Bismarck 03
sie »sich im richtigen Augenblick auf die Flanke der deutschen Massen stürzte«, wie der gallische Galimathias lautet. Vielmehr sei sie völlig erschöpft bei Pleurs ins Biwak gegangen, ohne kämpfen zu können. Indessen scheint sicher, daß sie irgendwo einen opfervollen Sturm wagte, und wo konnte dies anders sein, als bei Champenoise, da doch ihr berühmter Abmarsch dorthin feststeht? Poincaré gab zu: »Noch ein Druck und die Bresche klaffte«, das 9. K. im Maraissumpf, im Rücken gefaßt, entscharte sich auf Linthes. Cannonge beteuert, daß sich »selten ein Heer in so kritischer Lage befand«, Civrieux kann nicht umhin beizupflichten, daß der Feind nahe daran war, Foch nach Westen auf Esperet zu drängen und bis zur Aube durchzustoßen. Fochs völlige Niederlage wird nicht bestritten, seine Schlachthaufen strömten in wilder Flucht von Mont d'Aout herab, seine Batterien mußten sich dreiseitigem Schrapnellfeuer in beschleunigter Gangart entziehen. Es ereignete sich aber jetzt das Eigentümliche, daß eine Reservedivision, die sich bei Sedan wenig rühmlich betrug und von der schon Teile neben Eydoux geschlagen waren, jede Aktivtruppe ausstach durch hingebende Aufopferung. 52. D., wieder gesammelt, wurde von Foch vom rechten, wie 42. vom linken Flügel, gegen Champenoise vorgezogen, wo er trotz so arger Niederlage seiner Rechten die Gefahr für noch dringender hielt, denn hier war seine Linie mitten durchsägt. Unter Blasen aller Hörner mit lautem Feldgeschrei und Marseillaisengesang warfen sich die braven Reservemänner abends auf die brennende Stadt.
Die Bravour war so groß, daß dem 4. G. noch das bei Charleroi so schwer gelichtete Leibbataillon I/1. Hilfe bringen und die schwere G. Fußart. den Ort in Schutt und Asche schießen mußte. Westlich wirkte 78. mit und östlich beteiligten sich auch Planitz' 13. Jäger herzhaft an diesem Ringen. (Deshalb verlegten wohl einige naive Schriften »die Sachsen« nach Champenoise. Stegemann stellt das ganze 12. K. nach dieser Richtung, auch Birchers Einteilung der sächsischen Schlachtreihe ist unangemessen voll Unstimmigkeiten). Zweimal wogte der Ortskampf unter Flammen und Ruinen hin und her, dann verschlang die Nacht mit wohltätigem Dunkel die Trümmer der abflutenden braven Division. Man konnte nicht tapferer sein, doch Fochs Niederlage war so vollständig, wie sie nur sein konnte. Dreimalige wütende Stürme der Kabylen, unterstützt durch zwei Chasseurbataillone Dumas, fochten die heldenmütige Besatzung von Mondemont nicht an, obschon 6. Batterie der 49. Art. auf 500 Schritt die Seitengräben im Park beschoß und man zuletzt das schöne Schloß in Asche legte. Erstürmung um 7 Uhr abends ist glatt erfunden, dagegen ominös, daß erst spät abends Räumungsbefehl kam, während man natürlich diesen vorgeschobenen Posten am frühsten geräumt hätte, wenn Bülow schon am 9. allgemeinen Rückzug beschloß. Um diese Zeit sahen die deutschen Sieger noch am Mont d'Aout die französischen Haufen in wilder Flucht sich abwälzen, ihre Artillerie fuhr im Galopp ab, um nicht genommen zu werden, während Batterien des Art. Rgt. Scharnhorst noch unverzagt bei Oyes die Mandemontgegend bestrichen.
Als es ihm schon sehr schlecht ging, drahtete Foch an Joffre: »Lage vorzüglich«. Jetzt aber war seine Lage verzweifelt. Sein Hauptquartier Pleurs hatte er mit Arcis sur Aube vertauscht. Flüchtlinge von 11. K. und 60. D. füllten das Aubetal. Die fortwährende Umgehung durch 23. R. D. beschleunigte die Flucht über Höhen und Wälder, die Garde stieß 9. K., 42. und 52. D. vor sich her aus Connantre. Hätten doch Bülow und Kluck Fochs sanguinische gallische Ader besessen! Wohl hat es etwas Komisches, daß die französische Fama ihn, den am ärgsten Geschlagenen, als Helden des Tages pries. Und er täuschte sich nicht, der bon Dieu de France werde das Kind schon schaukeln. Denn da geschah das Wunderbare. »Mit dumpfem Staunen und bitterem Schmerz« hörten die Sieger den Rückzugsbefehl, den sie anfangs auslachen wollten, bei den Besiegten kam es »allen unerwartet«.
Nachdem man 10 km in der Tiefe verlor, stellenweise noch mehr, sah man mit unaussprechlichem Staunen rückgängige deutsche Bewegung zunächst bei Mondemont. Dort imponierte 164. so, daß Poincaré in Festrede es für »Garde« hält, es klingt so besser. Ohnmächtig in der Umgegend verschnaufend, fand man am 10. vorm. die Schloßruine geräumt, ein Generalstäbler sah von der Höhe bei Linthes durchs
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