Bitte Einzelzimmer mit Bad
selten – je nachdem, wie herum man die Sache sehen wollte.
Wie fast überall in Italien tolerierte man das Privatleben des parrocco und erwartete als Gegenleistung, daß er von der Kanzel nicht ewige Verdammnis predigte, sondern ein Hintertürchen offenließ, und mit den Sündern im Beichtstuhl gnädig umging. Zehn Ave Maria nebst einem Scherflein für den Opferstock erschienen selbst dem ärgsten Geizkragen nicht zu viel. Man würde ja auch dafür Sorge tragen, daß sich jener peinliche Vorfall nicht wiederholte, als ein paar Halbwüchsige ihrem Seelenhirten zu nächtlicher Stunde aufgelauert und ihn in die Gartenlaube seiner – nun ja, mütterlichen Freundin gesperrt hatten. Erst am Morgen hatte man die Tür entriegelt, und es hatte wohl vieler weiser Worte bedurft, um später dem Bischof dieses für einen geistlichen Herrn doch etwas unübliche Nachtquartier zu erklären.
Tinchen langweilte sich. Außerdem begannen die vielen Camparis zu wirken und machten sie müde. Eigentlich könnte sie jetzt ruhig schlafen gehen. Niemandem würde auffallen, wenn sie jetzt verschwände, nicht einmal Klaus, der offenbar vergessen hatte, was er ihr Wichtiges sagen wollte. Er stand neben Schumann und sah ungläubig auf das Dekolleté der schwarzhaarigen Frau, die gerade mühsam einen Hocker erkletterte.
»Unfaßbar!« murmelte er.
Schumann nickte zustimmend. »Leider!«
Die Dame war nicht allein. In ihrem Kielwasser schwamm ein angeheiterter Florian, der zuerst stutzte, als er Tinchen sah, dann schnurstracks auf die Theke zusteuerte und Whisky bestellte. In einem Zug kippte er ihn hinunter und orderte sofort den nächsten. »Bei deinen Preisen, Fritz, kann man sich erst dann zu dem zweiten entschließen, wenn man den ersten intus hat.« Versonnen stierte er ins Glas. »Den ganzen Abend schon will ich meine Sorgen ertränken, aber die können alle so prima schwimmen.«
»Was haste denn für Sorgen?« Mitfühlend legte Karsten seinen Arm um Florians Schultern, »du kannst doch Schumann ruhig anpumpen, er hat es dir ja angeboten.«
»Quatsch! Notfalls kann ich noch meine Benzingutscheine verscherbeln. Aber dieser gelackte Affe da drüben« – ein finsterer Blick streifte Brandt – »macht mir deine Schwester abspenstig. Kannst du mir vielleicht mal verraten, was der hat und ich nicht habe?«
»’ne weiße Jacke!«
»Habe ich auch!« Florian strich über sein Revers und korrigierte sich: »Jedenfalls war sie weiß, bis mir jemand Pfefferminzlikör drübergekippt hat. Außerdem ist das nur äußerlich. Arroganz ist aber angeboren. Und dieser Knilch da ist widerwärtig arrogant!«
Der so Beschuldigte nahm die Anklage mit hochgezogenen Augenbrauen entgegen, sagte aber nichts.
»Er hält mich ja nicht mal einer Antwort für würdig!« Es war offensichtlich, daß Florian Streit suchte.
»Läßt du dir das gefallen?« stichelte Tinchen. Sie hatte ihren Kopf demonstrativ an Brandts Schulter gelegt und mimte junges Glück.
»Nein!« sagte Brandt Florian auf.
»Darf ich Ihnen jetzt mal in aller Freundschaft meine Meinung sagen?«
»Nur zu!« ermunterte ihn Florian, während er nun seinerseits aufstand. »Das ist die zivilisierte Form, Beleidigungen anzubringen!« Er kochte vor Wut und Eifersucht, sah aber ein, daß er jetzt und hier auf jeden Fall den kürzeren ziehen würde. Dieser Brandt schien stocknüchtern zu sein, während er, Florian, entschieden zuviel getrunken hatte. Seit jenem Abend in der Disco, wo er so intensiv mit Lilo geflirtet und sich Tinchens Zorn eingehandelt hatte, war ihm das nicht mehr passiert. Aber heute hatte er einfach nicht anders gekonnt. Stundenlang zusehen zu müssen, wie sein Tinchen in den Armen dieses Schnösels lag, war einfach mehr gewesen, als er in nüchternem Zustand ertragen konnte. Man muß ja nicht unbedingt Wange an Wange tanzen, wenn man nicht will! Aber Tinchen hatte ja gewollt, das hatte er ganz deutlich gesehen. Daraufhin hatte ihn der Hafer gestochen, und er hatte angefangen, mit dieser verblühten Schönheit aus Neuss herumzualbern. Eine ganze Flasche Asti spumante hatte es ihn gekostet, bis sie endlich bereit gewesen war, an dieser Schönheitskonkurrenz teilzunehmen. Aber der Einsatz, hatte sich wenigstens gelohnt! Für Tinchen war es ein Schock gewesen, als Inge Leibowitz plötzlich mit der Nummer in der Hand auftauchte. Und später, als Tinchen mit diesem personifizierten Kleiderständer so hingebungsvoll getanzt hatte und gar nicht mehr aufhören wollte, da hatte er
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