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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Johanniter, erzählte mir vorhin, in Berlin nehme der Zorn wegen unserer Untätigkeit überhand. Das Publikum soll rein toll sein.«
    »Dann soll es uns vors Kriegsgericht stellen und Schwätzer an unsere Stelle setzen, dann bekommt es seinen Willen. So treiben wir in revolutionäre Zustände, es ist aus mit der Feldherrnkunst, heut erhielt ich aus Berlin einen anonymen Drohbrief, wo man mit Aufstand droht, wenn wir nicht losschießen. Nur zu! Wir schießen uns ja selber tot mit dem blamabeln Bombardement.«
    Mit solchen törichten Übertreibungen begegnete er auch dem Kanzler, der ihn nach einem Diner neben sich aufs Sofa zog und seine Einwände bekämpfte. »Es fällt mir doch nicht ein, die Stadt zu bombardieren, die unsere Geschütze nicht erreichen können. Doch die politischen Umstände fordern, daß Ernst gezeigt wird. Schießen müssen wir, und seien es nur 50 Schuß gegen die Forts, sonst glaubt das Ausland, wir seien zu Ende mit unserer Kraft. Der Laie erwartet von jeder Belagerung, daß Schüsse gelöst werden, und schweigt hier alles, so schließt er, unsere Maschine sei in Unordnung.«
    »Das kann doch den Fachmann nicht verlocken, gegen seine bessere Einsicht zu sündigen.«
    »Am Krieg hat die Politik ihren Teil.«
    »Sie können gut sagen, sie verlangt's, doch an Beweisen hapert's. Übrigens werde ich ja Beschießen der Forts nicht hindern, sobald erst die Munition ausreicht.«
    »Auf Ihre Meinung lege ich besonderen Wert, Sie sind mir mindestens so maßgebend wie Moltke. Auch habe ich zu Ihnen großes persönliches Vertrauen.« Aha, geschickt sich einschmeicheln! Dagegen bin ich bombenfest. Blumenthal hielt mit Mühe an sich, nicht laut aufzulachen. Und doch war es Ottos ehrlichste Meinung, der verbittert fortfuhr: »Der König und Moltke lassen mich im Ungewissen über jede Maßnahme, sie behandeln mich jetzt geradezu unhöflich. Ich bleibe nicht eine Stunde länger Minister, sobald der Krieg vorbei. Diese nichtachtende grobe Behandlung ertrage ich nicht, ich bin bloß dadurch bettlägerig und hinfällig und muß ein Ende machen, wenn ich noch länger leben will.« Daß viel wichtigere Dinge als die militärischen ihn in solchen Seelenzerfall brachten, verschwieg er füglich, fühlte aber das Bedürfnis, seinen Arger auszutoben. »Ja wahrlich, als Royalist zog ich in den Krieg, aber als etwas anderes komm' ich heraus. Nein, ich bleibe nicht Minister, um mir von einem Podbielski in jeder Kleinigkeit Sottisen sagen zu lassen, rücksichtslos, als wäre ich der erste beste Beamte. Gute Nacht, Exzellenz, ich empfehle mich Ihnen.«
    Er scheint ja ganz außer sich! dachte Blumenthal. Nun ja, er will nie eine zweite Rolle spielen, nachdem das Glück ihn so hoch schob. Andere leisten auch etwas in ihrer Sphäre, es gibt manches, was ein anderer besser versteht als er, und das hält er schon für anmaßend. Das Mittelchen mit dem Abtretenwollen zieht wohl auch nicht mehr. Aber es wäre doch schlimm für uns, wenn er's wahr machte. – In solcher kleinlichen Mißgunst urteilte selbst ein so tüchtiger, ehrenwerter und geistig reger Mann über den Kolossus. Und da sollen Kleinere sich beschweren, weil sie verkannt und verleumdet werden? Otto der Große hat den nämlichen Kelch, der allen Genialen ihr Leben lang kredenzt wird, bis zur Neige getrunken. Wer je über sein Schicksal klagt, der denke daran, daß der größte Mann und größte Wohltäter deutscher Nation gerade in den Tagen, wo ihn die Geschichte im Zenith seiner Glorie strahlen sieht, sich krank, verärgert, gebeugt, von ekelm Qualm und dumpfem Gewölk umlagert fühlte. Und der so unendlich kleinere Blumenthal sah auch nur seinen eigenen kleinen Ärger, weil auf Vortrag Roons die Beschießung seinem Ingenieurgeneral Schulz abgenommen und dem Gardeartilleriechef Kraft v. Hohenlohe, einem ausgezeichneten Fachmann, übertragen wurde. »Nächstens werden sie mich auch noch auf den Sand setzen. So viel Widerwärtigkeiten und Verdächtigungen erntet man, wenn man seine Pflicht tut«, grollte er mit dem Bewußtsein eines Märtyrers.
    »Alles nur Kinderei, solange ich treu an Ihnen festhalte«, tröstete ihn der Kronprinz liebenswürdig. »Übrigens bin ich gespannt, wer jetzt noch alles mitreden wird. Heute ersuchte mich Bismarck um irgendeinen Armeebefehl, der die Bayern herausstreicht, weil übermorgen die bayrische Kammer zusammentritt und dies für dortige Abstimmung günstig wäre. Ich schlug es ab, solche Mittel verschmähen wir.« Und warum denn?

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