Bissige Spiele (German Edition)
zuwanderte. Unerbittlich und langsam und ich war mir gewiss, dass ich ihr nicht entkam. Und kaum war ich mir dieser Tatsache bewusst, hatte sie mich bereits eingehüllt und die Übelkeit benebelte meine Sinne. Durch meine Schlafzimmeraugen bemühte ich die Ursache für diesen Duft zu finden – das Mädchen bei Ians Wohnung. Ich versuchte vorwärts zu kommen, aber es gelang mir wegen der Übelkeit nur sehr schwer. Ich schleppte mich von einer Gasse zur anderen, sah hinein, und sah nur leere Gänge. Immer wieder von neuem erwischte mich eine von diesen betörenden Duftwolken und nährten meine Übelkeit, und nach und nach wurde mir bewusst, die Übelkeit verwandelte sich in Verlangen. Um das Verlangen zu stillen, zu besänftigen, nein eher aufrecht zu erhalten, suchte ich förmlich nach der Duftwolke, sog sie tief ein. Doch der Gang war lang und die Duftwolken kurz, beinahe schmerzlich kurz. Ich suchte und rannte immer schneller, meine Beine waren nun nicht mehr müde, ich konnte mich bewegen, endlich! Im Geiste tauchte immer wieder das Mädchen auf, jedes Mal, wenn eine Wolke mich erwischte, sah ich ihr Blut durch die Augen, die von porzellanfarbenen Gesichtszügen umrundet waren. Nun sah ich das Gesicht genau vor mir, aber jäh, als ich die Wolke erreichte und mich einnebeln ließ, löste sich das Mädchenbild in Nichts auf. Mein Durst blieb ungestillt und brannte in meiner Kehle, trotz der vorherigen Hauswaldjagd.
Zuhause in London wollte ich den zurück gewonnenen Mut nicht verlieren, also ging in direkt in mein Zimmer und hörte mir Miles Davis an. Jazz und ein gestillter Durst – das passte immer gut zusammen. Die Zeit verging schnell, und am nächsten Morgen fuhr ich wie gewohnt mit dem Doppeldeckerbus zum Atelier, hielt jedoch Abstand zum weiblichen Geschlecht. Wenngleich nur wenige Meter. Natürlich dachte ich an meine Wirkung in Gegenwart des Mädchens, sagte mir aber immer wieder, heute und in Zukunft würde ich mir keine Blöße mehr in Gegenwart vom weiblichen Geschlecht geben. Ian sollte mich nicht noch einmal auslachen. Ganz im Gegenteil. Sie sollten alle meine Standhaftigkeit bewundern, von keinem Menschen der Welt würde ich mich dazu bewegen lassen, gegen meine Prinzipien, die ich offenbart hatte, zu verstoßen. Ich beschloss in die Offensive zu gehen, und mit verschiedenen Mädchen zu sprechen.
Da sie mich ohnehin in jedem Raum, in dem ich zu arbeiten hatte, überfielen und mir gierig über die Schulter sahen, konnte ich ja auch ein wenig Konversation betreiben und mich mit meinen neuen mehr als gierigen Gelüsten auseinandersetzen. Außerdem war ich natürlich auch mehr als gespannt darauf, wie gut ich mich im Griff hatte. Wie nah konnte ich ihr wohl kommen? Würde mir wieder übel werden? Wenn ich noch ein intaktes Herz gehabt hätte, hätte man es sicherlich bis zur Tür schlagen hören.
Ich sorgte dafür, dass ich mich zuerst am Kopierer beschäftigte, ich wollte mich langsam an die Nähe gewöhnen. Aber jetzt, als ich so dastand und wartete, kam ich mir ein wenig wie eine Spinne im Netz vor, die auf ihre Beute wartet. Nein, was sollten diese Gedanken schon wieder!
Ich hatte beschlossen, meinen Durst unter Kontrolle zu halten und das weibliche Geschlecht nicht als Beute zu sehen. Aber ich hatte mich zu früh gefreut. Ich roch sie bereits bevor sie wahrscheinlich überhaupt in der Nähe waren. Mit jedem Schritt, den sie sich dem Kopierer näherten, schwoll das Verlangen in mir heran. Meine Kehle wurde immer trockener, die Unruhe stieg in mir hoch. Mein Verstand wollte sich verabschieden.
Dann betraten einige den Raum. Der Duft war beinahe unerträglich, betörend und verlockend. Der zarte Jasmin war atemberaubend und unverwechselbar. Diesmal wollte ich nicht den Fehler machen, und ihre Blicke suchen. Lieber warten bis mein Verstand wieder einsetzte. Und dann kam er. Mein Wille war zurückgekehrt. Er sagte mir, ich sei stark genug, ich war kein Mädchenkiller, und
das
hier ging auch irgendwann vorbei. Nur die Ruhe. Ein Kinderspiel für einen Vampir, dem die Ewigkeit genügend Ruhe zur Verfügung stellte. Ruhe und Geduld gab es im Überfluss.
Inzwischen wusste ich auch, wer sich diesmal zu mir gesellen wollte, denn ihr Augen und ihr gieriges Verlangen verrieten sie. Sie stellte sich zu mir. Es waren kaum noch 30 Zentimeter zwischen uns, und das Verlangen sie herumzureißen und auszusaugen veränderte sich schlagartig in ein Gefühl der Dankbarkeit und Befriedigung. Ihre Nähe, die Nähe
Weitere Kostenlose Bücher