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Bismarck 04

Bismarck 04

Titel: Bismarck 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Ungeheuerlichkeit, welcher patriotischen Pflichttreue er unsere Staatsmänner fähig hielt. »Unser Kaiser« war uns »die Sonne«, Italien bundestreu, Wilson leidenschaftlich neutral, die Neugierigen des Munitionsschiffes Lusitania wurden erst noch gewarnt, dabei aber ertappte exterritorialer Einbruchsdiebstahl Wilsonscher Polizei das täppische Angebot an Mexiko und Japan und verbotene Wege des allzugeschäftigen Papen, dem Sabotage ein Pappenstiel war. Und was änderte sich heut unter Stresemännern und Luthern, die nie eine Wittenberger These anschlagen, nie eine Bannbulle verbrennen würden! Wir blieben die Alten. Volksaufläufe auf Weidenplätzen politischen Verbrechertums brachen nichts Neuem eine Gasse. Plötzlich demokratische Professoren stellten zunächst Verfassungspapier her statt billige Lebensmittel. Strolchewisten, die sogar die Villa ihres analphabetisch ABC-Hoffmann plünderten, ein Familienidyll zum Kranklachen, lösten doch nur die schmierigen Jobber ab, die heut über geschäftliche Unmoral wimmern und doch höchstens die zehn Gebote hielten: laß dich nicht erwischen! Bildungszuchthäuser akademischer Seminare heut ohne staatliche Subvention? hatten sie je Raum für Unabhängige wie Eugen Dühring? Heute müßte Kleist sich geradeso erschießen. Der Eisner-Genosse Edgar Steiger hinterließ einen Brief: Dazu halfen wir den Arbeitern, damit die geistigen Arbeiter Hungers sterben! Das All-Gemeine speit heute den gleichen Streberauswurf, während das Großkapital hohnlächelnd seine Säcke türmt und Pöbelraubgier umsonst auf Schädelpyramiden zum ersehnten Mammon hinaufklettern möchte. Nur zur Plünderung der Wäschestücke und Orden im Kaiserschloß schwang der Janhagel sich auf, doch in jener großen Zeit, wo sich jeder ein Maschinengewehr mit nach Hause nahm, hatte man heilige Scheu vor Kugeln, die ihre Adresse nicht erreichten. Das Staatsphilistertum mit Auslese des Mittelmäßigen wird nie aussterben. Il y a des juges à Berlin? Ebensogut könnte man faseln: Il y a des fourbes à Rixdorf. Buridans Esel zwischen zwei Heubündeln tutet Ya, Echo des blöden Hurra von rechts und links. Kausalität braucht zwar Scheidewasser, nicht Scheidemänner, doch nicht so, daß nur Klassenkampf von Eigennutz gegen Eigennutz tobt und der Fabrikarbeiter sich geradeso wie der Feudalbaron für Protoplasma sozialen Erstgeburtsrechts hält. Diktatur des Proletariats schmuggelt nur durch Hintertür den alten Gewaltstaat wieder herein. Der sogenannte historische Materialismus spielt mit lauter falschen Karten. Die Kirchenväter Marx und Engels gaben noch den »Zufall« großer Männer zu, die das Rad beliebig vor- oder rückwärts drehen. Aus Marx' eigener Synthese folgert nur, daß bei steter Veränderung der Produktionsmittel die Sozialdemokratie morgen geradeso veralten kann wie das Kapital. Während im rohen Kräftespiel nur das Schwert den Knüppel zerhaut, wie Louis' Pariser Dezemberputsch die Arbeiterjunischlacht, auf was beruft sich der geforderte Altruismus? Die Natur kennt nichts dergleichen, also auch nicht die Naturwissenschaft, in die sich heute jede soziale Freimauerei drapieren möchte. Solchen Luxus können nur wahre Übermenschen als Überschuß ihrer Kraft abgeben und auf wen kann sich die soziale Gerechtigkeit allein berufen? Nur auf den Gott-im-All, den haltlose Menschenvergötterung leugnet. Man betet zur mythologischen Göttin der Vernunft, hinter deren Tempel sich Freudenhäuser verstecken, wobei man separate Heuchlerkapellen für hohe Herren erbaut.
    Ohne Enthusiasmus sei nie Großes geschehen, sagt Kant, doch wer erwartet ideale Impulse von Parlamenten, da Ch. Hartmann das englische Unterhaus den »größten Advokatenklub der Welt« nennt. Kommunistische Revolte aber endet immer wie die englische Wat Tylers, deren Gleichheitsschwindel höchst gleichartiger Panik verfiel, sobald die Köpfe der Führer vor straffer Reichswehr zu Boden rollten. Chamberlains Schrift: »Demokratie und Freiheit« fälscht freilich den Obrigkeitsstaat zum Regiment geistiger Freiheit um, doch Demagogenwirtschaft kennt weder Geist noch Freiheit.
    Kant macht Metaphysik für »das wahre dauernde Wohl der Menschheit« verantwortlich, geißelt aber zugleich die Verdummung der Wissenschaft, den »Pöbel der Vernünftler«, der sein Sprüchlein herleiert, »freie Bahn dem Tüchtigen«, womit er Staatsexamina der Halbbildung meint. Doch vom Bolschewismus Kulturverjüngung zu erhoffen, ist kindischer Aberglaube. Die Natur

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