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Bitte sagen Sie jetzt nichts

Bitte sagen Sie jetzt nichts

Titel: Bitte sagen Sie jetzt nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loriot
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einfacher: Jemand ertrinkt, die Hauptfigur wird erschossen, ein Kind entgeht in letzter Sekunde dem Erfrierungstod - da kommt es nicht drauf an, ob man hinten noch drei Sekunden Nachdenkpause lässt. Eine Pointe aber hängt entscheidend vom Timing ab.
    Kaindlstorfer Für Sie ist die Erzeugung von Komik Präzisionsarbeit?
    Loriot Absolut. Manche Leute sagen mir eine gewisse Penibilität nach. Ich gesteh es ganz offen ein: Diese Leute haben recht. Bei der Arbeit bin ich wirklich penibel.
    Kaindlstorfer Loriot, der Preuße!
    Loriot Ich bekenne mich zu meinen preußischen Wurzeln. Ich bin Preuße, damit hat man sich abzufinden.
    Kaindlstorfer Preußische Untugenden haben auch viel Unheil angerichtet im Lauf der letzten 150 Jahre.
    Loriot Das ist richtig, das will ich gar nicht abstreiten. Dennoch bin ich stolz auf meine Geburtsstadt Brandenburg, ich bin auch stolz auf das Land meiner Herkunft. Dabei will ich allerdings nicht abstreiten, dass ich gelegentlich betroffen gewesen bin über das Unheil, das dieses Land im Lauf der Geschichte immer wieder angerichtet hat. Nur: Welches Land hätte im Lauf der Jahrhunderte nicht mancherlei Unheil angerichtet? Ich will das Preußentum nicht auf seine negativen Seiten reduzieren.
    Kaindlstorfer Wo sehen Sie das Positive?
    Loriot Es gibt auch fortschrittliche Aspekte: Friedrich der Große zum Beispiel war der Erste, der die Leibeigenschaft und die Folter abgeschafft hat. Das waren große und kühne Reformen für seine Zeit. Außerdem hat der preußische Staat ein nachgerade vorbildhaftes Beamtentum entwickelt. Gegen Bestechung und Korruption war die preußische Beamtenschaft über Jahrhunderte hinweg immun. So etwas war nicht selbstverständlich. Also, der preußische Staat war in manchem durchaus vorbildlich. Nur haben die Preußen halt auch manchen Krieg vom Zaun gebrochen, und die sprichwörtliche preußische Disziplin hat den Nazis das Regieren leichter gemacht, das muss man schon auch sagen. Wenn die Menschen in der Nazizeit aufmerksamer, kritischer und wacher gewesen wären, wenn sie weniger gehorsam gewesen wären, dann wäre der Welt manches erspart geblieben.
    Kaindlstorfer Können Sie mit den soldatischen Tugenden des alten Preußen etwas anfangen?
    Loriot Ich bin wie jeder Mensch durch meine Erziehung geprägt. Mein Vater stammte aus einer alten preußischen Offiziersfamilie. Bis zu seinem Wechsel in die Privatwirtschaft war er Polizeioffizier. So etwas hinterlässt zweifellos gewisse Spuren in der Persönlichkeit eines Menschen.
    Kaindlstorfer Wie muss man sich Ihren Vater vorstellen? Als einen Mann, der andauernd die Hacken zusammenknallte?
    Loriot Das nicht, aber er war zweifellos ein disziplinierter und beherrschter Mensch. Man muss seine Gefühle strikt unter Kontrolle halten - das hat er meinem Bruder und mir eingebläut. Ich durfte ihn zum Beispiel nicht küssen. Männer küssen sich nicht, das gehörte zu seinen Maximen, da war er eisern.
    Kaindlstorfer Und Ihre Mutter, durften Sie die küssen?
    Loriot Meine Mutter starb, als ich sechs Jahre alt war. Ich bin bei meiner Großmutter aufgewachsen.
    Kaindlstorfer Wie sehen sie die Figur Ihres Vaters im Rückblick?
    Loriot Ich habe viel von ihm gelernt - über die elementare Bedeutung von Umgangsformen beispielsweise. Er war eine ganz und gar respektable Erscheinung. Eine Tugend wie Selbstbeherrschung war zentral für meinen Vater. Gehen ließ er sich nie. Ich habe ihn selten ohne Krawatte gesehen. Zugleich konnte man sich totlachen mit ihm, er hatte auch ungeheuer komische Seiten.
    Allerdings muss man sagen: Die Zeit des Militärischen, die mein Vater in gewisser Weise verkörpert hat, diese Zeit ist Gott sei Dank vorbei. Der Krieg spielt heute in den Köpfen der Menschen nicht mehr die Rolle, die er früher in Deutschland einmal gespielt haben mag.
    Kaindlstorfer Wie kommt es, dass Sie eher als »Konservativer« gelten?
    Loriot Tue ich das?
    Kaindlstorfer Ich erinnere mich an einen Spiegel- Artikel, der muss in den späten achtziger Jahren erschienen sein. Da stand sinngemäß: »Die bundesdeutsche Intelligenz steht links. Im Grunde gibt es nur zwei Rechtsintellektuelle im Land: Ernst Jünger und Loriot.«
    Loriot Das kann nur ein Witz sein.
    Kaindlstorfer Das stand da tatsächlich.
    Loriot Ich als »Rechtsintellektueller« - da kann ich nur lachen! Also, in dieser Attributierung erkenne ich mich überhaupt nicht wieder.
    Kaindlstorfer Sind Sie harmoniesüchtig?
    Loriot Ich bin davon überzeugt, dass sich die meisten

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