen möchte. Was brauche ich dafür? Nur Preußens Einwilligung. England fürchte ich nicht, auch darf es sich mit mir nicht deshalb entzweien, denn Restauration Italiens steht ja auf seinem eigenen Programm. Rußland wird Österreichs Undank nie verzeihen und keine Hand rühren, wenn ich losschlage. Dagegen könnte Preußen mir sehr unbequem sein. Das übrige Deutschland macht mir keine Sorgen, es würde sich nie gegen Preußen auflehnen, sobald Österreich durch mich gefesselt. Es schien mir stets ein politischer Fehler, daß Preußen nicht 1805/06 sich an Frankreich anschloß, wodurch es seinen – damaligen – Untergang herbeiführte.«
    Louis sprach langsam, jedes Wort betonend, als eine drohende Warnung. »Was half ihm Rußland, das durch Preußen selber vom Hauptteil Deutschlands getrennt ist? Nur Frankreich kann in Deutschlands Geschicke dreinreden.« Nur zu wahr! Jetzt kommt die Lockspeise. »Preußen muß sich arrondieren durch Hannover, wie es ja damals schon mein erhabener Onkel anbot, ich füge Schleswig-Holstein hinzu. Hierdurch erhält es auch Möglichkeit zur Seemacht zweiten Ranges, die mit uns vereint Englands maritimer Übermacht ein Gegengewicht gibt. Was sagen Sie dazu?«
    »Weitausschauende Pläne, Sire. Im wesentlichen also gegen England gerichtet?«
    Louis schwieg, er scheute solche plumpen Fragen. »Sie stehen auf vertrautem Fuß mit Ihrem König. Sondieren Sie ihn über Neutralität, wenn nicht mehr, falls ich Österreich angreife.«
    Eine kurze Pause trat ein, dann holte Otto tief Atem und sprach mit ruhiger Bestimmtheit: »Daß Eure Majestät gerade mir Ihre Intentionen eröffnen, macht mir doppelte Freude. Denn ich sehe darin einen unendlich gütigen Beweis Ihres besonderen Vertrauens, zweitens bin ich wohl der einzige Diplomat, der dazu fähig ist, diese ganze Darlegung ein für allemal zu verschweigen .«
    »Wie?« Louis öffnete sein schläfriges Auge mit einem unbestimmten Blick.
    »Allerdings. Ich wäre ebenso töricht wie unehrenhaft, wenn ich, Sire, Ihnen verhehlen wollte, daß mein König niemals anders als ablehnend darauf antworten würde. Über die Gründe muß ich schweigen, doch dem ist so. In solchem Falle scheint mir irgendwelche Indiskretion unvermeidlich. Es liegt nicht in der menschlichen Natur, einem Freunde oder Bundesbruder, wie nun immer der König das Haus Habsburg betrachten mag, nicht vorzuhalten, welch lockende Gaben eines Versuchers man seinetwegen ausschlug. Käme dies aber aus, so würde jedes Einvernehmen zwischen Paris und Berlin gestört oder gar zerstört werden.«
    »Das wäre ein Verrat.« Louis heftete einen langen Blick auf das ernste, unveränderlich ruhige Gesicht ihm gegenüber. »Sie sind kein Verräter, dafür verbürge ich mich. Ich danke für Ihren Freimut, der meine hohe Meinung von Ihnen erhöht, und weiß, Sie werden schweigen.«
    ... Otto schritt den breiten, neuen Boulevard Haußman entlang, getauft nach dem feilen Präfekten, einer Kreatur dieser Cloaca Maxima , eines Reiches glänzender Fäulnis. Ein Regensturm peitschte durch die Bäume und entführte ihm beinahe den Hut vom Kopfe. Seiner hohen Gestalt sahen verschiedene Kokotten mit verheißungsvollem Lächeln nach.
    Führe uns nicht in Versuchung! Hebe dich weg von mir, Satanas, du bist mir ärgerlich. Uns von Frankreich etwas schenken lassen! Eher gehe der Rhein hoch mit Blut oder noch besser die Seine und Marne! Hannover, Schleswig-Holstein, wie genau man unsere Bedürfnisse kennt!

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