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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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meinen unverwechselbaren Geruch keinen zweiten Blick nachgeworfen hätten. Und tatsächlich wäre ich dann sehr viel glücklicher gewesen. Ich wusste jetzt, wie Clay sich vorkam, wenn er von zwanzigjährigen Mädchen beäugt wurde. Igitt.
    Und während ich immer noch mit der Situation haderte, wusste ich genau, ich sollte einfach nur überglücklich sein, weil mir warm war, weil ich mich ausgeruht hatte, weil ich wieder frei war. Wie viele Male in dieser Nacht hatte ich geglaubt, ich würde den Morgen nicht mehr erleben? Und da war er – ein ganz schwacher rötlicher Streifen, der in der Senke zwischen den beiden Hügeln hinter mir in den Himmel stieg. Ich war nicht umgebracht worden, nicht vergewaltigt worden, nicht einmal ernsthaft verletzt worden. Ich hätte die mondhelle Straße entlangtanzen und zu den Sternen hinauf singen sollen. Andererseits, hätte ich etwas dergleichen getan, dann hätte ich mit Sicherheit gewusst, dass in diesem Tee mehr gewesen war als ein normales Schmerzmittel.
    Also stapfte ich weiter. Und meckerte vor mich hin. Und träumte von einem bequemen Bett, heißem Essen und Travis Teslers Kopf auf einem Spieß … nicht unbedingt und notwendigerweise in dieser Reihenfolge.
    Ich folgte immer noch der scheinbar endlosen Straße, als ich das schwache Knirschen von Schnee unter Stiefelsohlen hörte. Ich blieb stehen. Ringsum war alles still. Dann trat eine Gestalt auf die Straße hinaus. Ich verspannte mich, aber derjenige hob nur die Hand zum Gruß und begann, in meine Richtung zu laufen. Er war groß und schlank und trug einen dieser Parkas mit langer röhrenförmiger Kapuze, so dass sein Gesicht im Schatten lag. Als er näher kam, fing ich seinen Geruch auf – und konnte es kaum glauben. Ich atmete mehr von der eisigen Luft ein, so schnell, dass mein Hirn von dem Schock zu wirbeln begann. Der Geruch blieb der gleiche, aber es konnte nicht sein. Konnte ganz einfach nicht sein!
    Der Mann zog sich die Kapuze vom Kopf, und ich sah welliges dunkles Haar, große braune Augen, den Olivton des Gesichts, das knieerweichende Grinsen … und ich konnte es immer noch nicht glauben.
    »Siehst du«, sagte er. »Clay hat sich Sorgen gemacht, wir würden dich hier draußen nie finden, aber ich hab nichts weiter tun müssen, als dem Gemotz und Gemecker nachzugehen, und da bist du.«
    »Nick …«, begann ich.
    »Dann kann dir gar nicht so kalt sein, wenn du meinen Namen noch weißt. Ich schwör’s, noch eine Stunde hier draußen, und ich hätte den vergessen. Tolle Klamotten übrigens. Anscheinend kaufen wir beim gleichen Designer.« Er sah mit einem solchen Abscheu an seinem Parka hinunter, dass ich unter anderen Umständen laut gelacht hätte.
    »W-was machst du hier eigentlich?«, stammelte ich.
    »Ja, ich freue mich auch, dich zu sehen.«
    Als er auf mich zutrat, wich ich zurück.
    Er blieb stehen, runzelte die Stirn und nickte dann. »Schneeblindheit vielleicht? Irgend so ein Hokuspokus von diesen Hinterwäldlern hier herum? Keine Sorge, ich bin echt. Und bloß, um es zu beweisen …«
    Er machte einen Satz vorwärts, bevor ich aus dem Weg gehen konnte, packte mich und küsste mich. Wie üblich war es nicht die Sorte Kuss, die man der Ehefrau des besten Freundes geben sollte. Ich keuchte, rang nach Luft und sagte »Nick«, und er grinste.
    »Ich hab gewusst, das würde funktionieren.«
    Meine Augen brannten, und die Kehle wurde mir eng. Ich hatte mich so gut gehalten, aber jetzt, als ich Nick sah, als ich wusste, dass ich in Sicherheit war – es war, als hätte jemand die schützende Blase angestochen, die es mir bisher ermöglicht hatte, einfach immer weiterzumachen.
    Er legte die Arme um mich und zog mich an sich; sein Griff wurde nur fester, als ich murmelte, es sei alles okay und er sollte mich loslassen. Nach ein, zwei Sekunden gab ich es auf und ließ mich umarmen. Möglich, dass die eine oder andere Träne auf seinen Parka fiel, aber wir taten beide so, als hätten wir nichts gesehen. Schließlich lockerte sich sein Griff, und ich trat zurück.
    »Wie bist du hierher geraten?«, fragte ich.
    »Moment, ich versuche noch mal, Clay zu kriegen, während ich’s dir erzähle.« Er wühlte in der Tasche herum. »Gestern Abend, als Joey Clay betäubt hat – ich glaub’s einfach nicht, dass er …« Nick schüttelte den Kopf. »Jedenfalls, Jeremy hat gewusst, dass irgendwas nicht stimmt. Du kennst Jeremy.«
    Er hörte auf zu hantieren, riss sich den Handschuh herunter und zog sein Handy aus

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