Bitte sagen Sie jetzt nichts
wollen?
Loriot Sie meinen diese zeitgemäße, weit verbreitete Morgenmelancholie? Die ist nach zehn Minuten vorbei.
Sperr/Weiler Denken Sie dann über den Tod nach?
Loriot Na, das ist vielleicht ein heiteres Interview!
Sperr/Weiler Sie kommen aus einer großen Familie. Hilft das?
Loriot Wie man's nimmt. Zwölf meiner Altvorderen hängen bei mir an der Wand und lassen mich nicht aus den Augen.
Sperr/Weiler Haben Sie Angst vor dem Tod?
Loriot Die Vorstellung einer längeren Krankheit will mir nicht gefallen ...
Sperr/Weiler Was empfinden Sie dabei, dass in sämtlichen Redaktionen Deutschlands Ihr Nachruf in der Schublade liegt?
Loriot Sosehr ich auch in mich hineinlausche: Ich empfinde nichts.
Sperr/Weiler Was kommt nach dem Tod?
Loriot Der Himmel, hoffe ich. Ich habe mir meinen Kinderglauben an den lieben Gott bewahrt.
Sperr/Weiler Wissen Sie, was auf Ihrem Grabstein stehen soll?
Loriot Zweckmäßig wäre es, wenn der Name daraufstünde.
Sperr/Weiler Haben Sie den Eindruck, sich mit dem Alter zu verändern?
Loriot Man glaubt, die offensichtlich unveränderte innere Jugendlichkeit sei auch äußerlich noch erkennbar. Irrtum!
Sperr/Weiler Sind Sie besorgt um Ihre Gesundheit?
Loriot Natürlich. Wegen meiner gelegentlichen Auftritte. Es ist unerfreulich, wenn das Publikum den Atem anhält vor Angst, der greise Künstler könne auf der Bühne stolpern oder in Ohnmacht fallen.
Sperr/Weiler Tun Sie etwas dagegen?
Loriot Vor einiger Zeit ging ich einmal zu einem Check-up ins Krankenhaus. Ich meldete mich unter einem falschen Namen an, damit die Presse mir nicht auf die Pelle rückt. Ich lag mit einem alten Mann im Zimmer, der beharrlich schwieg. Nach drei Tagen sagte er: »Wissen Sie, wie Sie aussehen?« Und ich: »Wie denn?« Er: »Wie der Dings aus dem Fernsehen.« - »Wer?« -»Na, der Fuchsberger.«
Sperr/Weiler Halten Sie sich fit, treiben Sie Sport?
Loriot Ich sage mir Hamlet -Monologe auf, die ich noch aus der Schulzeit kann. Aber das wollten Sie wohl nicht hören. Ich glaube, dass mir das Leben weniger gefiele, wenn ich es durch tägliches, stundenlanges Training zu verlängern trachtete. Allerdings ist diese Methode nur mit Vorsicht weiterzuempfehlen.
Sperr/Weiler Sind Sie altersmilde oder altersstreng?
Loriot Sie meinen altersstarr? Dieser Starrsinn ist nicht nur negativ. Für einen alten Mann gibt es keinen Grund, mit der eigenen Meinung hinter dem Berg zu halten. Das wirkt vielleicht manchmal unbeweglich, ist aber ein Zeichen von Freiheit. Auch die Vorliebe für feste Rituale macht zwar den Eindruck von Starrheit, aber damit kann ich leben.
Sperr/Weiler Kann man sich bei Ihnen gar nicht vorstellen.
Loriot Doch. Ich beharre darauf, Günther Jauch und Wer wird Millionär ? zu sehen.
Sperr/Weiler Wie weit kommen Sie denn da?
Loriot Die Leiter meines Erfolges ist beschämend kurz. Manchmal fliege ich nach der 500-Euro-Frage raus, weil ich den Namen einer Popgruppe nicht weiß. Weiter oben wird es für mich dann leichter.
Sperr/Weiler Und was ist mit der Altersmilde?
Loriot Ich habe eine ziemliche Schafsgeduld.
Sperr/Weiler Bereuen Sie etwas?
Loriot Leider weiß ich, dass ich nun nicht mehr gutmachen kann, was ich bereue.
Sperr/Weiler Zum Beispiel?
Loriot Mir wäre lieb, wenn ich am Ende unseres Gespräches noch Geheimnisse hätte.
Sperr/Weiler Würden Sie gern noch etwas ganz Außergewöhnliches tun? In den Weltraum fliegen und die Erde von oben ansehen oder so etwas?
Loriot Nicht geschenkt.
Sperr/Weiler Haben Sie einmal die Befürchtung gehabt zu scheitern?
Loriot O ja - 1979, kurz bevor ich für einen Sketch die Berliner Philharmoniker dirigierte.
Sperr/Weiler Für einen Musikliebhaber muss das ein Traum sein.
Loriot Das war es. Aber auch ein Albtraum.
Sperr/Weiler Warum?
Loriot Da sitzen ja nicht irgendwelche Leute, sondern 120 Spitzenprofis. Und es ist ein Unterschied, ob Sie zu Hause im Wohnzimmer eine cd dirigieren oder im Konzertsaal die Berliner Philharmoniker. Ich ging also zur Probe und merkte unterwegs, wie ich beklommener und beklommener wurde. Ich zog mich aufs Pult und dachte, du bist vollkommen verrückt, dich in so eine Situation zu bringen.
Sperr/Weiler Und wie war es dann?
Loriot Ich war zutiefst überrascht, als auf mein Zeichen tatsächlich Beethoven zu hören war.
Sperr/Weiler Was fasziniert Sie so an Richard Wagner?
Loriot Das ist schwer zu beschreiben. Ich war etwa Mitte dreißig, als mich der Tristan- akkord traf wie ein elektrischer Schlag. Er
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