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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Altliberalen gleichen auch der ›Ebene‹, den ›feigen Sumpfkröten‹ der seligen Konventszeit, sagen zu jeder Terrorisierung Ja und Amen und haben gegen Sie womöglich noch stärkeren Haß; weil sie mit Ihnen vor Alters zu fechten hatten. Die neuen Kampfhähne kennen Sie meistens nur per Renommee und bramarbasieren spöttisch über den hergelaufenen Krautjunker.«
    »Und die Konservativen schimpfen desgleichen, nur hinter verschlossenen Türen.«
    »Einige vielleicht«, begütigte Roon verlegen. »Man ist ein wenig irre geworden, ob Sie noch zur Fraktion halten. Aber jedenfalls wird man Sie unterstützen und wieder Regierungspartei werden.«
    »Das höre ich gern. Der schöne Spruch: ›Mit der Regierung voll Mut, ohne die Regierung voll Wehmut, gegen die Regierung in Demut‹, womit man alle Eskapaden beschönigte, gibt nur Aufschluß über mangelnde Staats- und Königstreue. So sprachen die Quitzows auch auf ihren Raubburgen, bis die ›Faule Grete‹ ihnen ins Ohr donnerte, daß der Hohenzoller und nicht der Junker in Preußen regiert. Ich werde solche Seitensprünge nicht dulden. Eine konservative Partei darf sich so nur nennen, wenn sie unbedingt dem Staat sich unterordnet.«
    »Prinzipiell ganz meine Meinung, es gibt aber Fälle –«
    »Die ich nicht anerkenne. Die Herren Gerlach und Stahl haben sich zu fügen ohne jede Reservatio mentalis dem Befehl des Königs und seiner Ratgeber. Das sage ich Ihnen voraus. Glauben Sie denn, ich weiß nicht, was solche Kreise munkeln? Ich bin ihnen gut genug, die Kammer niederzutreten, doch nachher möchten sie mich fallen lassen, weil meine auswärtige Politik ihnen nicht paßt. Aber das sage ich Ihnen: entweder oder, aut Cäsar aut nihil ich bin ein Ganzes, das man zu nehmen hat mit allen Teilen, nicht sich etwas für den eigenen Hausbedarf heraussuchen kann. Wie lange ich Minister bleibe, steht in den Sternen geschrieben, denn alles ist Vorbestimmung der Vorsehung. Vielleicht drei, vielleicht neun Monate, und dann adieu! Doch solange ich am Steuer bin, lasse ich mir keine Widerrede blinder Passagiere gefallen. Was nicht dem Kapitän pariert, fliegt über Bord.«
    Roon sah seinen Freund betreten an. So hatte er sich das doch nicht gedacht! Als konservativer Parteimann konnte er ja nicht bestreiten, daß viele Fraktionsgenossen den Schönhauser als Renegaten betrachteten.
    »Unsere Hochkirchenmänner allerdings –«
    »Die ›Himmelblauen‹, wie der alte Hertefeld sie höhnte! Ihre Schwärmereien mögen sie für sich behalten, mir aber nicht lästig fallen. Ich verlange unbedingte Subordination vor der Regierung, hier geht's um Leben und Sterben. Auch Sie waren schon verzagt geworden, aber ich sage Ihnen, das Königtum Preußen hat schon Schwereres überstanden. Napoleon war gefährlicher als Herr v. Bockum-Dolffs, und wir leben heute noch.«
    »Viele schlagen sich nur noch für den Rückzug,« murrte Roon finster, »andere für ehrenvollen Untergang. Sie machen sich keinen Begriff von der Übermacht der Fortschrittlerei im Lande.«
    »Alles Papier und Geschrei, ein Trommelwirbel tönt lauter. Bah, schon früher hatten sie mir ein Zuchthaus zugedacht, heut vielleicht ein schnelleres Ende. Nun, der Tod auf dem Schafott ist so ehrenvoll wie der auf dem Schlachtfelde, auch so stirbt man auf dem Felde der Ehre, und es gibt schlimmere Todesarten als Hinrichtung.«
    »Es ist herrlich, Sie so reden zu hören.«
    »Doch nehmen wir wohl die Sache zu tragisch. Ich hoffe auf friedliche Lösung, der Konflikt kann beglichen werden, wenn die Demokraten, die schließlich doch auch in ihrer Weise Patrioten sind, merken, wohin wir steuern. Ohne die Heeresreform wäre alles verloren, aber ich setze sie durch, ich bin voll Zuversicht.«
    »Sie sind magerer als früher, aber sehr frisch, als wären Sie auf Kameel durch die Sahara geritten, gebräunt und verstaubt, aber wohlgemut und vollgetränkt von Ozon«, bemerkte Roon beifällig.
    »Wollte Gott, daß ich aus der Wüste heraus bin für immer! Vierzig Jahre wanderten die Juden zum Gelobten Lande, wo da Milch und Honig fließt. Hoffen wir, daß die Trauben Kanaans nicht zu hoch hängen. Vorher ging's durchs Rote Meer.«
    »Was meinen Sie?«
    Aber Otto schwieg. Berlin! Alles aussteigen! Wilhelmstraße 74, die Auerswaldhöhle, das allgemeine Staatsministerium, war sein Absteigequartier. Nr. 76, das Auswärtige, kommt hernach dran. Kaum wusch er seine »Schornsteinfegerfarbe« von Eisenbahnruß ab, als der kleine Kleist-Retzow

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