Bissige Spiele (German Edition)
hatten. Über Zeit hatte ich mir in den seltensten Fällen Gedanken gemacht und ich wunderte mich, dass mir dessen jetzt so bewusst wurde. Wahrscheinlich lag es an der zunehmenden Vermenschlichung, die in meinem Körper stattfand, und die anscheinend unaufhaltsam war. Fakt war, dass die Zeit für jeden Menschen irgendwann ablief, wenn er nicht gerade in einen Vampir verwandelt wurde, und meine Freude und Sehnsucht stieg bei der Vorstellung, dass meine Zeit bald kommen würde. Nicht dass ich jetzt schon auf den Tod scharf war. Nein! Im Gegenteil! Wenn es ein endloses Vampirleben mit Liebe geben könnte, dann wäre dies das Paradies!
Der Preis für die Unendlichkeit war einfach zu hoch, aber der Preis, den Tod, den man in Kauf nehmen musste, um ein langes, erfülltes Leben in Liebe zu bekommen, war geradezu erbärmlich niedrig. Was hätte man sich noch wünschen können nach solch einem Leben? Mir fiel nichts ein!
Zufrieden mit dieser Erkenntnis schlenderte ich durch die Gassen. Das kleine Haus war schon lange hinter den Ecken verschwunden. Ich hatte mich nicht einmal umgedreht, als ich mich entfernt hatte, obwohl ich deutlich spüren konnte, dass ich vom Fenster aus beobachtet wurde. Wer mir nachgesehen hatte, wusste ich nicht aber ich fühlte instinktiv Saras Augen am Fenster haften.
Sicher ließ sie sich nun alles erst einmal durch den Kopf gehen. Man erfuhr schließlich nicht alle Tage von der Existenz Vampiren. Sara war ein Vampirfreak, so viel stand fest! Trotzdem fühlte ich das Dilemma ihr einerseits von mir abzuraten, weil ich trotz meiner Konservenvorliebe schlicht und ergreifend und vor allem nüchtern betrachtet eine massive Gefahr für sie bedeutete. Andererseits war ich nicht bereit meine einzige Chance, die ich hatte, noch einmal Liebe zu erfahren und zu leben, aufzugeben, deshalb wollte ich sie unter allen Umständen an mich binden.
Wahrscheinlich machte ich mir über alles viel zu viele Gedanken. Ich war es gewohnt nachzudenken. Es wurde langsam Zeit, dass ich endlich anfing alles zu genießen, denn meine Zeit lief!
Unaufhaltsam und unabänderlich!
Immer und immer wieder schmückte ich mir die Zukunft aus und verfiel dabei einer noch größeren unbezwingbaren Sehnsucht nach Liebe. Mein Körper reagierte mittlerweile auf sämtliche Emotionen. Ich fühlte Beklemmung und Unsicherheit, Ungeduld und Neugier! Kindliche Freude war jedoch die, die mich in Hochstimmung versetzte und irgendwie kam ich mir auch vor wie ein Kind, das gerade laufen lernt und über jeden Schritt, der ihm gelingt, lächelt.
Das Kopfsteinpflaster hätte normalerweise unter meinem Schritt laut ertönten müssen, doch mein Gang war beschwingt und leicht, erfüllt von der Vorfreude auf meine bevorstehende begrenzte Zeit.
Die Gassen waren wieder voller wie zur Mittagszeit. Die Menschen drängelten sogar ein wenig, was mir ein wenig Unbehagen bereitete. Nähe war nicht gerade das, was ich gerne zuließ. Der Geruch konnte einem wirklich zusetzen, und man musste es ja nicht gerade darauf ankommen lassen. Doch hier und jetzt hatte ich Nähe zugelassen, oder hatte ich sie einfach nur gar menschlich toleriert?
Ein weiterer Fortschritt in meiner Veränderung, doch als ich mich weiter nach ihnen umsah, änderte sich meine Optik schlagartig.
Nach und nach sah ich keine Menschen mehr, sondern wandelnde Konserven, die mir ihren unwiderstehlichen Inhalt wie auf einem Silbertablett präsentierten.
Ich brauchte dringend Blut!
Es war wirklich eine Marktlücke, dass es keine Blutbar gab! In meiner Vampirwelt hätte es sicher eine gegeben und wir hätten uns täglich treffen können und öffentlich wie in einer Kneipe unseren Durst stillen können. Stattdessen mussten wir uns wie kriminelle heimlich unseren Vorrat auffüllen, oder töten! Was für ein Unsinn!
Töten! Trinken!
Wieder liefen einige Silbertabletts gefährlich nahe an mir vorbei und die Verzweiflung noch rechtzeitig einen Ort zu finden, an dem es abgestandene Nahrung gab, wuchs von Minute zu Minute.
Abrupt blieb ich stehen. Hatte ich nicht gerade das Wort Blut an einem Haus stehen sehen?
Meinen Instinkten konnte ich hier auf keinem Fall folgen, aber meinen guten Augen vertraute ich blind, so dass ich umgehend rückwärts lief und jede Häuserwand nach dem Wortbild durchsuchte.
Endlich wurde ich fündig!
Eine Blutbank!! Das war es! Wie konnte ich nur so nachlässig sein?! Die hektische Abreise aus London hatte mir keine Gelegenheit gegeben, mir die Nahrungsquellen von
Weitere Kostenlose Bücher