Bist du mein Kind? (German Edition)
wir noch nicht im Meer schwimmen können. Zumal der Atlantik auch bekannt ist für seine hohen Wellen.
„Also können wir nicht wie in Italien im Wasser bis zur Mole gehen?“ fragt Leon.
„Nein Schatz, aber wir können ganz lang am Strand entlanggehen, Möwen füttern und vielleicht sogar ein großes Eis essen.“
„Gibt es auch Muscheln?“ fragt Maxi.
„Ich weiß es nicht, aber ich glaube, dass es an jedem Meer Muscheln gibt“, erklärt Wolfgang seinem Sohn.
Ich decke den Tisch, wir frühstücken und die Münder stehen nicht still. Maxi und Leon plappern und überlegen, wie hoch die Wellen wohl sind, wie lange man am Strand entlanggehen kann, ohne auf ein Ende zu stoßen, ob wir große Dampfer sehen und noch viele andere weltbewegende Dinge werden überlegt.
Nachdem wir den Tisch abgeräumt haben, geht es ans große „Reinemachen“. Die Kinder und die Eltern müssen ins Bad. Das Baby muss versorgt werden. Und ein paar Dinge müssen mit. Endlich ist alles geschafft, es sind eineinhalb Stunden vergangen. Wir treten aus der Tür und packen alles ins Auto. In Gedanken gehe ich nochmal meine Sachen durch. Aber ich glaube, dass ich alles habe.
Marie steht in ihrer Küchentür und winkt.
„Wo geht es hin?“ ruft sie.
„Wir fahren an den Atlantik!“ ruft Leon zurück.
„Nehmt warme Jacken mit, meistens ist es am Wasser kühler!“
Ich danke ihr für den Tipp und erkläre ihr, dass ich unseren halben Hausstand eingepackt habe. Sie nickt zufrieden. In der Zwischenzeit hat Wolfgang alle Kinder verstaut und ich schiebe mich auf den Beifahrersitz. Er drückt mir die Karte in die Hand. Ich sehe ihn fragend an.
„Du musst mich führen“, sagt er.
„Ok, schließe die Augen, ich sag dir, wo es lang geht.“
Er startet den Wagen und lässt erstaunlicherweise die Augen offen. Vertraut er mir nicht?
Nach ungefähr zwanzig Kilometern erreichen wir Béhaton. Hier ist der Himmel irgendwie noch blauer als in Le Guerno. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir hier direkt am Meer sind. Die Stadt ist irgendwie größer als Le Guerno, aber nicht so rund. Sie liegt langgestreckt am Meer.
Wir parken das Auto und steigen erst mal aus. So kühl fühlt es sich gar nicht an. Allerdings weht hier wirklich ein frischer Wind. Ich packe Stirnbänder und Jacken aus. Wir ziehen alle Kinder an, setzen Timo in die Bauchtrage und Wolfgang schnallt ihn vor seinen Bauch.
Los geht es zum Strand. Ich bleibe ein bisschen hinter meinen Männern zurück, um sie anzusehen. Da stiefeln sechs Beine im Gleichschritt vor mir her. Ob Timo auch mal den gleichen Gang haben wird wie die anderen drei? Abwarten.
Als wir am Strand ankommen, ruft Maxi
„ Papa hier wächst ja Gras am Strand!“
Auch Leon ist verwundert. Sie laufen direkt los. Wir halten sie im Blick und schlendern hinterher. Als sie am Wasser ankommen, bleiben sie abrupt stehen.
„Dürfen wir die Schuhe ausziehen und auch die Socken“? fragt Leon.
„Ja, aber wartet, wir krempeln euch die Hosenbeine hoch“, ruft Wolfgang gegen den Wind. Ich laufe vor und nehme alle Schuhe und Socken in Empfang. Während Leon gewissenhaft seine Hosenbeine hochkrempelt, helfe ich Maxi.
Ich packe alles in meinen Rucksack. Sieht schon seltsam aus: Stirnbänder, Jacken und nackte Füße. Die Kinder scheint es nicht zu stören. Sie laufen ein Stück ins Wasser, kreischen und kommen direkt wieder zurück.
„Kalt?“ frage ich. „Klar!“ ruft Leon.
Sie rennen und laufen am Strand entlang.
„Ich suche jetzt Muscheln!“ ruft Maxi.
„Ich will ein Eis!“ erschallt Leons Stimme.
„Immer mit der Ruhe“ mahnt Wolfgang, „jetzt bleiben wir erst mal noch hier am Strand und dann sehen wir weiter“.
Und da passiert, was immer mal wieder passiert, wenn unsere beiden Dickköpfe zu viel Zeit miteinander verbringen: sie streiten. Leon
findet die „größte Muschel, die ich je gesehen habe“.
Sie sieht im Nachhinein betrachtet ziemlich unspektakulär aus. Aber Maxi behauptet, er habe sie zuerst gesehen und daher müsse sie ihm gehören. Wir versuchen, zu schlichten und sie zu ermuntern, weitere Muscheln zu suchen und sicher seien doch genug Muscheln für alle da, aber vergebliche Liebesmühe. Es endet, wie es immer endet. Zwei weinende Kinder und jedes wünscht, dass wir für ihn Partei ergreifen. Wir sind hin und her gerissen, versuchen aber, möglichst unparteiisch zu bleiben. Wolfgang übernimmt Maxi und ich übernehme Leon. Es ist schrecklich, dass sie sich immer wieder in die Haare
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