Bismarck 03
Fernglas, wie jenseits die Hannoveraner in bester Ordnung abrückten. Warum? Allgemeine Verblüffung! »Zu unserer größten Überraschung waren die Deutschen nicht mehr da«, das ist gesprochen am 10 . und ebenso überzeugend, wie Maunourys offizielle Angabe für Klucks Abzug am 10. Also sind alle deutschen Angaben, die beide Vorfälle auf 9. vordatieren, nachweislich falsch. Woraus denn aber weiter folgt, daß auch alle französischen Angaben über Einnahme Montmirails am 8., Château Thierrys am 9. und Vauchamps am 9. erstunken und erlogen sind. Bei solcher Bewandtnis hätte Bülow mindestens eine Nachhut opfern müssen, behielt aber völlig freien Abzug. Es ist nicht ohne symptomatischen Wert, daß auch französische Berichterstatter so nebelhafte Vorstellungen von Truppenverteilung in den eigenen Reihen haben wie deutsche Autoren sowohl von deutschen wie von französischen Standorten. (Wie Stegemann bei Charleroi beständig 3. und 1. franz. K. verwechselt, so hier 11. und 9.). Eine französische Fabel läßt nämlich auch 42. D. ihren Bretagner Bauernstolz zusammennehmen und Mondemont stürmen. Die Deutschen »wichen aus dem Schloßpark«. Spaß! Wenn sie von zwei Elitedivisionen berannt wurden, wozu noch 5 Bataillone Dumas (77. Inf., 16. und 19. Ch.) gestoßen sein sollen! Nur können leider die Bretagner nicht gleichzeitig an zwei Punkten gefochten haben, denn sie waren vor Champenoise, wie Foch selbst bezeugt. Die südlich St. Prix an ihre Stelle tretende 19., 20. und 51. D. Esperets hingen kümmerlich zurück, ihr angeblich glücklicher Flankenstoß verlief im Sande. Wie sinnlos Bülow die Dinge verwirrt: Hülsen sei auf Le Theult zurückgewichen; dieser Ort liegt aber noch südlich des Petit Morin! Es ist völlig klar, daß der Rückzug Emmichs und Hülsens, für den Bülow allein verantwortlich, durch keinen höheren Befehl dazu ermächtigt, erst am 10. nachmittags wirklich im Gange war.
Der Gegner konnte vor Erschöpfung nicht verfolgen. Man erzählt phantastisch, daß die Verteidiger von Mondemont sich nicht ergeben wollten und nichts den »Bajonetten« entrann! Nein, wenn Leichen über Leichen die Umgegend bedeckten, so sah man dreist Franzosen für Deutsche an! Bajonette blitzten hier überhaupt nicht, nur Schüsse. Bei dem von Bülow zurechtgepinselten Bild berührt er natürlich nie die Frage, warum sein teils überstürzter, teils verlangsamter Vormarsch seine Kräfte zersplitterte. Empören aber muß es, daß er den Sieg seiner Linken absichtlich verkleinert. Am 8. »war entscheidender Erfolg noch nicht erzielt«, den Angriff am 9. »mit aller Kraft« will er nur angeordnet haben, um gleichzeitig den Rückzug einzuleiten. Auch hier lauter Widersprüche. Die Sage von Rückwärtsstaffelung 7. K. gewinnt bei ihm die sonderbare Aufklärung, »14. D.« sei in einer Lücke zwischen Garde und Emmich »eingesetzt« worden. Täuschender Ausdruck, soll heißen »eingeschoben«, denn niemand hörte je von Einsatz dieser Division in die Feuerlinie. Bei passiver Lückenfüllung handelt es sich einfach um die Jochesgruppe von 4 Bataillonen, die höchstens auf dem Rückzug mitwirkte. Wäre 14. D. vorhanden gewesen, so wäre frevelhaft, daß sie nicht sogleich der 25. Brig. bei Montmirail zu Hilfe kam, was den allgemeinen Stand der Dinge sehr verändert hätte. Dann hatte also Bülow, was er angeblich entbehrte, eine ausreichende Reserve für seine Rechte? Eben nicht . Doch das Einzige, was seinen hassenswerten Rückzug halbwegs entschuldigt, darf er ja nicht verraten: das Fehlen ganzer Divisionen. Darin taten es ihm freilich die andern Armeechefs gleich, die alle außer dem Kronprinzen an gleichen Gebrechen litten. Eher als daß sie die bruchstückartige Verwendung ihrer Kräfte durch schlechte Marschberechnung eingestehen, versündigen sie sich an den unvergleichlichen Truppen. Hätten wirklich 7., 10. K. und 10. R. K. vollzählig zwischen Montmirail und Mandemont gekämpft, so wären sie spielend mit Fochs linkem Flügel fertig geworden, das wirklich eingetretene Ereignis wäre umgekehrt für sie wenig ehrenvoll, die gleichen Truppen, die unter viel ungünstigeren Umständen gegen noch ungeschlagene große Übermacht bei Charleroi so Großes vermochten. So wird aus ruhmvollem Heldenkampf gegen erdrückende Übermacht durch solch offiziöse Geschichtsklitterung eine keineswegs hervorragende Leistung. Den Franzosen kann es ja recht sein, wenn deutsche Generäle gewissenlos aus selbstischen Gründen ihnen in die
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