Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
Wenn Klappern zum Handwerk gehört und alle fremden Politiker außer den deutschen stets einen Korybantenlärm zu machen pflegen, warum müssen wir immer die tugendhaften Stoiker bleiben?
    »Meine Frau schreibt mir, nach Wörth habe man ihr einen Fackelzug gebracht, jetzt fürchte sie eine Katzenmusik, Eure Kgl. Hoheit und ich seien ganz unpopulär geworden. Na, ich weiß nicht, was mir gleichgültiger ist, ob das Volk mich liebt oder ob es mich haßt.«
    Der Kronprinz antwortete nicht, runzelte die Stirn und blickte trübe in die Ferne. Seinem liebevollen Gemüt schien Unbeliebtheit beim Volke das traurigste Übel. Und dieser militärische Größenwahn ging ihm doch wider den Strich. Das war Blumenthal, der als liberal und hochgeistig galt. Um solche Coriolanverachtung zu hegen, muß man doch wenigstens Coriolan sein. Und über den Riesen, der fast zwanzig Jahre zehnmal Schwereres hinunterschluckte, als er mal zufällig in kurzer Zeitspanne, und der selbst in den folgenden Jahren seines Triumphes sich noch täglich mit wetterwendischer Volksmeinung, Hofgeschmeiß und Militarismus herumzuschlagen hatte, brach dieser verständige Kriegsmann mit Übelwollen und Schadenfreude heimlich den Stab! So sind die Menschen. Kein Held ist einer für seinen Kammerdiener, denn wie sollen Lakaien den Helden ehren, wenn sie ihn in Filzpantoffeln sahen? Aber er ist es auch nicht für seine Umgebung, sondern nur da draußen für die breite Masse, die ihn aus der Ferne auf seinem Postament sieht und natürlich nur einen auf den Sockel Erhobenen erkennt. Wieviel Helden mögen unerkannt im Schatten stehen! Deshalb hat auch Carlyles »Helden-Anbetung« ihre Schattenseite, nicht nur, daß ihr eigener Apostel sich oft genug in den Helden irrte, die er zur Anbetung empfahl. Alles ist eitel, spricht der Prediger, Eitelkeit der Eitelkeiten.
    *
    Das Bombardement nahm einen befriedigenden Verlauf, obschon Blumenthal zähe dabei blieb, die Schießerei sei eine Blamage, die Bombardierer würden immer stiller und kleinlauter. Admiral Prinz Adalbert sagte ihm taktlos auf den Kopf zu, es heiße allgemein, er wolle nicht schießen wegen Beschwörung durch die Kronprinzeß. »Wer das gesagt hat, ist ein Lügner, und Sie können es ihm wieder sagen«, rief der General in heller Wut. »Was nur die Menschen dabei haben, so infame Lügen zu erfinden! Das ist wohl Ausfluß der Bosheit und Schadenfreude, die jedem Menschen innewohnt, wenn auch nicht immer bewußt.« Sehr wahr, das sollte sich aber jeder hinter die Ohren schreiben. Dagegen bemühte er sich mannhaft, die Schwarzseherei zu bekämpfen, die plötzlich den bisher stets frischen und heitern Kronprinzen befiel.
    »Die Lage ist so drückend, Paris fällt nicht, überall stampft Gambetta Armeen aus dem Boden, die Volkserhebung wird uns einzäunen, und die Neutralen sind auf dem Sprunge, bissig zu werden. Frieden a tout prix scheint mir das Vernünftigste.«
    »Aber wieso denn? Jetzt wird der Krieg ja endlich wieder flott und lebendig, und da sollten wir die Flügel hängen lassen? Ich verkenne nicht die Großartigkeit der Gambettaschen Leistung. Dieser Zivilist ist mindestens ein genialer Organisator und versteht aus dem Grunde den französischen Charakter. Noch vor ein paar Wochen allgemeine Niedergeschlagenheit und jetzt wieder tolle Begeisterung mit unsinniger Siegeszuversicht. Dies aufgeblasene Volk wird noch mit letztem Atem, wenn wir ihm die Kehle zudrücken, fauchen und keuchen: Ihr seid alle verloren!«
    »Aber wenn Paris sich bis zum Äußersten hält!«
    »Na ja, bei unserm Geschieße vergessen sie den Hunger. Glaubten unsere Herren etwa, das werde ihren Hunger vergrößern, wenn man ihnen Eisenklöße über den Zaun wirft? Das ist was für den kranken Magen ihres Größenwahnsinns.«
    »Das Kriegsglück kann sich gegen uns wenden, Paris entsetzt werden.«
    »Und wär' es so, dann wird sich zeigen, wer ein wirklicher Mann ist. Der letzte Landwehrmann muß aufgeboten werden, um die Revolution zu bekämpfen. Denn schlechter Friede und Revolution in Deutschland sind eins. Nur unser gründlicher Sieg ist Konsolidierung eines mächtigen deutschen Reichs.«
    »Wir haben uns schon fast mit England verfeindet«, seufzte der Prinz mit dumpfer Stimme. »Bismarck wird nicht eher ruhen, als bis er uns mit halb Europa überwirft.« Nun wußte ja der General, woran er war. Diesmal lag wirklich wohl weibliche Beeinflussung aus der Heimat vor. »Das Vorbild dieser Republik, die so viel Sympathie in Europa

Weitere Kostenlose Bücher