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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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antanzte.
    »Otto, welche Gnade des Herrn! Du wirst die Getreuen im Lande retten. Nicht wahr, du bist voll guter Hoffnung auf einen Staatsstreich mit Gewehr zur Attacke?«
    »Lieber Onkel Hans, ich bin für gar nichts, als sich nach den Umständen richten. Leider muß ich dich verlassen. Mein Legationsrat Schlözer, der weiland Petersburger, wohnt Behrenstraße 60, da muß ich hin wegen Geschäften.« Aber ein Feldjäger platzte dazwischen:
    »Seine Königliche Hoheit der Kronprinz bescheiden Eure Exzellenz zu sich, sofort, wenn's gefällig ist.«
    Der Kronprinz? Was bedeutet das? Im Kleinen Palais Unter den Linden, der Residenz des Thronfolgers, fand er einen freundlichen, aber zurückhaltenden Empfang, den er mit gleicher Zurückhaltung erwiderte.
    Der schöne, blondbärtige, jüngere Mann in der Blüte der Jahre hatte etwas sehr Bestrickendes in seiner blauäugigen Siegfriedserscheinung. Doch bestand keinerlei herzliches Verhältnis zwischen ihm und Otto. Mutter und Gemahlin, deren schöngeistig unklaren Liberalismus er teilte, hatten ihm eine ziemlich abfällige Meinung eingeflößt.
    »Nun, wie sehen Sie die Situation an?«
    »Königliche Hoheit, ich sah mir keine Zeitungen an, drei Wochen lang auf Reisen im Ausland, und Zeitungen sind ja leider der Brennspiegel, in dem sich die Strahlen der öffentlichen Meinung fangen.«
    »Ja, die Presse ist eine große Macht,« bestätigte der Prinz arglos, »besonders die liberale. Sie unterließen die Lektüre wohl aus Depit?« »Ehrlich gestanden, Königliche Hoheit, es war mehr Privatsache. Ich grollte meinem Schöpfer, weil ich nicht wußte, wo ich mein Haupt hinlegen sollte. Seine Majestät hatten verheißen, mir binnen sechs Wochen meine Wohnung in Paris oder London oder Berlin anzuweisen, und jetzt verstrichen schon zwölf.«
    »Aber wer redet von Paris! Ihre Berufung an die Spitze der Geschäfte ist ja beschlossen und wohl schon vollzogene Tatsache. Daß ich mir Aufschluß über Ihr Programm erbitten möchte, unter den besonderen obwaltenden Umständen, begreifen Sie wohl.« Nein, das begriff Otto gar nicht. Was waren das für besondere Umstände? »Die Kammer erklärt uns den Krieg. Was werden Sie dagegen tun?«
    »Ich bin über Einzelheiten nicht informiert, habe daher kein bestimmtes Programm.«
    »Was, nicht? Aber man muß doch ein Programm haben!« rief der jüngere Mann entsetzt.
    »Napoleon soll gesagt haben, er habe nie einen bestimmten Feldzugsplan gehabt, weil man sich nach des Gegners Maßregeln richten muß.«
    »Der Ausspruch kommt mir sagenhaft vor.«
    »Natürlich nur cum grano zu verstehen. Die Richtung der Offensive ist hier klar vorgezeichnet.«
    »Auch die Rückzugslinie?«
    Otto verneigte sich. »Hoheit wollen gnädigst verzeihen, aber ich darf mich wohl kaum aussprechen, ehe ich Audienz bei Seiner Majestät hatte.«
    Der Kronprinz runzelte leicht die Stirn. »Ja, ja, ganz recht. Ich hatte jedoch erwartet, Sie würden nötig finden, unter den besonderen Umständen –« Er betonte scharf und fixierte den Schönhauser, dem er einst in jüngeren Jahren freundlich gesinnt war. Da er dessen unverkennbares Erstaunen sah, machte er leise: »Ach so!« und winkte mit der Hand Entlassung. –
    Am Abend traf er Roon, und dieser sah ihm forschend ins Gesicht: »Sie konferierten mit dem Kronprinzen?«
    »Auf Befehl, zu ihm beschieden.«
    »So rasch? Der König ist verstimmt. Ipsissima verba ; ›Mit dem ist's auch nichts, er war ja schon bei meinem Sohn.‹ Man sät da wohl absichtlich Mißtrauen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Das dacht' ich mir, halte mich aber nicht befugt, Sie aufzuklären, ehe Majestät selber dies morgen in Babelsberg tut.« –

Der König trat ihm ernst entgegen. Seine frühere Abgespanntheit wich einer schmerzlichen Würde, seine Haltung hatte an Straffheit gewonnen. Nach kurzer Besprechung der Lage sagte er mit fester Stimme: »Wenn ich nicht so regieren kann, wie es sich mit meiner Verantwortung vor Gott und meinem Gewissen verträgt, so will ich es überhaupt nicht. Nimmermehr regiere ich bloß nach dem Willen der Kammermajorität, und ich finde keine Minister, die zum Widerstand bereit sind. Mein bisheriges Ministerium, ob Hohenzollern, ob Hohenlohe, ob Auerswald, ob Schwerin, ob Schleinitz, ob v. d. Heydt, will mich und sich vor dem Parlament beugen. Das erdulde ich nicht und deshalb – nun, Sie gingen ja auch gleich zum Kronprinzen, um mit ihm den Fall zu besprechen.«
    »Eure Majestät geruhen, mich in einem irrigen

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