Bitte Zweimal Wolke 7
muss zugeben, dass die kurzen Jeans und das frech geknotete Oberteil wirklich nicht schlecht sind. Es ist ja nicht so, dass ich nicht gerne hübsche Sachen anziehe. Nur sind die meisten Klamotten einfach nicht für mich gemacht. Das finde ich jedenfalls. Mein Busen zum Beispiel. Ohne BH geht da gar nichts. Und damit fallen für mich ärmellose Tops oder diese Dinger mit den Spaghettiträgern einfach weg, weil es bescheuert aussieht, wenn der BH darunter hervorblitzt. Wie oft habe ich Sophia um ihren nicht vorhandenen Busen beneidet. Sie kann einfach alles tragen. Sie ist so dünn, sie könnte sich in den Wohnzimmerteppich ihrer Eltern einrollen und würde darin schlank wirken.
»Jetzt ein wenig Lipgloss und ein bisschen Puder fürs Dekolleté und alles ist perfekt.« Kim reicht mir das Lipgloss und taucht den Puderpinsel in eine Dose mit der Aufschrift
Sommerstaub
. Ich bürste meine Locken noch einmal richtig auf. Meine Haare sind das Einzige, worauf ich wirklich stolz bin.
»Jetzt siehst du aus wie eine echte Piratenbraut. Oder wie eine Nixe.« Kim schaut über meine Schulter mein Spiegelbildan. »Wenn Stefan jetzt nicht anbeißt, dann ist ihm echt nicht zu helfen.«
Stefan. Fast habe ich vergessen, für wen wir diesen Aufwand betreiben. Der Gedanke an Stefan macht aus meinen Knien wieder Wackelpudding und vorsichtshalber lasse ich mich aufs Bett sinken.
Kim schiebt schnell die offene Tüte mit den Gummibärchen zur Seite, bevor ich noch ihre kostbaren Orakeltierchen platt sitze.
Als ich zugreifen will, hält sie meine Hand fest.
»Wenn du willst, dass Stefan heute Abend schon schwach wird, solltest du nur die roten essen.«
Ich nehme mir ganz gezielt ein paar rote Bärchen aus der Tüte. Ich glaube nicht wirklich an die Kräfte dieser Gummitiere. Aber ich will mein Schicksal auch nicht herausfordern.
Als wir uns am Abend der Party am Elbstrand nähern, ist es noch hell und sommerlich warm. Die Mitglieder der
Green Fighters
sitzen oder stehen in kleinen Grüppchen zusammen, vereinzelt haben sie Flaschen in der Hand und weiter hinten brennt ein kleines Lagerfeuer. Von irgendwo klingt Musik zu uns herüber. Der Geruch nach gegrillten Würstchen und Sonnencreme hängt in der Luft.
Kim nimmt meine Hand und zieht mich mit sich. Sie wird von allen Seiten mit lautem Hallo begrüßt.
Und dann steht er vor uns. Sofort schlägt mein Herz bis zum Hals. Stefan. Lässig lehnt er an seinem Roller und alleinvon seinem Anblick bekomme ich weiche Knie. Er trägt eine schwarz-grau karierte Bermudashorts und dazu ein supercooles schwarzes T-Shirt mit einem stilisierten Hai als Aufdruck. Selbst unter dem T-Shirt kann man sehen, wie durchtrainiert sein Körper ist. Da ist mit Sicherheit kein Gramm Fett zu viel. Seine Arme und Beine sind braun gebrannt, sodass die hellen Härchen auf seiner Haut golden schimmern. Um die Handgelenke hat er Lederbänder gewickelt. Seine blonden Locken kringeln sich wild über seinen Schultern und um den Hals trägt er ebenfalls ein Lederband mit einem Haifischzahn. Die Ärmel seines T-Shirts hat er aufgerollt. Mein Blick bleibt auf Stefans Oberarmen hängen. Der Kerl sieht exakt so gut aus, wie ich ihn in Erinnerung habe. Zu gut, denke ich plötzlich. Viel zu gut für mich.
»Hi, Stefan!«, ruft Kim. »Schau mal, wen ich mitgebracht habe!«
»Äh – hi, Kim!« Stefan winkt ihr zu, dann bleibt sein Blick an mir hängen, um gleich darauf wieder zu Kim zu wechseln.
»Hast du auch was zum Trinken dabei?«
Wo ist das Loch im Erdboden, in das ich kriechen kann? Stefan hat ganz offensichtlich nicht nur keinen blassen Schimmer, wer ich bin, es ist ihm auch vollkommen egal. Hektisch zupfe ich an Kim. Ich will weg von hier. Denn plötzlich habe ich das Gefühl, dass jeder auf meiner Stirn lesen kann:
Ich will Sex mit Stefan!
Mit einer Hand ziehe ich weiter an Kim, mit der anderen versuche ich, sämtliche Knöpfe meines Hemds zu schließen.Aber Kim lässt sich nicht beirren. »Stefan, du kennst doch Karo noch, oder?«
»Karo? Karo? Klar, ich erinnere mich. Du warst im letzten Sommer auch schon hier. Du hast deinen Vater besucht, richtig?«
Ich strahle ihn an. Er weiß, wer ich bin. Auch wenn ich etwas enttäuscht bin, dass er mit keinem Wort die Wal-Rettungsaktion erwähnt, die ich von zu Hause aus mitbetreut habe. Da ein Teil meiner Mails damals direkt an Stefan ging, müsste er das eigentlich wissen.
Trotzdem: Dass er sich jetzt an mich erinnert, ist wenigstens ein Anfang.
Stefan wendet sich
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