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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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Dosensardinen von einem gierigen Meeresmonster.
    Ludo und Helene waren in wenigen Minuten auf dem Longboard zum Stadtpark geskatet. Sie hatten jeden Baum beäugt, an dem sie vorbeigerollt waren, und genau nachgesehen, ob an einem der unteren Äste nicht zufällig kopfüber zwei Mädchen hingen, die in Lamadecken eingewickelt waren. Die Bäume in der Nähe der Kletterwand hatten sie besonders gründlich gemustert. Doch im Stadtpark war kein Mensch gewesen. Auch kein Vampir oder Halbvampir. Die Wege, Bänke, Wiesen und auch die Kletterwand selbst waren verlassen gewesen.
    Gerade, als sie überlegt hatten, wo es in der Stadt noch Bäume und eine Kletterwand gab, hatte Ludo eine neue Vision gehabt. Er sah eine Art Zaun oder hohes Tor. Der Stadtpark hatte weder einen Zaun noch ein Tor. Ludo und Helene hatten nur ein paar Sekunden überlegt, dann waren sie mit dem Longboard zum Stadtschloss aufgebrochen. Es stand auf einem kleinen Felsen im Süden von Bindburg, war von einem Zaun mit einem großen Eisentor umgeben und im Hof standen mehrere Kastanienbäume. Allerdings war es ein weiter Weg bis zum Schloss und mit jeder Sekunde wurde die Chance, dass sie Silvania und Daka retten konnten, geringer.
    Ludo und Helene schossen gerade durch die Fußgängerzone, als Ludo plötzlich bremste. Er hob eine Hand, kniff die Augen zu und blies die Backen auf.
    Helene sprang vom Longboard und sah Ludo gespannt an. »Eine neue Vision?«
    Ludo nickte, ohne seine Haltung zu verändern. Er schnaufte, er kräuselte die Nase, er zog die Augenbrauen zusammen. »Ich sehe eine Wand«, sagte er langsam mit rauer Stimme.
    »Also doch die Kletterwand?«, überlegte Helene laut.
    »Es ist eine glatte, graue Wand«, fuhr Ludo fort. »An der Wand hängt etwas ... ein Zettel ... nein, ein Schild.«
    Helene zog die Augenbrauen hoch. »Steht da zufällig die Adresse drauf?«
    Ludo schüttelte leicht den Kopf. »Ich kann nur ein Stück vom Schild sehen ... ich glaube, es ist nur der hintere Teil. Und darauf steht ... Hans ... nein, Hack ... oder warte, jetzt erkenne ich es deutlich. Dort steht ›haus‹!«
    Ludo öffnete die Augen und sah Helene triumphierend an.
    »Schlotz zoppo!«, schrie Helene. »Sie sind im Krankenhaus!«
    »Da gibt es doch keine Bäume«, wandte Ludo ein.
    »Vielleicht hängen sie im Einrichtungs haus . Oder im Rathaus. Oder im Theater haus! Die haben sicher als Bühnenbild Bäume, Felsen und so etwas«, überlegte Helene laut.
    »Gut möglich, dass sie gar nicht in diesem Soundso-Haus hängen, sondern davor oder nur in der Nähe«, überlegte Ludo laut.
    Helene stieß einen frustrierten Seufzer aus. »Dann könnten sie ja überall hängen. Vorm Autohaus ...«
    »Vorm Reformhaus«, ergänzte Ludo.
    »Vorm Schlachthaus«, sagte Helene.
    »Vorm Hofbräuhaus«, fuhr Ludo fort.
    »Vorm Zuchthaus«, sagte Helene.
    »Vorm Auktionshaus«, meinte Ludo.
    »Vorm Leichenschauhaus«, flüsterte Helene.
    »Vorm Geisterhaus«, hauchte Ludo.
    »Vorm Baumhaus«, sagte Helene.
    »Oder vorm Bootshaus«, erwiderte Ludo.
    Einen Moment dachten beide an all die Häuser, die ihnen wie Jonglierbälle durch den Kopf schwirrten. »Das ist es!«, rief Helene auf einmal. »Das alte Bootshaus im Lauen Grund! Es liegt direkt an der Bindau, vor dem Bootssteg steht ein verrostetes hohes Eisentor, Bäume stehen im Lauen Grund auch genügend herum und auf der Hütte steht ein Schild ›Zum Bootshaus‹. Das weiß ich genau. Ich war erst vor ein paar Wochen mit meinem Vater im Lauen Grund und wir sind an dem Bootshaus vorbeigekommen. Mein Vater hat mir erzählt, dass es früher ein beliebtes Wirtshaus gewesen war. Aber der Wirt verliebte sich unglücklich in eine Ruderin. Er war so verliebt in sie, dass er vor Liebe ganz verrückt wurde und eines Tages, als er ans Ufer der Bindau trat, bildete er sich ein, sie im Wasser zu sehen. Daraufhin sprang er in den Fluss, direkt in die Arme seiner großen Liebe. Aber vor lauter Liebe hatte er vergessen, dass er nicht besonders gut schwimmen konnte. Man fand seine Leiche erst Tage später ein paar Kilometer flussabwärts. Seitdem steht das Bootshaus leer.«
    Ludo zog die Augenbrauen zusammen. Einen Moment dachte er an das Bootshaus, den Wirt und an die Ruderin. Dann dachte er an Daka, Silvania und an Lamadecken. Auf einmal fiel ihm etwas ein. »Aber beim Bootshaus im Lauen Grund gibt es keinen Felsen.«
    Helene, die schon aufs Longboard springen wollte, hielt in der Bewegung inne. »Fumpfs. Stimmt.« Sie verzog den Mund wie

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