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Bissige Gäste im Anflug

Bissige Gäste im Anflug

Titel: Bissige Gäste im Anflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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Ludo sah noch immer zum Vollmond. Sein Herz klopfte, als wäre er auf der Flucht. Grundsätzlich hatte Ludo nichts gegen die Vorstellung zu fliegen. Es gab nur ein Problem: Ludo konnte nicht fliegen. Zumindest bis jetzt.

Auf weiten
Schwingen
    S ie waren lautlos in die dunkelblaue Tiefe getaucht, die sich über die Stadt gelegt hatte. Ihre Schwingen waren weit, schwarz und kräftig und trugen ihre monströsen Körper voller erhabener Ruhe. Ihre Augen leuchteten matt wie milchige Sterne. Sie verließen sich lieber auf ihre Nase und ihre Ohren.
    Sie hatten einen Auftrag zu erfüllen. Sie kannten ihr Ziel. Nichts und niemand würde sie davon abhalten, es zu erreichen. Sie würden den Auftrag ausführen und zu ihren Gebietern zurückkehren. Sie wussten, dass sie ihre Gebieter nicht enttäuschen durften. Ihre Gebieter waren sehr mächtig. Und sie konnten sehr zornig werden.
    Doch dazu würde es keinen Grund geben. Sie würden ihre Gebieter nicht enttäuschen. Der Auftrag war einfach und klar. Sie hatten schon ganz andere Dinge gemeistert.
    Ihre Schwingen zogen sich wie ein schwarzer Schleier über die Stadt, während sie ihrem Ziel immer näher kamen. Die Menschen in der Reihenhaussiedlung unter ihnen schliefen und bemerkten nicht, wie fünf gigantische Wesen lautlos über den Nachthimmel und die Dächer ihrer Häuser hinwegglitten. Sie ahnten noch nicht einmal etwas von der Existenz solcher Wesen. Weder der gut aussehende, alleinstehende Pharmavertreter, der im Reihenhaus Nummer 21 mit einem Abhörgerät auf dem Schoß auf einer brombeerfarbenen Wohnzimmercouch saß, noch die Frau mit dem roten Wuschelkopf und den nachtblauen Augen, die im Reihenhaus Nummer 23 gerade eine Klobrille bemalte und dabei an ihre Töchter dachte. Sie waren mit Freunden zum Mitternachtspicknick auf den Knochenhügel aufgebrochen. Bestimmt würde es eine tolle Nacht für sie werden. Oder?

Das ist
der Gipfel
    O bwohl der Knochenhügel nur ein Hügel und kein richtiger Berg war, ging es an manchen Stellen ganz schön steil bergauf.
    Helene strich sich die blonden Haare aus dem Gesicht. Auf ihrer Stirn hatten sich ein paar Schweißtropfen angesammelt.
    Silvania zog sich den Gangsterhut vom Kopf und wedelte sich damit Luft zu. Ihre rotbraunen Haare fielen in Wellen auf ihre Schultern. Silvania trug so gut wie nie eine Hose. Zu dieser Nachtwanderung hatte sie extra einen Hosenrock angezogen. Entlang der Außennähte waren weiße Knöpfe angenäht, die wie kleine Totenköpfe aussahen.
    Daka blieb kurz stehen und sah sich nach Ludo um. Er war etwas zurückgefallen. Sein Gesicht leuchtete wie ein Spiegelei im Mondlicht und seine ockerfarbenen Augen wie zwei dunkle, glänzende Eidotter darin. Ludo strauchelte mehr den Hügel hinauf, als dass er ging.
    Auch Daka waren die Beine vor lauter Bergauflaufen schon ganz wackelig. Nicht, dass sie unsportlich oder eine faule Sargkartoffel war. Lange oder ganz und gar bergauf gehen war sie als Halbvampir einfach nicht gewöhnt. Woher auch? In Bistrien, ihrer unterirdischen Heimatstadt, wurde geflogen und geflopst, wenn man irgendwohin wollte.
    Daka sah auf ihre Zehenspitzen. Sie steckten in schweren dunkelroten Halbstiefeln aus Leder. Die schwarzen Schlaufen, die jeweils hinten und vorne aus den Stiefeln herausragten, sahen aus wie Fledermausflügel. Daka hatte das Gefühl, ihre Füße kochten in den Stiefeln. Sie meinte auch, etwas Dampf aufsteigen zu sehen. Das war ihr in ihrem ganzen zwölfjährigen Leben noch nie passiert: qualmende Füße! Bis jetzt kannte sie nur qualmende Arme. Wenn sie in der Luft eine Vollbremsung hinlegen musste – weil ein Taubenschwarm, ein UFO oder ein älterer Vampir von rechts kamen –, konnte das schon mal vorkommen. Aber qualmende Füße waren viel unangenehmer. Das wusste Daka jetzt.
    »Was ist?«, fragte Ludo, der mittlerweile zu Daka aufgeschlossen hatte.
    Daka zeigte auf ihre Füße. »Meine Füße paffen.«
    Ludo starrte auf Dakas Stiefel. Er fand, da paffte nichts.
    »Ich gehe keinen Schritt mehr«, verkündete Daka. »Onu, zoi, trosch« und FLOPS – weg war sie.
    Obwohl Ludo die Vampirschwestern schon öfters flopsen gesehen hatte, gewöhnt hatte er sich an das Geflopse noch lange nicht. Eben waren sie noch hier, dann auf einmal dort – es war einfach nur sehr verwirrend. Und viel zu schnell für Ludo. So schnell, dass er es nie voraussehen konnte. Manchmal war er froh, dass Elvira Tepes für ihre Töchter die sieben radikalen Regeln aufgestellt hatte und Regel Nummer

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