Bis(s) 3 - Bis(s) zum Abendrot
»Ich weiß.«
»Neunzehnhundertachtzehn?«, riet ich.
»Könnte hinkommen.« Sie nickte. »Teilweise hab ich es selbst entworfen, die Schleppe, den Schleier …« Sie berührte den weißen Satin. »Die Spitze ist erlesen. Gefällt es dir?«
»Es ist wunderschön. Genau das Richtige für ihn.«
»Aber ist es auch das Richtige für dich?«, wollte sie wissen.
»Ja, ich glaube schon, Alice. Ich glaube, genau so etwas brauche ich. Ich weiß, dass du das super hinkriegst … wenn du dich ein bisschen zurückhältst.«
Sie strahlte.
»Kann ich jetzt dein Kleid sehen?«, fragte ich.
Sie blinzelte und sah mich begriffsstutzig an.
»Hast du dein Brautjungfernkleid etwa nicht gleich mitbestellt? Ich will doch nicht, dass meine Brautjungfer ein Kleid von der Stange trägt.« Ich tat so, als wäre das eine grauenhafte Vorstellung.
Sie fiel mir in die Arme. »Danke, Bella!«
»Wie kommt es, dass du das nicht gesehen hast?«, neckte ich sie und küsste sie auf das stachelige Haar. »Und so was will Hellseherin sein!«
Alice strahlte vor neuer Begeisterung. »Ich hab so viel zu tun! Geh mit Edward spielen. Ich hab zu tun.«
Dann sauste sie aus dem Zimmer, rief »Esme!« und verschwand.
Ich ging ihr langsam hinterher. Edward wartete im Flur auf mich, er lehnte an der holzvertäfelten Wand.
»Das war wirklich sehr nett von dir«, sagte er.
»Sie scheint glücklich zu sein«, sagte ich.
Er berührte mein Gesicht; seine Augen, die zu dunkel waren – es war lange her, seit er mich zuletzt allein gelassen hatte –, sahen mich forschend an.
»Komm, wir gehen raus«, sagte er plötzlich. »Lass uns zu unserer Lichtung gehen.«
Das klang sehr verlockend. »Ich muss mich wohl nicht mehr verstecken, oder?«
»Nein. Die Gefahr liegt hinter uns.«
Er war still und nachdenklich, während er rannte. Der Wind blies mir ins Gesicht, viel wärmer nun, da der Sturm tatsächlich vorüber war, und die Wolken bedeckten den Himmel, ganz wie immer.
Heute war es auf der Lichtung schön und friedlich. Das Gras war mit weißen und gelben Blümchen gesprenkelt. Ich legte mich hin, obwohl der Boden ein wenig feucht war, und suchte nach Wolkenbildern. Doch die Wolken waren zu gleichmäßig, zu glatt. Keine Bilder, nur eine weiche graue Decke.
Edward legte sich neben mich und nahm meine Hand.
»Dreizehnter August?«, fragte er nach einigen Minuten angenehmer Stille beiläufig.
»Dann habe ich noch einen Monat bis zu meinem Geburtstag. Ich will nicht, dass es zu nah dran ist.«
Er seufzte. »Esme ist drei Jahre älter als Carlisle – genau genommen. Wusstest du das?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Für die beiden hat das nie eine Rolle gespielt.«
Mein Ton war heiter, ein Kontrapunkt zu seiner Besorgtheit. »Es geht gar nicht so sehr darum, wie alt ich bin, Edward. Ich bin bereit, ich habe mich für mein Leben entschieden – jetzt will ich auch anfangen es zu leben.«
Er strich mir übers Haar. »Was soll das mit dem Vetorecht bei der Gästeliste?«
»Eigentlich ist es nicht so wichtig, aber …« Ich zögerte, ich wollte nicht darüber sprechen. Am besten brachte ich es schnell hinter mich. »Ich weiß nicht, ob Alice sich verpflichtet fühlt, ein paar … Werwölfe einzuladen. Ich weiß nicht, ob … Jake dann das Gefühl hätte … er müsste kommen. Als würde es sich so gehören oder als würde er mich kränken, wenn er nicht käme. Ich will nicht, dass er sich das antut.«
Edward schwieg eine Weile. Ich starrte in die Baumwipfel, die vor dem hellgrauen Himmel fast schwarz waren.
Plötzlich umfasste Edward meine Taille und zog mich an sich.
»Sag mir, warum du das tust, Bella. Warum hast du dich auf einmal entschlossen, Alice freie Hand zu lassen?«
Ich erzählte ihm von meinem Gespräch mit Charlie gestern Abend, bevor ich zu Jacob gefahren war.
»Es wäre gemein, Charlie auszuschließen«, sagte ich. »Und wenn ich Charlie einlade, muss ich auch Renée und Phil einladen. Und Alice soll ruhig ihren Spaß haben. Vielleicht ist es für Charlie leichter, wenn er sich richtig von mir verabschieden kann. Auch wenn er garantiert findet, dass es viel zu früh ist, möchte ich ihn nicht um die Gelegenheit bringen, mich zum Altar zu führen.« Bei dem Ausdruck verzog ich das Gesicht, dann atmete ich tief durch. »Wenigstens kennen meine Eltern und meine Freunde dann den besten Teil der Wahrheit, das, was ich ihnen erzählen darf. Sie werden wissen, dass ich mich für dich entschieden habe und dass wir zusammen sind.
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