Bitte Einzelzimmer mit Bad
gehörte. Die Bergseen waren zum Baden ohnehin zu kalt, außerdem konnte Frau Antonie nicht schwimmen. »Wenn der liebe Herrgott das gewollt hätte, dann hätte er mir Flossen gegeben!« pflegte sie zu sagen.
»Soll ich helfen?«
»Das könnte Ihnen so passen!« Erschrocken streifte Tinchen das Kleid über den Bikini, stopfte Slip und BH in ihre Umhängetasche, die sich daraufhin nicht mehr schließen ließ, und öffnete die Tür. »Ich hab’ ihn gleich anbehalten! Was kostet er?«
Ratlos sah sie auf die Tasche. Wie sollte sie jetzt bloß das Portemonnaie herauskriegen? »Ach, hätten Sie vielleicht doch eine Tüte?« Tante Josi holte eine durchsichtige Cellophanhülle unter dem Ladentisch hervor. Tinchen wurde rot. »Ich hatte eigentlich mehr an etwas Solideres gedacht …« Verstohlen hielt sie Tante Josi die halbgeöffnete Tasche entgegen. Die nickte verstehend und reichte eine rote Plastiktüte herüber.
»Was bin ich Ihnen schuldig?«
»Gar nichts«, versicherte Brandt. »Tante Josi zieht mir den Betrag vom Taschengeld ab!«
Warum muß er alles gleich wieder kaputtmachen, dachte Tinchen enttäuscht.
»Ich berechne Ihnen nur den Einkaufspreis, einverstanden?« Sie nickte dankbar. Offenbar arbeitete Tante Josi gar nicht als Verkäuferin, vielmehr schien ihr das Geschäft zu gehören. Ob sie wirklich Brandts Tante war? Aber hätte sie sonst anstandslos geduldet, daß er mit ihr schwimmen ging? Sei nicht immer so mißtrauisch, Ernestine, glaube an das Gute im Menschen! Sie
ist
seine Tante! Nimm es als Tatsache hin und geh ihr nicht weiter auf den Grund!
Brandt übernahm die Führung. Er steuerte Tinchen schräg über die Promenade, vorbei an den vor Anker liegenden Fischerbooten, die in dem leicht bewegten Wasser einander freundschaftlich zunickten, vorbei an den überfüllten Stränden, wo schon ein verirrter Wasserball bei den Sonnenanbetern eine Kettenreaktion auslöste, vorbei an Musikboxen und schwitzenden Kellnern, die mit Tabletts voller Eisbecher durch das Menschengewimmel pflügten, bis er endlich auf eine ins Meer ragende Klippe deutete. »Mein Stammplatz! Nicht gerade komfortabel, dafür kostet er keinen Eintritt, und deshalb kommt auch selten jemand hin.«
Wenig später turnte Tinchen über die Klippen. Die hilfreich ausgestreckte Hand ihres Cicerone übersah sie geflissentlich. Sie war nicht Tante Josi!
»Seien Sie nicht albern, Tina, die Steine sind glatt, und wenn …«
»Au!« Die Warnung kam zu spät! Tinchen war von einem algenbewachsenen Stein abgerutscht und hielt sich jetzt mit schmerzverzerrtem Gesicht den rechten Fuß. »Ich kann nicht mehr weiter! Der ist mindestens gebrochen!«
»Nicht bewegen! Ich hole Sie!« Brandt balancierte zurück. »Stützen Sie sich fest auf mich, und dann treten Sie mal ganz vorsichtig auf!« Tinchen tat es. »Ist wohl noch mal gutgegangen, aber es tut höllisch weh!«
»Soll ich Sie tragen?«
»Bloß nicht!« Seinen stützenden Arm nahm sie aber gerne. Mit zusammengebissenen Zähnen humpelte sie die restlichen Meter bis zu einer großen Felsplatte, die fast waagerecht über dem Wasser hing. »Bricht die auch nicht ab?« Dann verfolgte sie schweigend, wie Brandt die mitgebrachten Luftmatratzen aufblies. Kräftige Lungen hatte er! Sicherlich Nichtraucher! Sie wollte sich auch schon längst die Qualmerei abgewöhnen, aber es hieß ja immer, dann würde man sofort zunehmen, und das wiederum bedeutete den Verzicht auf kleine Bikinis mit Silberfäden.
Sie hatte ihr Kleid ausgezogen und sah zufrieden an sich herab. Brandt hatte recht gehabt, für einen weißen Badeanzug war sie wirklich noch zu blaß, aber der blaue hob sich schon wunderbar von ihrer leicht gebräunten Haut ab. Brandt trug natürlich Weiß. Konnte der sich ja auch leisten! Angeber!
Der Angeber hatte sein atemraubendes Werk beendet. Er legte die Luftmatratzen dicht nebeneinander, deckte zwei Frotteehandtücher darüber und machte eine einladende Handbewegung: »Weiter auseinander geht’s nicht, sonst fallen Sie ins Meer!«
»Wieso ich? Sie liegen doch an der Außenkante!« Sie plumpste auf die Matratze und streckte sich wohlig aus.
»Erst einschmieren!« Er förderte eine Flasche Sonnenöl zutage und begann, Tinchens Arme einzureiben. Einen Augenblick lang ließ sie es sich gefallen, dann nahm sie ihm die Flasche aus der Hand. »Das kann ich selber!«
»Auch auf dem Rücken?«
Widerwillig drehte sie sich um. Dabei empfand sie seine kräftigen Hände doch als so angenehm! Dumme Gans!
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