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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Grundregel eingebleut.
    »Neben Ihnen sieht sie aus wie eine trächtige Kuh!«
    Die Kuh gesellte sich wieder zu ihnen, in einer Hand einen Pappbecher mit Sahne, in der anderen eine Schachtel Pralinen. »Die sind für abends im Bett«, erklärte sie. »Wenn mein Mann seine Zeitung liest, braucht er immer was zum Knabbern.«
    »Und wieso ist die Packung jedesmal leer, wenn ich wirklich mal ein Stück essen will?«
    »Schokolade besteht zum größten Teil aus Fett, und Fett wird in dieser Hitze hier unten schnell ranzig«, behauptete Trudi.
    Mit einem beziehungsreichen Blick auf das Paket, dessen Reklameaufdruck keinen Zweifel über seinen Inhalt zuließ, nahm der Kellner Pauls Bestellung entgegen: »Due Kaffee tedesco mit Latte, und was die Signorina will, soll sie Ihnen selbst sagen!«
    Die Signorina bestellte einen Eiskaffee, lehnte den angebotenen Kuchen dankend ab und fragte sich im stillen, ob diese beiden verfressenen Germanen nun die Regel oder bloß die Ausnahme waren. Sie hatte schon längst bemerkt, daß deutsche Touristen in Italien nicht sonderlich beliebt waren – ausgenommen ihre Freude am Geldausgeben –, hatte diese heimliche Aversion aber auf die gelegentlichen Taktlosigkeiten geschoben, die ihren Landsleuten so gerne unterliefen. Keine Italienerin würde den Kölner Dom in Shorts betreten, während es ihren deutschen Geschlechtsgenossinnen gar nichts ausmachte, die hiesige Kirche im Bikini zu besichtigen. Kein italienischer Mann würde sich mittags im Speisesaal nur mit einer Badehose bekleidet zeigen; deutsche Männer finden das völlig natürlich, und wenn sie dazu noch ein Handtuch um den Hals geknotet haben, fühlen sie sich ausreichend angezogen. Kein Italiener käme auf die Idee, während einer Moselfahrt sein bella napoli zu besingen, aber die ohnehin als sehr sangesfreudig gefürchteten Deutschen scheuen sich nicht, in einer Trattoria vom Münchner Hofbräuhaus zu johlen und dann beim Kellner »Noch ’ne Pulle von dem labbrigen Zeug da, dem Schianti« zu bestellen. Manchmal schämte sich Tinchen direkt, auch eine Deutsche zu sein! So wie jetzt, als Trudi ungeniert das Kuchenpaket auswickelte, die Kaffeetasse kurzerhand auf den Tisch stellte und die Untertasse als Kuchenteller benutzte.
    »Gucken Sie nicht so entsetzt, Fräulein Tina, das machen wir immer so!«
    »Auch in Deutschland?«
    Trudi stutzte einen Moment, dann lachte sie. »Natürlich nicht. Da würde uns der Ober sofort an die frische Luft setzen.«
    »Das würde er hier sicher auch am liebsten tun, nur ist er zu höflich dazu.«
    »Recht haben Sie, Fräulein Tina!« bestätigte Paul. »Dafür kriegt er nachher auch ein extra großes Trinkgeld!«
    Als ob man sich mit Geld die Achtung seiner Mitmenschen kaufen könnte! Tinchen gab ihre Bekehrungsversuche auf. Bei Herrn Stresewitz waren sie verschwendet. Er mochte ja ein herzensguter Mensch sein, aber er hatte das Feingefühl eines Nilpferds.
    »Wenn Sie hier reiseleiten, Fräulein Tina, dann müßten Sie doch am besten wissen, wo ein bißchen was los ist. Keine Bumslokale oder so, aber gibt’s denn hier keine Ausflüge, Safaris – na, Sie wissen schon, was ich meine.«
    Das wußte Tinchen eben nicht. »Es gibt doch regelmäßig Busfahrten nach Genua und nach Frankreich …«
    »Haben wir ja schon hinter uns«, winkte Stresewitz ab. »Meiner Frau ist schlecht geworden, und ich hab’ mich in Cannes verlaufen und hätte beinahe die Rückfahrt verpaßt. Nee, ich denke da an so etwas Ähnliches wie die Kamelritte zu den ollen Pyramiden. Ein Freund von mir war nämlich in Ägypten und hat dolle Fotos mitgebracht.«
    »Kamele gibt es hier aber nicht«, wandte Tinchen ein.
    »Pyramiden ja ooch nich!« witzelte Stresewitz. »Müssen ja keine Kamele sein, Esel sind doch auch zum Reiten da. Und die Viecher rennen hier rum wie anderswo die Hunde. Also auf so’n Muli ’ne Tour ins Hinterland, dafür würde ich schon was springen lassen, nicht wahr, Trudi?«
    Trudi vertilgte das dritte Stück Kuchen. »Ich hätte Mitleid mit dem Tier«, sagte sie kauend, »unter deinem Gewicht würde es zusammenbrechen!«
    »Sitzt im Glashaus und schmeißt mit Steinen!« räsonierte Paul. »Aber mal im Ernst, Fräulein Tina, kennen Sie nicht einen Mulitreiber, der sich ein paar Mark nebenbei verdienen will?«
    Tinchen kannte keinen, versprach aber, sich umzuhören und gegebenenfalls Bescheid zu sagen. Dann stand sie auf.
    »Stresewitz, Villa Flora, unten am Porto. Nicht vergessen!« Mit einem

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