Bissige Spiele (German Edition)
Cambridge herauszusuchen. Und jetzt kam mir der Zufall zur Hilfe.
Restlos irritiert von der zunehmenden Anzahl frei umherlaufender Konserven betrat ich das Gesundheitszentrum, und ich musste wahrlich über den Ausdruck schmunzeln, denn in der Tat würde es mich wieder einigermaßen gesund machen.
Kaum hatte ich das Vorzimmer betreten, lächelte mir auch schon eine Dame am Empfang entgegen, die mit zunehmender Nähe meinerseits bereits dem Schwärmen verfallen war. Alles war blitzeblank poliert. Der weiße Steinboden glänzte ungemütlich und kalt durch den gesamten Raum. Die Wände, ebenso weiß, wurden von Miro – Plakaten in günstigen einfallslosen Rahmen geschmückt. Typische Bilder für solche Einrichtungen, anscheinend empfanden diejenigen, die keine Ahnung von Kunst hatte, was leider die Mehrheit war, dass der Malstil dieses Künstlers besonders heiter oder rein auf den Betrachter wirkte. Wahrscheinlich stimmte das sogar. Wie gesagt, wenn man keine Ahnung hatte!
Wenn man sich allerdings ein wenig kreativ beschäftigte, musste einem doch auffallen, dass es keine einfallsloseren und gefühlsloseren Bilder gab, als die von Miro! Scheußlich! Kinder konnten damit vielleicht gerade noch etwas anfangen! Aber die kamen doch schließlich nicht zum Blutspenden!
Mittlerweile stand ich der willenlosen Blondine gegenüber. Sie hatte versucht ihre langen Haare zu einem Dutt zusammen zu stecken, doch einige Haarsträhnen hingen ihr kokett an den Schläfen herab. Sie wippten bei jeder Kopfbewegung und gaben dem freundlichen Gesicht einen Hauch von Leichtigkeit, die man hier sicherlich dringend benötigte.
„Guten Tag! Was kann ich für Sie tun?“
Eine Frage, die sie wahrscheinlich jedem gestellt wurde, und doch hatte ich das Gefühl, als ob sie bei mir gerne eine andere Antwort gehabt hätte, als die, die sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von jedem bekam.
„Guten Tag, ich komme vom Institut für Qualitätssicherung! Ich bin angehalten die Sicherheit Ihres Lagers zu überprüfen und den Bestand der Konserven zu kontrollieren. Würden Sie mir bitte das Lager zeigen, junge Dame?“
Dieser Satz zog immer und meine Unwiderstehlichkeit tat ihren Rest.
„Oh!“, sagte sie erstaunt. „Noch einer! Nun, ihre Kollegen sind auch schon seit einiger Zeit da! Kein Wunder, dass sie so lange brauchen, sicher haben sie auf Sie gewartet, oder?“
Kollegen? Das war mir schon lange nicht mehr passiert, dass ich Meinesgleichen in Konservenlagern antraf. Es waren zwei! Nun! Mein Durst konnte nicht mehr warten und schließlich waren ja genug Konserven für alle da, so dass keiner etwas verteidigen musste.
„Ja! Das haben Sie! Bitte führen Sie mich zu ihnen.“, erwiderte ich und folgte der jungen Frau, die sich mehrfach zu mir umdrehte, auch wenn es nur wenige Schritte bis zur nächsten Tür waren, auf der groß und breit das Wort „Lager“ stand.
Kurz vor der Tür bedankte ich mich bei ihr und gab ihr damit zu verstehen, dass ich alleine sein wollte.
„Wenn ich fertig bin, gebe ich Ihnen Bescheid.“
Die Unfreundlichkeit in meiner Stimme, gab ihr einen Ruck und sie hastete ein wenig irritiert zum Tresen zurück. Über das Quietschen der Türe war ich mehr als froh, so konnte ich meine angeblichen Kollegen vorwarnen, die sicherlich nun, während ich die Türe langsam aufzog, hastig alle Beweisstücke beiseite räumten.
Als ich jedoch den Innenraum einsehen konnte, war ich mehr als überrascht. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht mit dem, was sich mir in diesem seltsamen Augenblick bot!
Warum weiß ich nicht, aber ich hatte mit zwei Männern mittleren Alters gerechnet. Vielleicht schwirrten mir immer noch die beiden aus der Gasse im Kopf herum!
Doch vor mir standen, wie man es unter Menschen oft fand, ein alter Mann und eine alte Frau, die wie ein altes Ehepaar um eine Vielzahl leerer Konserven verharrten. Beide waren wirklich mehr als nur alt. Sonderlich zerbrechlich und hager wirkten sie auf mich, obgleich ihre makellosen Körper das Gegenteil zeigen mussten. Ihre Augen fixierten mich neugierig und gleichzeitig auch erleichtert, denn Unsereins erkannte sich wortlos und sekundenschnell.
Ihrer Kleidung nach zu urteilen waren die beiden Engländer. Der Mann hatte eine Cordhose an, trug dazu ein feines Hemd, über das er eine Tweedweste gezogen hatte. Glänzende Lederschnürschuhe lugten unter der Hose hervor und eine grüne Wachsjacke hatte er salopp auf einen Stapel Konserven gelegt.
Die Frau
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