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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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den beiden Großstaaten gelingen, Deutschland freundlich zu beherrschen, nur als primus inter pares , nicht wie ein Protektor des Rheinbundes.
    Diese verführerischen Lockungen fielen auf fruchtbaren Boden. Die deutschen Mittelstaaten zeigten sich nach Wiener Begriffen zu wenig unterwürfig, ließen die gewohnte Abhängigkeit vermissen und randalierten disziplinlos mit vaterländisch großdeutschen Gesinnungen. Ein solcher frevler Eigenwille mußte geahndet werden, und dazu kam der von Bismarck vorgeschlagene gemeinsame Waffengang gerade recht. Bald meldete Rechberg, 20 000 Österreicher unter Feldmarschall-Leutnant Gablentz würden sich 25 000 Preußen unter Feldmarschall Wrangel anschließen und unter dessen Oberbefehl die Eider überschreiten, falls Dänemark sich halsstarrig erweise.
    Als Otto so in tiefen und erfreulichen Gedanken saß, sprach der französische außerordentliche Botschafter General Fleury vor, der soeben aus Kopenhagen über Berlin nach Paris heimkehrte. »Was soll nun eigentlich werden, Exzellenz? Der vom Kaiser vorgeschlagene Kongreß wartet.«
    »Ich denke an die erhebenden Worte des Kaisers«, hauchte der Preuße träumerisch. »›Dieser Kongreß soll für die Gegenwart Ordnung, für die Zukunft Sicherheit schaffen.‹ Wie tief und richtig sagte er, das Gebäude Europas, wie es beim Wiener Kongreß 1815 erstand, bröckele in seinen Grundmauern.«
    »Ja, aber um vom Abstrakten zum Konkreten zu kommen, die Elbherzogtümer –«
    »Sind ein Schmerzenskind der großen Politik. Am liebsten ließe ich meine Hände davon.«
    »Es ist uns nicht unbekannt, Herr Premierminister, daß Sie schon vor Jahr und Tag sich so ähnlich zu Ihrem Vertrauten, dem Herrn Kriegsminister, ausdrückten.«
    »Woher wissen Sie das, mein General?« fragte Otto scheinbar verdrossen.
    Der Franzose lächelte fein. »Die Wände haben Ohren, die Briefe nicht immer feste Siegel. Mein Gott, unter uns Auguren wollen wir uns doch nichts vormachen, das gehört zum Dienst, Ich bin überzeugt, daß Sie auch manches von Talleyrands Depeschen an Drouyn de l'Huys kennen.«
    »Lassen wir das! Was hatte ich also damals gesagt?«
    »Daß es kein preußisches Interesse sei, einen neuen Großherzog auf den Stuhl zu heben, der im Bunde nur gegen Sie stimmen werde, unbeschadet der Dankbarkeit, die er Preußen schulden würde. Tun Sie da nicht dem lieben Prätendenten ein Unrecht?«
    »Bah, er ist ein Mensch, Dankbarkeit soll erst noch gefunden werden in dieser schlechten Welt.«
    »Ach, Sie böse Exzellenz!« Fleury hob schelmisch den Zeigefinger. »Dann begreife ich nicht, warum Sie nicht einfach die Dinge beim alten ließen. Der Kongreß wird Dänemark schon den Kopf zurechtsetzen, daß es seine Übergriffe zurücknimmt.«
    Otto lächelte in sich hinein. Er hatte absichtlich dem Franzosen obige Äußerung in die Hände gespielt, aber dabei die Fortsetzung unterdrückt. Jawohl, schon vor Jahr und Tag hatte er Roon anvertraut, nur Krieg könne die dänische Frage so lösen, daß Preußen auf seine Kosten komme. Den Anlaß dazu könne man in jeder Stunde finden, die zum Kriegführen günstig scheine. Auf die Würzburgerei und Bambergerei und die Zeitungen und die Kammern und die Vereine pfeife er was, nur die Stellung der Großmächte dazu habe Bedeutung. Nach außen, zum politischen Parkett hin, verlautbarte er aber jetzt mit dringlichem Ernst:
    »Diese Frage kümmert uns in der Tat so gut wie gar nicht, und nur sie darf der Kongreß behandeln, nicht andere Nationalitätspunkte, wie wir befürchten, vor allem nicht das polnische Thema, das wie Ahasver umherschleicht und nicht sterben will. Preußen, Rußland, Österreich sind darin eins, und auch für England sind solche allgemeinen Fragen verfänglich. Es könnte ja jemand an Irland und Indien erinnern. Ihr erlauchter Gebieter, zu dessen glühendsten Bewunderern ich zähle und dem ich meine Huldigung zu Füßen zu legen bitte, verfolgt mit seinem philosophischen und humanitären Sinn einen Flug in höhere Regionen. Er will das Wohl der Menschheit, die Befreiung aller Unterdrückten. Doch wir können nicht mit. Lieber den Rhein abtreten, lieber sterben, als Diskussion über unseren Posener Besitz zulassen!« Fleury nahm natürlich die schreckliche Ironie obiger Phrasen für bare Münze und belustigte sich über Bismarcks eifrige Angst um Posen. Als ob man je wieder in dies Wespennest stechen würde! »Hingegen das bißchen Schleswig-Holstein – ja, da bring' ich alle Signatare des

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