Bissige Spiele (German Edition)
hatte einen ähnlichen Kleidungsstil zu verzeichnen. Rauteweste mit gestreiftem Hemd auf Reiterhosen ließen darauf schließen, dass sie sportlichen Neigungen in ihrer Unsterblichkeit nachging, wahrscheinlich mit dem gleichen Eifer mit dem ich Saxophon spielte.
Abgesehen von unserer Gemeinsamkeit Blut zu trinken, waren wir doch alle irgendwo Sklaven der Langeweile. Sie brachte uns bei, uns mit uns selbst auseinander zu setzen, unsere Talente zu entdecken, Unerledigtes in Angriff zu nehmen und alles Unerwünschte zu vermeiden.
Natürlich gab es auch wie bei allen Regeln Ausnahmen und wer hätte besser darunter fallen können als Hugh und Robert, obwohl ich Rob für nicht so einfältig hielt wie Hugh, auch wenn er sich ausschließlich um den Durst kümmerte. Andererseits war er noch nicht lange genug ewig lebend. Die Langeweile würde sicher bei ihm auch noch Einzug halten.
„Hallo, entschuldigt bitte die Störung.“
Auch wenn wir uns nie begegnet waren, gab es eine unumstößliche Gesellschaftsregel, die uns erlaubte „du“ zueinander zu sagen. Andererseits wäre sicherlich unter solchen Umständen ein „Sie“ völlig unangebracht.
Man stelle sich vor, wie man zueinander sagt: `Guten Tag, dürfte ich Ihnen beim Ausrauben einer Blutbank Gesellschaft leisten und die eine oder andere Konserve leer trinken?` `Aber ja doch, welche Blutgruppe hätten Sie denn gerne?`
Allein der Gedanke war schon so grotesk, ich musste lächeln.
„Nur zu, komm herein!“
Der Mann winkte mich freundlich herein.
„Welche Blutgruppe? Wir haben einen guten Überblick bekommen!“, half mir die Frau umgehend und sehr verständnisvoll, denn meinen Augen war anzuerkennen, dass es dringend war.
„A negativ!“ Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen, was mich nicht sonderlich wunderte.
Die Frau griff in eines der Regale und holte gleich mehrere Konserven hinunter. Wahrscheinlich hatte ich den Ausdruck in meinen Augen unterschätzt.
„Danke!“
Wie ich die Dose aufbekommen hatte, weiß ich nicht mehr, nur der eisenhaltige Geschmack auf meiner Zunge und in meiner trockenen Kehle interessierte mich. Während ich tatsächlich mehrere Konserven hintereinander leerte und sich mein Zustand wieder normalisierte, hörte ich, wie sich die beiden miteinander unterhielten.
Nach der dritten Portion gelang es mir, mich endlich auf ihr Gespräch zu konzentrieren und ihnen höflich entgegen zu lächeln.
„Na, geht es dir besser?“, wollte der Mann wissen.
„Das kann man wohl sagen!“, schmatzte ich verlegen.
„Du sahst auch mehr als durstig aus!“, kicherte die Frau in sich hinein.
„In letzter Zeit passiert es mir öfter, dass ich den Zeitpunkt verpasse, wenn es noch nicht so dringend ist, und dann werde ich bald wahnsinnig vor Gier und sehe überall wandelnde Konserven.“
Meine Beichte war unter uns Vampiren nichts Besonderes.
„Wandelnde Konserven?! Nun, dann war es aber schon mehr als notwendig!“
Der Mann fing an zu lachen.
„Wie kannst du nur den Zeitpunkt verpassen? Wird deine Kehle nicht auch trocken, wenn du Hunger verspürst?“
Fragwürdig sah mich die Frau an.
„Doch, aber ich habe so viel zu tun!“
Ungläubig schauten die beiden erst sich, anschließend mich an. Meine zögerliche Antwort war mehr als verräterisch gewesen, und sie taten richtig daran, die Augenbrauen hoch zu ziehen.
Zu dritt saßen wir auf den Kästen voller Konserven und unterhielten uns über England und die Ewigkeit, hin und wieder öffnete einer von uns eine weitere Dose und trank genüsslich sein Blut wie einen Nachmittagstee.
Vampirtee hätte man diese Situation nennen können und irgendwie gefiel mir dieser Moment. Er erinnerte mich an mein früheres und auch an mein bevorstehendes wahres Leben, obwohl das Ambiente und das Getränk bei weitem nicht vergleichbar waren.
Dennoch fühlte ich mich wie auf einer kleinen Party, so ausgelassen und heiter benahmen wir uns.
So hätte es vielleicht für mich sein können, wenn ich ein Mensch geblieben wäre. Mit Opa und Oma hätte ich an einem gemütlichen Tisch gesessen, wir hätten Tee getrunken und uns über den Sinn des Lebens unterhalten. Die beiden alten Vampire gaben mir jedenfalls den Anlass zu dieser Wunschvorstellung, so wie sie miteinander umgingen und auf mich eingingen.
Thomas und Penelope hießen sie und jeder von ihnen war mindestens doppelt so lange in der Unendlichkeit verhaftet wie ich.
Achthundert Jahre! Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken! Ich
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