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Biss der Wölfin: Roman

Biss der Wölfin: Roman

Titel: Biss der Wölfin: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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uns fürchteten. Furcht und Respekt. Empfindungen, wie man sie weniger einem anderen Paranormalen als einem höher stehenden Wesen gegenüber hegte. Sogar Eli selbst hatte zwar keine Zeit verloren, uns Angst und Schrecken einzujagen, aber tatsächlich hatte er nicht mehr getan, als uns etwas herumzustoßen – uns zu vertreiben versucht, ohne dieses Gebot zu brechen.
    »Ihr werdet dies für uns tun«, sagte der Alpha. »Ihr werdet sie umbringen.«
    Bevor ich antworten konnte, pfiff er. Vom Höhleneingang her kamen schwere Schritte und halb unterdrückte Flüche. Herein trat der zwischendurch verschwundene vierte Wandler, und er stieß eine schlanke Gestalt in einem zu großen Parka vor sich her, deren Arme im Rücken gefesselt waren. Die Gestalt wehrte sich, und die Kapuze fiel nach hinten. Es war Noah, mit einem Lederstreifen geknebelt, während seine Augen vor Wut und Demütigung blitzten.
    »Gehört er euch?«, fragte der Alpha.
    »Ja«, antwortete ich. »Er gehört uns.«
    »Dann tut dies für uns, und er gehört wieder euch.«

35 Kontakt
    E ine halbe Stunde später stapfte ich durch den Schnee und hätte meine Seele für einen Motorschlitten verkauft. Welcher Alaska-Hinterwäldler – selbst wenn es sich um gestaltwandelnde Wolfswesen handelte – besaß eigentlich keinen Motorschlitten?
    Ich wusste, ich sollte mich nicht beschweren. Immerhin hatten sie mich nicht gleich hinausgeworfen, verfroren, erschöpft und zerschlagen, und es mir überlassen, mir den Weg zurück in die Zivilisation selbst zu suchen. Sie hatten darauf bestanden, dass ich mich ausruhte und etwas aß, obwohl ich versichert hatte, mir gehe es bestens. Sie hatten mir einen überraschend guten Eintopf aus Wildfleisch und Wurzelgemüse serviert und dazu ein dickes backsteinartiges Brot, das nicht annähernd so schmackhaft gewesen war, aber gegessen hatte ich es trotzdem.
    Ich trank auch den Tee, den sie gebraut hatten, irgendeine Kräutermischung, die mir über die Schmerzen und das von meinen diversen Schrammen herrührende Unbehagen hinweghelfen sollte. Sie sagten, es sei Weidenrinde, aber ich hatte den Verdacht, dass noch etwas entschieden Stärkeres dabei war. Es erinnerte mich an das Tylenol-3, das Jeremy mir nach besonders üblen Kämpfen verabreichte. Jetzt spürte ich keinerlei Schmerzen mehr, stattdessen fühlte ich mich eine Spur benommen.
    Eins war sicher – dies war eine Nacht gewesen, die ich so schnell nicht vergessen würde. Das Leben als Werwolf bringt eine Menge Zweikämpfe und Verfolgungsjagden mit sich, und in den vergangenen Stunden hatte ich überdurchschnittlich viel von beidem bekommen, in ganz neuen Varianten. Durchs Eis zu brechen, einen zweieinhalb Meter großen Braunbären abzuwehren, von einer Spezies von Werwolfvorläufern gefangen genommen zu werden – irgendwann einmal würde ich in meinem Schaukelstuhl sitzen und meinen Enkelkindern davon erzählen. Im Augenblick allerdings wollte ich es einfach nur hinter mich bringen.
    Die Wandler hatten mir alles an Kleidung gegeben, was ich brauchte, von einem Parka über Stiefel zu doppelt gestrickten Arbeitssocken. Mit Füßen der Schuhgröße 40 in Stiefeln der Schuhgröße 4000 hätte ich genauso gut Schneeschuhe tragen können. Genau genommen, in Schneeschuhen wäre ich besser dran gewesen. Und schlimmer noch, ich hätte welche haben können. Sie hatten mir ein Paar davon angeboten, aber nach einigen ungeschickten Schritten und einer Bauchlandung im Schnee hatte ich gesagt, Stiefel seien schon in Ordnung.
    Dann hatten sie mich bis zu einer Straße begleitet. Jedenfalls hatten sie gesagt, es sei eine Straße. Nachdem ich zwanzig Minuten durch Schnee gestapft war, so hoch wie meine Stiefel, und vor mir immer noch nichts sah außer einer dünnen Schneise im Weiß, die sich zwischen den Bäumen hindurchschlängelte, erinnerte es mich auf unangenehme Art an die letzte wenig befahrene »Straße«, die ich eingeschlagen hatte und die sich dann als Fluss herausgestellt hatte.
    Die Wandler schworen, der Highway sei nur drei Meilen entfernt. Sie hatten mir sogar angeboten, Eli könne mich begleiten, waren allerdings auch nicht sehr überrascht, als ich ablehnte. Was ich in jüngster Zeit an Teenagergeilheit mitbekommmen hatte, würde mir noch eine Weile reichen.
    Wahrscheinlich hätte ich geschmeichelt sein sollen über die ganze Aufmerksamkeit von Typen, die halb so alt waren wie ich. Und ich wäre es sogar gewesen … wenn ich nicht gewusst hätte, dass sie mir ohne

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