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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Jurisdiktion. Darauf kommt es hier gerade an, auf solche professoralen Bedenklichkeiten! Es ist nationale Ehrenpflicht, die unterdrückten Stammesbrüder in Schleswig zu befreien.«
    »Das soll geschehen«, sagte der König ernst. »Doch wäre gut, vorher festzulegen, was mit den befreiten Landen werden soll.«
    »Ich nehme an, daß dies ein geheimer Konseil ist und Verschwiegenheit unter Amtseid gelobt wird?« Der König nickte .. »Dann sage ich offen heraus, daß ich unsere Annexion der Herzogtümer ins Auge fasse.«
    Allgemeine Bewegung. Der Kronprinz, der diesmal am Konseil teilnahm, hob theatralisch die Hände gen Himmel, als wolle er andeuten: Der ist nicht bei Sinnen – oder, da er so gern Berlinisch sich ausdrückte, nich bei Troste! Die anderen Minister schwiegen zu solcher offenbaren Entgleisung ihres vorgesetzten Kollegen. Dieser fuhr jedoch fort: »Euer Majestät erinnern sich, daß jeder Ihrer Vorfahren, vom Großen König gar nicht zu reden, einen größeren oder kleineren Machtzuwachs gewann. Als Ihr verantwortlicher Minister darf ich wohl anheimstellen, ein Gleiches zu tun.«
    Der Geheimrat Costenoble als Protokollführer legte die Feder hin auf einen Blick des Königs, den er verstand. Dieser sagte ernst:
    »Ich bin konsterniert, dies so kühn von Ihnen geäußert zu hören.« Des Königs peinlich strenges Rechtsgefühl geriet in Harnisch. »Herzog Friedrichs Regierungsantritt ist vom badischen Gesandten am Bundestag, Robert v. Mohl, unserem ersten Staatsrechtslehrer, offiziell dem Bundestag angezeigt worden. Das bedeutet offizielle Anerkennung.«
    »Vom Bundestag. Was interessiert das die deutschen Großmächte? Seine Durchlaucht der Herzog, preußischer Major a. D., saß bisher still auf Gut Dolzig in der Niederlausitz und jetzt nennt er sich über Nacht Friedrich VIII. Das Londoner Protokoll, das wir unterzeichneten, ist doch kein Wisch, den man über Nacht zerreißen darf. Preußen und Österreich sind vorerst durch ihre Ehre gebunden, zu halten, was sie vertragsmäßig versprachen.«
    »Das ist zweifellos richtig«, billigte der König. »Auch ich finde das Auftreten des Herzogs sozusagen revolutionär.«
    »Aber Eure Majestät sehen doch«, bemerkte Graf Eulenburg, »daß Deutschland das Londoner Protokoll einfach als Luft betrachtet. Man sagt, es sei eine Unverschämtheit vom Ausland, über deutsche Landesteile zu disponieren.«
    »Ist es auch,« murmelte der König. »Und ich glaube, der Ministerpräsident ist gleicher Meinung.«
    »Unbedingt. Nur sehe ich nicht ein, daß man eine Unbilligkeit durch Wort- und Rechtsbruch auslöschen kann.«
    »Immerhin möchte ich dem Herrn Ministerpräsidenten unterbreiten, daß er, der so hoch die Realitäten einschätzt, dem allgemeinen Aufflammen Deutschlands Rechnung tragen möge,« fuhr Eulenburg fort. »Überall, in Frankfurt, Darmstadt, Stuttgart, München, von Berlin gar nicht zu reden, die gleichen stürmischen Volksversammlungen, die gleiche Entschlossenheit der Landtage. Sogar in Wien der gleiche Sturm. Der Gemeinderat wandte sich an Seine Apostolische Majestät und ging ihn an, die nationaldeutsche Sache in die Hand zu nehmen.«
    »Jawohl«, berichtigte Otto trocken, »der Kaiser befahl soeben am 7. Dezember sehr ungnädig dieser Deputation, sich nicht um Politik zu kümmern. Der unrechtmäßigen Ständeversammlung in Kiel möchte ich das gleiche raten, und die deutschen Regierungen, die so fröhlich für den ›angestammten Herzog‹ erglühen, rebellieren einfach gegen die Stellung Österreichs und Preußens zu diesem Problem, das sie als europäische Großmächte, nicht als Bundesstaaten zu behandeln haben.«
    »Und unsere eigene Kammersitzung vom 23. November?« erhob der Kronprinz die warnende Stimme. »Die Abgeordneten Virchow und Stavenhagen machten doch aus dem Entschluß der Majorität kein Hehl, für den Herzog einzutreten.«
    »Die Herren Professoren der Kammer«, versetzte Otto kühl, »betreiben auswärtige Politik, wie sie selber so hübsch bekennen, ›zur Erholung‹ von ihren weltbewegenden wissenschaftlichen Arbeiten. Ich beuge mich ehrfürchtig den Lehrern der Physiologie, muß sie aber leider aus einem ihnen fremden Gebiete als blutige Dilettanten ausweisen. Ich erinnere Eure Majestät an den früheren Dänenkrieg, wo unsere Uneigennützigkeit lächerlich, unser mutloses Zurückzucken vor europäischen Drohungen ein Vorgeschmack von Olmütz war.« Der König zuckte. »Für mich ist maßgebend, daß ich der Kammer vorhalten

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