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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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heraufgeholt wurden und das Ministerium etwas buntscheckig aussah. Alle Kleinstaatsregierungen schlugen ein Lamento über die Linksschwenkung Preußens auf. Vor allem schrien die Bundesgesandten Zetermordio und sahen schon die neue Revolution kommen. Sie machten Otto von allen Seiten Beileidsbesuche.
    »Wir zittern davor, Sie zu verlieren«, jammerte Reinhard. »Sie allein waren die Stütze der Staatserhaltung. Diese neue Ära wird uns Barrikaden und Burschen wie Kinkel und d'Ester auf den Hals bringen. Dieser Schwerin! Ein Schreckensgespenst! Ein getigerter Roter!«
    Otto lachte. »Sie bürden dem guten Mann zu viel auf. Ein harmloser Doktrinär. Ei ei, lieber Kollege, zu Anfang dieses gottgesegneten Jahres hielten Sie doch meine schleunige Abberufung für das wichtigste Fundament der deutschen Einheit. Ich kenne den Inhalt Ihrer Depeschen nach Stuttgart!«
    Der Intrigant errötete. »Ein unseliges Mißverständnis!« Er drückte dem Gehaßten krampfhaft die Hand. »Wir alle werden auf ein Feld gedrängt werden. Graf Rechberg wird Himmel und Erde in Bewegung setzen, daß Sie uns erhalten bleiben.«
    Montessuy war sehr unruhig. »Reden Sie mir nicht davon, teurer Freund! Ich bin zu niedergeschlagen. Ihre braven Deutschen haben eine Angst wie Küchlein vor dem Marder und werden Frankreich gerührt in die Arme sinken. Mir kann's recht sein, aber es tut mir leid um Sie.«
    Auch Sir Malet schien in seinem Phlegma gestört. »Man hält dies neue Ministerium für Brandstifterei.« Der Russe Fonton bekreuzigte sich rechtgläubig: »Mein erhabener Herr, der Zar, hatte so schöne Reformpläne, doch Ihr Bündnis mit der Revolution wird ihn zurückschrecken und an jeder Reform hindern.«
    »Aber, meine Herren! Sie sind alle zu sehr aus dem Häuschen. Weil sich ein Komet am Himmel zeigte, fürchten Sie Krieg und Pestilenz und halten das Siebengestirn unseres neuen Ministeriums für einen unberechenbaren Kometen. Aber die Astronomen können ja die Laufbahn eines solchen Wandelsterns genau bestimmen, und ich meinesteils halte diese neuen Lichter, die Ihnen solche Ängste einflößen, für ganz gewöhnliche Trabanten. Behalten Sie ruhig Blut, es wird sich alles machen.«
    Sein Zuspruch besänftigte die erbosten Gemüter, doch tönte stets der Refrain: »Ja, wenn Sie uns hier erhalten blieben, dann hätten wir Garantie. Aber so! Ihr Nachfolger, der bewußte Freimaurer, soll es hier schwer haben, das verbürgen wir Ihnen.«
    »Wir werden halt eine Feuerversicherungsgesellschaft gründen«, seufzte Rechberg elegisch. »Auch gegen fahrlässige Brandstiftung bedarf man einer Assekuranz. Wie wäre es denn mit einem Dreikaiserbündnis?«
    Otto lachte nur dazu, er wußte, daß unter gegebenen Umständen weder Frankreich noch Rußland sich je wieder mit Österreich anfreunden würden. Auch schwärmte ja Alexander II. für liberale Ideen, wie einst Alexanders I. Anfängerbegeisterung, die nachher ins Gegenteil umschlägt und sich nicht mit dem Metier verträgt. So etwas gibt sich. Jedenfalls würde ein Herrscher, dem Aufhebung der Leibeigenschaft vorschwebte, gegen gemäßigten Liberalismus nichts einwenden. Napoleon aber durfte nicht seine Herkunft und Vergangenheit verleugnen, um als Hort der Reaktion aufzutreten. Außerdem erregte der liberale Wind in Berlin nur bei den deutschen Regierungen schlecht Wetter, nicht beim Volke, das in neuer Frühlingsahnung schwelgte. In dieser Hinsicht sah also Otto die Dinge gelassen an. Dagegen hatte er keinen Grund, seine eigene Stellung als gefestigt zu betrachten. Trotz seiner persönlichen Intimität mit dem Thronfolger unterschätzte er nicht die Wühler, die ihn wegdrängen wollten.
    Viel Spaß hatte ihm ein Reisebesuch gemacht, den ihm, rein zufällig natürlich, sein lieber Jugendgespiele Harry Arnim abstattete, auf dessen allgemeine Begabung er sonst große Stücke hielt. Dieser interessante Mann witterte sowohl Morgenluft als Leichenduft. Er klopfte ein wenig an seinem »geliebten Freund« herum.
    »Österreich soll ein neues Olmütz mit tatsächlichen Operationen planen, ich bin aus bester Quelle informiert«, sprach er gewichtig.
    »Was Sie nicht sagen, Harry! Ich habe aus bester Quelle, daß doch alles Kaff ist. Laßt nur die Ohren nicht hängen, wenn die weiland Bamberger Diplomaten, die Erzpartikularisten, ihre Schreckschüsse loslassen! Die haben gar kein Geschütz, nur leere Böller, die Kanonade reicht nicht bis Berlin. ›tis a far cry to Lochawe‹ « sagt ein schottisches

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