Bitte sagen Sie jetzt nichts
eröffnete mir eine neue musikalische Welt, die seither zu meinem Leben gehört.
Sperr/Weiler Aber Ihre Verehrung hinderte Sie nicht daran, den Ring von 16 Stunden auf einen Abend zu kürzen und humoristisch zu kommentieren.
Loriot Sie glauben nicht, wie viele Wagnerianer und Wagner-Gegner sich überzeugen ließen.
Sperr/Weiler Ihre Arbeit war nie politisch.
Loriot Sie war nie parteipolitisch.
Sperr/Weiler Hatten Sie Angst, es sich mit Teilen Ihres Publikums zu verderben?
Loriot Nein, aber ich halte künstlerische Popularität für ein unfaires Wahlkampfmittel. Künstler überzeugen ja nicht durch bessere Argumente, sondern durch ihren Bekanntheitsgrad.
Sperr/Weiler Sie stellten einen Teil Ihres Vermögens für wohltätige und kulturelle Hilfe zur Verfügung. Was bedeutet Ihnen das?
Loriot Ich gebe nur etwas von dem zurück, was ich dem Wohlwollen der Öffentlichkeit zu verdanken habe.
Sperr/Weiler Fühlen Sie sich als Preuße?
Loriot Ja, gewiss. Ich bin zwar seit 45 Jahren glücklicher Oberbayer, aber in Preußen geboren und aufgewachsen wie meine Vorfahren. Und dabei wollen wir es nun auch bewenden lassen. Mir wird ganz elend bei dem Gedanken an die verbiesterten Diskussionen um dieses verschwundene, erstaunliche Land.
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Ich habe das Preussische im Blut
Darmstädter Echo, 8. November 2003 Mit
Günter Kaindlstorfer
Kaindlstorfer Herr von Bülow, sind die Deutschen wirklich so humorlos, wie Briten, Österreicher und andere missgünstige Nationen gerne behaupten?
Loriot Das kann man so nicht sagen. Die Deutschen haben durchaus ihre humoristischen Traditionen, allerdings spielt der Humor bei uns im Alltag keine so bedeutende Rolle wie beispielsweise in Großbritannien oder auch in Österreich. Denken Sie nur an die dramatischen Künste: Ein Engländer wird einen Komiker oder einen Humoristen genauso hoch achten wie einen Tragöden. Ganz anders die Deutschen: Fragen Sie mal einen Theaterbesucher in Hamburg oder Oldenburg, was ihm wichtiger ist, die Komödie oder die Tragödie. Was wird er sagen? Die Tragödie.
Kaindlstorfer Warum ist das so?
Loriot Ich weiß es nicht. Das lässt sich im Grunde schon in der Weimarer Klassik beobachten: Schiller war ein durch und durch humorloser Mann, im Gegensatz zu Goethe, der Komisches durchaus zu schätzen wusste. Ich würde sagen: Im Prinzip haben die Deutschen durchaus einen gewissen Humor - nur rangiert er in ihrer Werteskala nicht an oberster Stelle.
Kaindlstorfer In Städten wie München oder Berlin gibt es doch reiche humoristische Traditionen: Karl Valentin oder Kurt Tucholsky.
Loriot Da erwähnen Sie zwei große Könner. Es ist kein Zufall, dass beide, Tucholsky wie Valentin, in einer Großstadt gelebt und gearbeitet haben. Die Bürger verschiedener Großstädte, und seien sie von ihrer Mentalität her noch so unterschiedlich, haben in der Regel mehr Gemeinsamkeiten als ein Großstädter und, sagen wir, ein Mensch vom flachen Land. Die Berliner Schnoddrigkeit etwa, die findet man in leichten Abstufungen auch in anderen Großstädten, in Wien beispielsweise. Ein Wiener Taxifahrer und ein Taxifahrer aus Berlin haben von ihrer Mentalität her frappierende Ähnlichkeiten. Wobei man eines sagen muss: Die berühmte Schnoddrigkeit der Berliner, die den Menschen in Bayern oder Baden-Württemberg so sehr auf die Nerven geht, diese Schnoddrigkeit ist natürlich in erster Linie eine Erfindung der Operette. In Wirklichkeit sind die Berliner ziemlich langsam. Sie denken schnell, das mag sein, aber sie reden langsam und bedächtig. Man sollte den Operettenklischees da nicht blindlings vertrauen.
Kaindlstorfer Was ist Ihre Definition von Komik?
Loriot Zur Komik gehört eine gewisse Fallhöhe. Wenn jemand eine Sache ernst anlegt und sie misslingt, dann entsteht Komik.
Kaindlstorfer Die berühmte Brandrede über die deutsche Nudel, die eine Ihrer Figuren im Parlament hält.
Loriot Ja, wenn jemand vor dem Deutschen Bundestag über die qualitative Überlegenheit der deutschen Breitbandnudel spricht, dann wirkt das komisch. Oder, banaler, wenn ein Staatspräsident mit feierlicher Miene über den roten Teppich schreitet und dabei ausgleitet - dann lachen wir. Wir können gar nicht anders.
Kaindlstorfer Ist der Beruf des Komikers eigentlich anstrengend?
Loriot O doch, und wie! Das Herstellen von Komik ist harte Arbeit, eine Schufterei. Ein Film wie Pappa ante portas funktioniert nur, wenn alle Kleinigkeiten stimmen. Die Kollegen vom tragischen Fach haben es da
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