Bist du mein Kind? (German Edition)
jetzt endlich, wer von uns welches Fleisch am liebsten isst!“ rufe ich mit Triumph in der Stimme.
„Alles in Ordnung mit dir, oder sollen wir einen Arzt suchen“? fragt Wolfgang verständnislos. Ich erkläre ihm kurz die Zusammenhänge und berichte ausführlich von meinen Abenteuern. Meine beiden Großen hören nur das Wort Hühnerbollen und stoßen ein Freudengeheul aus, als hätten Sie die Hühner selbst erlegt.
Während ich noch darüber nachdenke, ob ich Wolfgang auch von der alten Frau in der Sackgasse erzählen soll, beginnt er unvermittelt laut zu denken:
“Wenn wir in Deutschland gewusst hätten, wie schön es hier ist, hätten wir doch glatt zwei Wochen gebucht. Ich könnte in der Firma anrufen und klären, ob ich mir noch eine Woche freinehmen kann und dann fragen wir Jean, ob wir noch bleiben können“.
Ich zögere. So viel ist hier nun auch wieder nicht los, dass wir zwei Wochen eben mal so ‘rumkriegen. Wenn wir eine Woche alles angesehen und alle Tiere mit Namen kennen, sollte es wohl reichen mit der Idylle.
Ich frage Leon und Maxi. Sie johlen. Soll wohl heißen, dass wir zwei Wochen bleiben.
„Nur unter der Bedingung, dass wir auch ein paar Ausflüge machen“, bestimme ich. „Einverstanden!“ stimmt mein Mann zu.
Wolfgang angelt sein Handy aus der Hosentasche und schaut auf die Uhr.
„Mist, es ist schon viertel nach fünf. Da erreiche ich niemanden mehr. Also rufe ich direkt morgen früh an.“
Ich stehe schon in der Küche und sortiere meine Fleischsorten. Da Marie mir erlaubt hat, mich in ihrem Kräutergarten zu bedienen, spaziere ich hinaus. Das Klima hier ist doch milder als bei uns. Zuhause im Garten habe ich noch gar keine Kräuter. Hier wachsen schon alle kräftig. Ich entscheide mich für die Kräuter, die ich kenne und beschließe, später Marie nach den anderen zu fragen.
Mit einem Strauß aus Kerbel, Estragon, Salbei, Majoran und Petersilie komm ich wieder ’rein. Maxi guckt die Kräuter an und sagt:
„Mama, die Blumen sind doof. Die sind ja nur grün“. Eine Welle von Glück und Liebe für diesen kleinen Kerl durchströmt mich und ich antworte: „Stell dir vor, diese Blumen müssen grün sein, denn sie kommen in unser Essen“.
Das hört unser Großer und er schwingt sich auf, Maxi fachmännisch zu erklären: „Das sind keine Blumen, sondern Kräuter und die machen das Fleisch zart und lecker. So, jetzt weißt du Bescheid.“
Und wieder spüre ich diese Liebe zu meinen Kindern und kann es kaum fassen, dass ich die Mutter dieses jungen Gemüses bin. Wolfgang sieht mich an, grinst und wirft mir eine Kusshand zu.
„Gibt es irgendwelche Wünsche in puncto Beilagen“? rufe ich in die Diele.
Ich hätte es mir denken können, es kommen drei verschiedene Antworten: „ Nudeln, Kartoffelbrei, Gnocchi!“
Wie blöd kann man sein, dass man nach so vielen Jahren nicht gelernt hat, dass bei solchen Fragen die unterschiedlichsten Antworten kommen.
„Also, stopp“ konsterniere ich, „es gibt schon drei Sorten Fleisch, das reicht mir. Wie wäre es mit frischem Baguette und Salat?“
Diesmal funktioniert meine Fragetechnik, da meine Männer jetzt genau wissen, dass es sich eigentlich nicht um eine Frage sondern mehr um eine Feststellung handelt. Deshalb höre ich auch nur drei Mal Brummen in verschiedenen Tonlagen und werte dies als „Ja“.
Ich bin zufrieden und bruzzle und rühre Salatsoße an.
Beim Essen höre ich wieder interessiert den Kindern zu. Leon und Maxi erzählen mir gemeinsam, sich gegenseitig unterbrechend, dass sie mit Jean auf einem Trecker gefahren sind und Heu gemacht haben. Jean hat ihnen erzählt, dass er früher einen viel größeren Trecker hatte und viel mehr Heu machen musste. Aber jetzt hat er ja nicht mehr so viele Tiere und deshalb braucht er nur zwei Tage. Vorher sind sie mit Stöcken über die Wiese gelaufen und haben immer auf den Boden geschlagen, um kleine Tiere zu verscheuchen, damit sie nicht von der Heumaschine verletzt werden. Auch das hat Jean ihnen erzählt.
Ich wundere mich schon wieder, wieso Jean ihnen das alles erläutern kann und die beiden ihn verstehen. Wie auf Kommando erzählt Maxi, dass sie inzwischen auch ein bisschen Französisch können.
„Aber nur ein bisschen“ fügt Leon hinzu.
Vom Rotwein und dem vielen Fleisch werden wir so langsam schläfrig. Timo sitzt in seiner Wippe auf der Bank und kräht fröhlich.
Ich nehme ihn auf den Arm und mache ihn bettfertig. Am Abend stille ich ihn noch und er ist auch
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