Bissig! (German Edition)
an seine eigene Kindheit und ihr jähes Ende, als er die Lust für sich entdeckt hatte. Aber es war seine Entscheidung gewesen. Trotzdem hatte er einige Zeit gebraucht, um festzustellen, dass Sex keine körperliche und seelische Nähe ersetzen konnte. Seitdem waren diese Dinge für ihn untrennbar miteinander verknüpft. Ohne Emotionen kam keine wirkliche Erotik auf.
Was er in diesem Moment für Jérôme empfand, machte ihm beinahe Angst. Ohne weiter darüber nachzudenken, zog Usher ihn in seine Arme und küsste sein Haar. „Lehn dich an mich. Ich bin stark für uns beide.“
Usher fühlte, wie bebende Wellen durch den angespannten Körper liefen. Es war nicht der FBI-Agent, der hier an seiner Schulter weinte, sondern ein verängstigter Junge. Eine Seele, der unendlich wehgetan worden war von einem Menschen, dem sie vertraut hatte. Wahrscheinlich nicht nur einmal, sondern über längere Zeit.
Draußen wurde es langsam dunkel, das war der einzige Anhaltspunkt für Usher, wie spät es war. Er wusste nicht, wie lange er bereits mit Jérôme auf dem Boden gehockt hatte, als dieser langsam aus der anderen Welt, in die er sich geflüchtet hatte, zurückkam.
„Lassen Sie mich nicht los, Mr. Grey“, sagte Jérôme kläglich und es rührte Usher, dass er ihn auch nach diesem sehr persönlichen Erlebnis weiterhin siezte: sehr gut konditioniert.
„Sag doch bitte Usher zu mir.“ Zärtlich wühlte er in Jérômes Haar und strich es ihm aus der Stirn. Einem Impuls folgend, beugte Usher sich dann zu ihm herunter und berührte mit den Lippen seinen Mund. Das war nicht ungefährlich, denn es war nicht absehbar, wie Jérôme reagieren würde. Doch zu Ushers Erstaunen zuckte er nicht zurück, sondern seufzte genüsslich.
„Jerry“, hauchte er und berührte ihn noch einmal, um seine Zunge behutsam ins Spiel zu bringen und den Konturen zu folgen, bevor er den Kuss vertiefte.
Er schien ewig andauern zu wollen und Usher spürte, wie Jerry durch seine Zärtlichkeiten die Anspannung verlor. Wärme und Nähe suchend schmiegte er sich an ihn. Usher blieb nichts anderes übrig, als ihn zu umfangen. Dabei musste Jerry seine verdammte Erektion fühlen, die er jetzt schon seit Ewigkeiten hatte. Mit dem Duft der Haare in der Nase und dem gut definierten Körper direkt an seinem, war Usher dem ausgeliefert. Zum Glück waren seine Gedanken nicht frei zugänglich.
„Ich bin widerlich. Warum hast du einen Ständer?“, fragte Jerry auch prompt und machte Usher fassungslos. Widerlich?
„Du bist wundervoll und begehrenswert. Aber ich verspreche dir, du musst keine Angst haben, dass ich dich anfasse.“ Das wäre das Letzte, was ihm nun in den Sinn gekommen wäre. Jerry hatte genug durchgemacht, sicher würde er das Trauma nicht wieder aufwühlen.
„Du findest mich abstoßend, das kann ich verstehen.“ Seufzend wischte Jerry sich das Gesicht ab und sah ihn an. In seinen Augen stand erneuter Schmerz, den Usher nur schwer ertragen konnte.
„Warte“, flüsterte er Jerry zu und stand mühsam auf. Seine Muskeln hatten sich verkrampft und er streckte sich. Ohne zu zögern, nahm er Jerry dann auf die Arme. „Ich bringe dich jetzt ins Schlafzimmer und hoffe, dass in deinem Bett weniger Katzenhaare zu finden sind, als auf dem Sofa.“
„Katzenhaare“, echote Jerry und lachte dann leise.
Mit dem Ellbogen öffnete Usher die gegenüberliegende Tür, die offensichtlich in den richtigen Raum führte. Die Decken und Kissen waren zerwühlt, aber er hatte auch nichts anderes erwartet. Dafür hatte das Bettzeug auch den typischen Jerry-Duft, den er mittlerweile kannte.
„Soll ich nach Tierfell suchen oder mal schauen, ob ich irgendetwas Ansprechendes an dir finde?“ Schmunzelnd betrachtete er Jerry, der nun lang ausgestreckt auf der Matratze lag und einfach zum Anbeißen aussah. Das noch immer leicht Verheulte und die zerrupften Haare wirkten einfach süß.
Dabei steckte hinter diesem verletzlichen Menschen ein harter Kerl, denn Usher hatte zufällig auf einem Papier gelesen, dass Jérôme Walker ein Sniper war … ein Scharfschütze, darauf gedrillt, seine Zielperson mit einem Schuss zu töten. Dieser Widerspruch machte Usher fertig, er wollte ihn nur noch beschützen. Zur Not auch vor seinen eigenen destruktiven Gedanken.
„Du willst mich untersuchen?“, fragte Jerry mit großen Augen. „Also ausziehen und anfassen?“
„Nur, wenn du es möchtest.“
„Möchte ich.“ Sein Lächeln ließ Ushers Herz schneller schlagen. „Usher
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