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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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macht keine Sprünge, die Germanen der Völkerwanderung und selbst die Türken waren staatlich und religiös gegliedert, fingen nicht die Welt gleichsam von vorne an, und ob die Sophienkirche später Moschee hieß, fällt unters Relativitätsgesetz. Jedenfalls siegte hier junge Naturkraft. Doch alkoholisierte kannegießernde Proletenhorden ohne Verständnis für Geistheiligtümer spenden nicht Jungbrunnen, sondern erst recht Degenerierung. Auch Thomas Morus schloß in seine »Utopia« den Religionskult ein als einzig mögliche Fürsprache bessernder Gesellschaftsänderung, Zwangssozialismus der Vielzuvielen wird stets Utopie bleiben, ohne metaphysisches Bedürfnis, dies tragikomische Selbstbekenntnis des innerlich feigen Egoismus, der sonst nur in Staats- und Kirchenautorität dem verhaßten Idealismus einen falschen Wirkungskreis einräumt. Wo das Proletariat nur Futterkampf auf seine Fahne schreibt, hat heiliger Egoismus der Herrschenden und Besitzenden das gleiche Lebensrecht, dem »Pack« nicht als Packträger dienen zu wollen.
    Daß man einige Pfeiler und Ornamente des alten Systems abbricht und dem Neuen einige Opfer schlachtet, verbessert nicht die Nationalpsyche, wo goldenes Kalb und Priapus des Arbeiters Herz geradeso erfreuen wie des frischfreifröhlichen Ausbeuters. Das alte System war an sich noch keineswegs »fluchwürdig«, sondern paßte sich dem Gesetz der Wechselbeziehung des naturhaft Ungleichen besser an als das gewollte Prokrustesbett der Gleichheitspöbelei. Sie möchte das vom »Racker Staat« gefesselte Individualrecht erst recht zertreten. Seelenlose Mechanik, freiheitsfeindlich in ihrem Wesen, weshalb ihr erster Begründer Hobbes das Gottesgnadenrecht der Stuarts heiligte, zerstört den Hebel jeder Befreiung, erst müßten die Menschen sich von ihrer eigenen Bosheit und Dummheit befreien. Hussiten und Puritaner schöpften Möglichkeit ihres Sieges nur aus Verquickung des politischen mit religiösem Idealismus. Wie die Erdrinde nur ein Prozent der Erdkugel beträgt und doch die feurige Unterschicht niederhält, warum sollte nicht Gleiches organisch im Staatsleben bestehen! Doch erst wenn Zusammensetzung der Obrigkeiten auf rein geistiger Auslese beruht, kann der gefräßige Dickhäuter Demos gebändigt werden. Das Rhinozeros ist halbblind, verfehlt daher sein Ziel, wenn es im Galopp attakiert, doch zertrampelt dabei die Felder. Man muß ihm eine Weidehürde schaffen, wo es sich einpferchen läßt. Manchem Schwärmer müssen dann die Augen übergehen, wie leicht schwachsichtige Massen, in der Irre herumspaziert, sich müde um jeden Futtertrog kauern, den ihnen ein Wärter vorsetzt. Von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit wird man nicht satt, die Arbeiter huldigten Napoleon, als er ihnen das Recht auf Arbeit zumaß.
    Völkerbünde stiften ohne gemeinsames seelisches Band? Sprache, Sitte, Charakter trennen die Völker. Chauvinistische Eitelkeit, von Herrschenden absichtlich genährt, zaubert jeder nationalen Unwissenheit ihre Gottähnlichkeit vor. So ist Goethegeplapper professoraler Mißbegriff besonderen Reifetyps für alldeutsche Philister, während bei Anmaßung der Gallier und Angelsachsen nicht ihr Kulturverdienst, sondern Banausengüter der Gloire den Ausschlag geben sollen. Da Geschwindigkeit keine Hexerei, kann man Altgewordenes auf Kommando neu zuschneiden oder demokratischen Phantomen ein Scheinleben einflößen? Zwar singt der balladeske Baron Münchhausen ehrlich »der Adel ist des Fürsten und nicht des Landes«, doch Blutadel stammt nicht von Fürsten und der Strolchewismus möchte umsonst eine glatte abgewalzte Tenne zustampfen, auf der kein Gras vornehmen Lebens mehr wächst. Ein Kommunistenführer heißt richtig Toller, Tolle steckt man in die Zwangsjacke, wenn sie natürliche Ungleichheit mit Daumschrauben verrenken möchten. Wenn Napoleon sagte »ein König ist nicht in der Natur«, so gibt es dort auch apriorisch keine Freiheit, eine liebknechtende Armeleutdiktatur verschleiert nur ihre Unterdrückerwut mit Falschmeldung durchtriebener Gelüste.

V.
    »Wir heißen Euch hoffen«, dies Goethewort wollen wir nicht aufgeben, nach so viel Bußen muß den Deutschen ein Ausgleich tagen. Schon viele Makkabäer und Leviten, die dem Landesfeind gefälschte Dokumente schweifwedelnd apportierten, traf der rächende Strahl. Doch nach Erfrechung der Massen kommt jetzt wieder alter Schund der Ordnungshüter für Orden und Sittlichkeit, um den Geist mit heuchlerischen Schmutz- und

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