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Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen

Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen

Titel: Bis(s) 1 - Bis(s) zum Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenie Meyer
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auch. Hin und wieder begegnen wir anderen von uns, weil die meisten im Norden leben.«
    »Warum?«
    Mittlerweile standen wir vor Charlies Haus. Es war still und dunkel, kein Mondlicht erhellte den Abend und auch das Licht auf der Veranda brannte nicht. Charlie war also noch unterwegs.
    »Wo hast du denn deine Augen gehabt heute Nachmittag?«, zog Edward mich auf. »Glaubst du, ich könnte im Sonnenschein die Straße entlangspazieren, ohne Massenkarambolagen auszulösen? Wir haben die Halbinsel Olympic nicht ohne Grund ausgewählt – sie ist eine der am wenigsten sonnigen Gegenden der ganzen Welt. Es ist schön, die Möglichkeit zu haben, tagsüber das Haus zu verlassen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr einem nach gut achtzig Jahren die Nacht zum Hals raushängt.«
    »Kommen daher die Legenden?«
    »Nehm ich an.«
    »Und ist Alice auch aus einer anderen Familie, so wie Jasper?«
    »Nein, und das ist wirklich eigenartig. Alice erinnert sich überhaupt nicht an ihr Menschenleben. Und sie hat keine Ahnung, wer sie geschaffen hat – als sie erwachte, war sie allein. Wer auch immer es war, er verschwand, und keiner von uns versteht, warum er das gemacht hat. Hätte sie nicht schon damals diese besondere Gabe gehabt und Jasper und Carlisle gesehen, dann wäre vermutlich eine durch und durch wilde Kreatur aus ihr geworden.«
    Es gab so viel zu durchdenken und so viel, was ich noch fragen wollte. Doch zu meiner Beschämung knurrte mir der Magen. Edwards Erzählung hatte mich so gefesselt, dass ich überhaupt nicht ans Essen gedacht hatte. Jetzt merkte ich, dass ich einen Bärenhunger hatte.
    »Tut mir leid, ich halte dich vom Abendessen ab.«
    »Ist schon okay, wirklich.«
    »Ich hab noch nie so viel Zeit mit jemandem verbracht, der geregelte Mahlzeiten braucht. Ich vergesse das immer.«
    »Ich möchte bei dir bleiben.« Die Dunkelheit machte es leichter, das zu sagen, doch ich spürte, dass meine Stimme mich und meine unstillbare Sehnsucht nach ihm verriet.
    »Warum bittest du mich nicht hinein?«, fragte er.
    »Möchtest du denn?« Ich konnte mir nicht vorstellen, wie diese gottgleiche Kreatur auf Charlies altem Küchenstuhl saß.
    »Ja, wenn ich darf.« Dann hörte ich, wie sich seine Tür schloss, und im selben Moment tauchte er an der Beifahrerseite auf und hielt mir die Tür auf.
    »Sehr menschlich«, lobte ich.
    »So langsam kehrt die Erinnerung zurück.«
    Er ging neben mir durch die Dunkelheit, so geräuschlos, dass ich ständig zu ihm hinüberschauen musste, um mich zu vergewissern, dass er noch da war. Er war immer noch blass, immer noch so schön wie ein Traumwesen, doch er war nicht mehr dieses phantastisch funkelnde Geschöpf unseres sonnendurchfluteten gemeinsamen Nachmittags.
    Er war vor mir an der Tür und öffnete sie für mich. Verdutzt hielt ich inne.
    »War nicht abgeschlossen?«
    »Doch, ich hab den Schlüssel benutzt, der unter dem Dachvorsprung lag.«
    Ich trat ein und schaltete das Verandalicht an. Dann drehte ich mich um und schaute ihn mit misstrauisch hochgezogenen Augenbrauen an. Ich war mir sicher, dass ich diesen Schlüssel nie vor seinen Augen benutzt hatte.
    »Ich war eben neugierig auf dich«, sagte er.
    »Du hast hinter mir hergeschnüffelt?« Doch irgendwie wollte es mir nicht gelingen, angemessen entrüstet zu klingen. Die Wahrheit war: Ich fühlte mich geschmeichelt.
    Er zeigte auch keinerlei Reue. »Irgendwas muss man ja machen die ganze Nacht.«
    Ich ließ die Bemerkung erst mal unkommentiert und ging durch den Flur zur Küche. Er war vor mir da – er kannte sich ja aus. Als ich hereinkam, saß er schon auf dem Stuhl, in dem ich ihn mir eben noch vergeblich vorzustellen versucht hatte. Seine Schönheit erhellte den Raum. Es dauerte, bis ich meinen Blick von ihm lösen und mich darauf konzentrieren konnte, mir etwas zu essen zu machen. Ich nahm die Lasagne vom Vorabend aus dem Kühlschrank, legte ein Stück davon auf einen Teller und erhitzte es in der Mikrowelle. Langsam erfüllte der Geruch von Tomaten und Oregano die Küche.
    Dann brach ich das Schweigen. »Wie oft?«, fragte ich so beiläufig wie möglich und ohne meine Augen vom rotierenden Teller zu nehmen.
    »Hmmm?« Er klang, als wäre er mit seinen Gedanken ganz woanders gewesen.
    Ich drehte mich noch immer nicht um. »Wie oft bist du hergekommen?«
    »Ich bin fast jede Nacht hier.«
    Verdattert fuhr ich herum. »Wozu?«
    »Es ist interessant, dir beim Schlafen zuzusehen«, sagte er ganz sachlich.

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