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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Nußknackerhändedruck verabschiedete er sich von Tinchen. »War nett, Sie kennengelernt zu haben. Und wenn wir wieder mal ’n Dolmetscher brauchen, kommen wir zu Ihnen!«
    Bloß nicht! Sie murmelte ein paar Dankesworte, griff nach ihrer Einkaufstüte und machte, daß sie wegkam. Was jetzt? Die Uhr an der Ecke zeigte Viertel vor eins. Zurück ins Büro? Um diese Zeit kam eigentlich nie jemand. Wer seine Siesta nicht im Bett hielt, der brutzelte am Strand. Weshalb sollte sie also in der muffigen ›Röhre‹ hocken? Lilo war ja auch noch da! Sollte die ruhig mal Blitzableiter spielen.
    Außerdem hatte sie, Tinchen, ohnehin behauptet, eine Verabredung zu haben, also würde Lilo gar nicht mit ihr rechnen.
    Tinchen beschloß, aus der Notlüge Wahrheit zu machen. Sie war einfach mit dem Fahrer verabredet, der sie mit dem Linienbus nach Loano bringen würde. Man kann als Reiseleiter keine Sehenswürdigkeiten empfehlen, die man selber gar nicht kennt! Und das Karmeliterkloster kannte sie noch nicht.

[home]
    Kapitel 9
    L oano gefiel Tinchen auf Anhieb. Zwar war sie schon des öfteren durchgefahren und hatte sich jedesmal über die Wohnsilos geärgert, die auf der Piazza gleich neben dem Bahnhof in die Höhe ragten und wohl die Bestrebungen der Stadtväter dokumentieren sollten, daß man keineswegs hinter dem Mond lebe und auch etwas von moderner Architektur verstünde – aber nun schlenderte sie staunend durch die malerischen Gassen mit ihren jahrhundertealten Torbögen und war ganz enttäuscht, wenn sie dahinter statt einer Kesselschmiede oder eines Spezereienhändlers nur eine ganz prosaische chemische Reinigung entdeckte. Auch der Doria-Palast – in jedem Reiseführer an erster Stelle abgehandelt – diente nicht mehr als Residenz des alten genuesischen Fürstengeschlechts. Waren die stolzen Herrscher in früheren Zeiten hoch zu Roß die breite Treppe hinaufgesprengt (mit viel Phantasie lassen sich sogar noch Hufabdrücke ausmachen), so müssen sich die heutigen Bewohner des Palazzo zu Fuß in ihre Büros bemühen. Es war zum Rathaus degradiert worden.
    In einem Schaufenster auf der Palmenpromenade entdeckte Tinchen eine Korallenkette. Sie wollte schon lange eine haben, aber die jeweiligen Preise hatten immer in krassem Gegensatz zu ihrem Budget gestanden. Die hier war aber gar nicht so entsetzlich teuer! Dafür war sie vermutlich auch nicht echt. Mit Schaudern dachte Tinchen an die kleine Elfenbein-Eule, die sie unlängst auf dem Markt für Mutsch gekauft hatte. Die sammelte ja diese Viecher und hatte mindestens drei Dutzend zu Hause in der Vitrine stehen, aus Holz, aus Porzellan, aus Keramik, aus Bast – nur ein elfenbeinerner Uhu war noch nicht darunter.
    Als sie Fritz Schumann ihre Neuerwerbung gezeigt hatte, hatte der nur gegrinst. »Das ist billiger Plastikkram mit einem Eisenkern in der Mitte, damit das Ding schwerer wird. So etwas dürfen Sie nie auf dem Markt kaufen, Tina! Diese fliegenden Händler bleiben immer nur ein paar Stunden am selben Ort, damit man nicht mehr reklamieren kann. Wenn sie die ganze Küste abgegrast haben, fangen sie wieder von vorne an. Alle Gäste, die sie übers Ohr gehauen haben, sind in der Zwischenzeit abgereist, und die neuen haben meistens keine Ahnung!«
    Jetzt stand die elfenbeinerne Plastikeule auf Tinchens Nachttisch als tägliche Warnung vor preisgünstigen Gelegenheitskäufen. ›Occasione‹, hatte der Vogelhändler gesagt! Was ist überhaupt eine Okkasion? Alles, was nicht ganz so sündhaft teuer ist, wie man befürchtet hat!
    Immer noch liebäugelte Tinchen mit der Kette. Das Geschäft machte eigentlich einen ganz soliden Eindruck. Soweit sie sehen konnte, gab es hier nicht den üblichen Andenkenkitsch; und die Seidentücher, die neben der Tür an einem Haken flatterten, waren nicht nur wirklich aus Seide, sondern darüber hinaus sogar recht geschmackvoll. Fragen kostet nichts! Entschlossen betrat Tinchen den Laden.
    Er war leer. Dafür gab es Korallenketten in jeder Länge. Sie lagen in einem Kästchen offen auf dem Ladentisch. Ein bißchen mißtrauisch nahm sie eine davon in die Hand. Sie fühlte sich echt an, aber das hatte die Eule auch getan. »Kann ich Ihnen helfen?«
    Hinter ihr betrat eine schlanke Dame mit einem markanten Ahnengesicht den kleinen Verkaufsraum.
    »Sie sprechen deutsch?« fragte Tinchen verblüfft.
    »Ich bin Deutsche.«
    »Da bin ich aber froh!« Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Um die landesübliche Feilscherei, bei der sie schon rein

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