Bismarck 02
konnte, wie durchaus die k. k. Regierung meinen Standpunkt teile. Am 28. hat sie, wie Eure Majestät wissen, eine gleichlautende Erklärung mit uns am Bundestage abgegeben.«
» Timeo Danaos et dona ferentes «, murmelte Eulenburg. Otto lächelte überlegen. »Sie irren. Die Süddeutschen brüllen: ›Auf, tapferes Österreich laß deine Banner fliegen!‹ Das wird auch so kommen, aber anders als sie denken. Wir haben am 4. Dezember gleichlautend dem Bundestage die Warnung notifiziert, die Exekution nicht in Okkupation zu verwandeln und die Sukzessionsfrage auf sich beruhen zu lassen. Wir hätten uns völlig geeinigt, allein zu handeln und bäten unsere teueren Bundesgenossen, sich unserer Abmachung zu fügen. Es freut mich, mitzuteilen, daß der löbliche Bundestag sich löblich unterwarf und uns neben Sachsen und Hannover die Exekution übertrug ohne Präjudiz für die Erbfolgefrage.«
»Aber v. d. Pforten beantragt, sie ohne Verzug zu prüfen,« wandte Eulenburg ein.
»Sehr schön! Ohne Verzug meinte beim Regensburger Reichstage des weiland römisches Reiches am Nimmermehrstag, beim Bundestage an irgendeinem entfernten Zeitpunkt. Inzwischen gaben Eure Majestät Befehl, in Lübeck einzurücken und von dort den Vormarsch zu beginnen. Die Österreicher sind schon in Hamburg. Der sächsische General Hake kam auch schon an, Holstein wird von den Dänen geräumt, sie weichen nach Norden hinter die Danewarke.«
»Ja, aber es läßt sich nicht hindern,« nahm Roon das Wort, der bisher schwieg, »daß die Bevölkerung überall den Augustenburger ausruft. Siehe die riesige Volksversammlung in Elmshorn!«
»Siehe gar die Parlamentarierversammlung in Frankfurt nach Aufforderung des National- und des Reformvereins! 491 Schwätzer, fast alles Süddeutsche, nur 47 unserer Fortschrittler scheuten die weite Reise nicht, um antipreußische Politik zu machen. Was sie dekretierten, ›mit allen gesetzlich zulässigen Mitteln‹, ist leerer Wind. Wir werden mit allen militärischen Mitteln, zulässig oder nicht, den kleinen Raubstaat an der See unsere deutsche Macht fühlen lassen. Die Schleswig-Holstein-Bunde von den Alpen bis zum Belt werden inzwischen heroische Beschlüsse fassen.«
»Verachtung für edle Wallung der deutschen Volksseele ist nicht am Platze«, versetzte der Kronprinz scharf. »Meinem Taktgefühl entspricht die herbeigeführte Entscheidung nicht, daß wir Österreich zu Hilfe nehmen, statt uns allein als der Nächstbeteiligte an die Spitze Deutschlands für Befreiung der Bruderlande zu stellen. Wenn ich nur begreifen könnte, warum der Herr Ministerpräsident so fest darauf bestand? Früher war er, das wissen wir alle, antiösterreichisch bis in die Knochen, er hat sogar, hab' ich mir sagen lassen, Rache für ›Olmütz‹ geschworen, das er einst verteidigte. In dem allen sehe ich Inkonsequenz.«
Otto hielt mit Mühe an sich. Er durfte sich nicht verplappern und auch nur im entferntesten seine geheimen Ziele bekennen, aber sein trauriges Los als Untergebener zwang ihn, sich jedermann so weit warm zu halten, daß man wenigstens nicht an seine Zerfahrenheit glaubte. »Königl. Hoheit verkennen meine Motive. Sofern der Kaiserstaat uns frei Luft gönnt, bin ich ihm nichts weniger als feindlich gesinnt. Diesmal erweist er uns einen Dienst, denn nur im Bunde mit ihm können wir dem Auslande ein Händeweg zurufen, das gar zu gern seinen Finger in der Pastete haben möchte. Wenn wir mit Zeitungen, Schützenvereinen, Freischaren und den militärisch ohnmächtigen Bundesstaaten ins Feld ziehen, würden wir bei allen Großmächten abblitzen und ein neues Olmütz wäre das Ende.« Der König zuckte wieder unwillig und nickte dann beifällig. »Wir hätten nicht mal die Sicherheit, ob so fragwürdige Bundesbrüder wie Sachsen und Hannover bei uns durchhalten würden. Mit Österreich sind wir vor allem gefeit, auch vor dem Wohlwollen Englands.«
»Was wissen Sie von Englands Intentionen!« rief der Kronprinz entrüstet. »Bleiben wir redlich auf dem Pfade des Rechtes, so wird man uns freundlich beistehen, soweit wir wollen.«
»O, bis in die Sterne weit! Was ich von England weiß? Seine politische Geschichte lehrt, daß es jede Machtvermehrung anderer mißgünstig anschaut und unterbindet, dabei aber regelmäßig hohe Grundsätze der Moral proklamiert. Damit blendet es den gutherzigen deutschen Michel. Selbst bei unseren Konservativen, wie dem sonst nicht gerade englandfreundlichen Gerlach, finde ich den kindlichen
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