Bis(s) 2 - Bis(s) zur Mittagsstunde
nicht oft erwähnt, sie gehörte nicht zu den gesellschaftlichen Kreisen, die die Zeitungen beherrschten. Die Verlobung meiner Eltern war angezeigt und Cynthias Verlobung.« Der Name kam ihr schwer über die Lippen. »Meine Geburt ist auch angezeigt worden … und mein Tod. Ich habe mein Grab gefunden. Und ich habe meine Einweisungspapiere aus den Anstaltsarchiven stibitzt. Das Datum der Einweisung stimmt mit dem auf meinem Grabstein überein.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und nach kurzem Schweigen ging Alice zu leichteren Themen über.
Bis auf den einen waren die Cullens jetzt wieder versammelt und verbrachten die Frühjahrsferien bei Tanya und ihrer Familie in Denali. Selbst den nichtigsten Neuigkeiten lauschte ich allzu begierig. Kein einziges Mal erwähnte sie den einen, der mich am meisten interessierte, und dafür war ich ihr dankbar. Es reichte mir schon, Geschichten von der Familie zu hören, zu der ich einst so gern dazugehört hätte.
Charlie kam erst zurück, als es schon dunkel war, und er sah noch erschöpfter aus als am Abend zuvor. Am nächsten Morgen würde er sofort wieder zum Reservat fahren, denn dann fand Harrys Beerdigung statt, also ging er früh ins Bett. Ich blieb wieder bei Alice auf dem Sofa.
Als Charlie vor Sonnenaufgang die Treppe herunterkam, war er fast ein Fremder. Er trug einen alten Anzug, den ich noch nie an ihm gesehen hatte. Das Jackett war offen, vermutlich war es zu eng geworden und ließ sich nicht mehr zuknöpfen. Die Krawatte war für die gegenwärtige Mode ein wenig zu breit. Er ging auf Zehenspitzen zur Tür, um uns nicht zu wecken. Ich ließ ihn gehen und tat so, als schliefe ich, und Alice auf dem Sofa tat dasselbe.
Sobald er aus der Tür war, setzte Alice sich auf. Sie hatte vollständig bekleidet unter der Decke gelegen.
»Und was machen wir heute?«, fragte sie.
»Ich weiß nicht – kannst du irgendwas Interessantes sehen, was heute passiert?«
Sie lächelte und schüttelte den Kopf. »Aber es ist ja auch noch früh.«
Dadurch, dass ich so viel Zeit in La Push verbracht hatte, war zu Hause vieles liegengeblieben, und ich beschloss, ein wenig Hausarbeit nachzuholen. Ich wollte Charlie etwas Gutes tun – vielleicht ging es ihm ja schon ein kleines bisschen besser, wenn er in ein sauberes, aufgeräumtes Haus zurückkam. Mit dem Badezimmer fing ich an, denn dort fiel es besonders auf, dass lange nicht gründlich geputzt worden war.
Während ich arbeitete, lehnte Alice am Türrahmen und erkundigte sich beiläufig nach meinen oder besser unseren Schulfreunden und was sie seit ihrem Weggang getrieben hatten. Obwohl sie sich nichts anmerken ließ, meinte ich ihre Missbilligung zu spüren, als sie sah, wie wenig ich erzählen konnte. Aber vielleicht hatte ich auch bloß ein schlechtes Gewissen, weil ich gestern Morgen ihr Gespräch mit Charlie belauscht hatte.
Ich steckte buchstäblich bis zu den Ellbogen im Putzmittel und schrubbte den Boden der Badewanne, als es an der Tür klingelte.
Sofort schaute ich zu Alice. Sie sah verdutzt aus, fast besorgt, und das war merkwürdig. Es war eigentlich unmöglich, Alice zu überraschen.
»Moment!«, rief ich zur Haustür, stand auf und ging schnell zum Waschbecken, um mir die Arme abzuspülen.
»Bella«, sagte Alice, und sie klang ein wenig frustriert. »Ich glaube, ich habe erraten, wer das ist, deshalb verschwinde ich lieber.«
»Erraten?«, wiederholte ich. Seit wann musste Alice raten?
»Wenn sich hier meine ungeheuerliche Fehlleistung von gestern wiederholt, dann ist es höchstwahrscheinlich Jacob Black oder einer seiner … Freunde.«
Ich starrte sie an und versuchte aus ihren Worten schlau zu werden. »Du kannst Werwölfe nicht sehen ?«
Sie verzog das Gesicht. »Sieht ganz so aus.« Sie war ganz offensichtlich verärgert über diese Tatsache – höchst verärgert.
Es klingelte wieder – schnell und ungeduldig.
»Du musst nirgendwo hingehen, Alice. Du warst zuerst hier.«
Sie lachte ihr kleines Silberlachen – es hatte einen dunklen Beiklang. »Glaube mir – es ist nicht ratsam, dass Jacob Black und ich zusammen in einem Zimmer sind.«
Sie küsste mich schnell auf die Wange, bevor sie in Charlies Zimmer verschwand – und von dort zweifellos zum Fenster hinaus.
Da klingelte es wieder.
D ie Beerdigung
Ich stürmte die Treppe hinunter und riss die Tür auf.
Natürlich war es Jacob. Selbst wenn sie in diesem Punkt blind war, schwer von Begriff war Alice nicht.
Er stand etwa zwei Meter von
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