Bitte Zweimal Wolke 7
vielleicht mal vorstellen?«
»Ich? Nein, ganz bestimmt nicht. Ich habe nur an dich gedacht. Schließlich kann es nie schaden, einen Reservespieler zu haben.«
»Reservespieler? Harry Potter in meinem Zelt? Never.«
»Na ja. Schätzungsweise eine Million Mädchen würde alles darum geben.«
Ich kann mir vorstellen, dass Kim gerade über beide Ohren grinst.
»Okay. Ich schenke ihn dir. Können wir jetzt das Thema wechseln? Wann sehen wir uns wieder? Was machen wir heute Abend?«
»Die anderen wollen zum Dom gehen. Hast du Lust?«
»Dom? Ja klasse!« Was für eine Frage. Der Dom ist das größte Volksfest des Nordens, das dreimal jährlich mitten in Hamburg auf dem Heiliggeistfeld stattfindet. Es gibt den Winter-, den Frühlings- und eben auch den Sommerdom. Mit Riesenrad, Zuckerwatte und allem Drum und Dran. Ich sehe mich schon neben Stefan in der Geisterbahn sitzen und mich ängstlich an ihn kuscheln. Er legt seinen Arm um meine Schultern und ich fühle mich sicher und geborgen. Oder er kauft mir ein Lebkuchenherz und schießt mir eine rote Plastikrose, die er mir mit den Worten überreicht: »Für die Frau meiner Träume.«
»Karo, bist du noch dran?«
Ups. »Ja klar. Wann und wo treffen wir uns?« Nachdem auch das geklärt ist, habe ich es plötzlich sehr eilig. Schließlich bleiben mir zum Fertigmachen nur noch knappe zwei Stunden. Das mag reichen, um sich für einen normalen Schulvormittag zu stylen. Aber wenn es darum geht, sich mit Mister Traummann zu treffen, dann ist ein kleines bisschen mehr Aufwand durchaus gerechtfertigt. Finde ich. Ich durchforste meinen Kleiderschrank nach einem passenden Outfit. Einfach ist das nicht.
Ich sollte mich wirklich langsam mal mit Kim um ein paar anständige Klamotten kümmern. Komisch. Zu Hause warmir mein Jeans- und T-Shirt-Schlabberlook meistens gut genug. Klar, für eine Party gebe ich mir auch mal ein bisschen mehr Mühe, aber meistens wird dann nur das T-Shirt gegen ein Top gewechselt.
Mit iPod und Pflegespülung bewaffnet, entere ich das Badezimmer. Nicht, dass es nach dem Tauchkurs zwingend nötig wäre zu duschen, aber ein bisschen Körperpflege kann ja nie schaden.
Ich komme gerade mit einem Handtuch um den Kopf aus dem Bad, als Anna nach mir ruft.
»Karo, könntest du mir eben schnell helfen, die Platten runterzutragen? Ich bin schon so spät dran!«
Klar. So frisch geduscht kann ich mir nichts Besseres vorstellen. Bevor ich meinen Mund auf- und meinen Bademantel zumachen kann, balanciert Anna schon zwei große Platten mit gefüllten Eiern an mir vorbei Richtung Haustür.
»Nimm du am besten die Tomaten, aber sei bitte vorsichtig, dass sie nicht umkippen.« Sie nickt mit dem Kopf in Richtung Küche. Dass ich halbnackt mit offenem Bademantel und einem Handtuch um den Kopf vor ihr stehe, scheint sie gar nicht zu registrieren.
Ich füge mich meinem Schicksal, knote den Gürtel meines Bademantels, so fest es geht, zu und schnappe mir die Fliegenpilztomaten. Langsam, Stufe für Stufe, trage ich sie nach unten, wo Anna mich schon an der offenen Heckklappe ihres Busses erwartet.
»Was sehe ich da, meine Mädels tragen das ganze Essen aus dem Haus, da muss ich heute wohl auswärts speisen!«
Papa biegt fröhlich um die Ecke und gibt Anna einen Kuss auf den Mund.
»Hallo, Karo, gehst du heute als Scheich?« Papa grinst und zeigt auf meinen Handtuchturban. Mir hat er keinen Kuss gegeben.
Anna sprintet wieder los, um die restlichen Platten zu holen.
»Ich geh dann auch mal wieder hoch.« Mit diesen Worten drehe ich mich um.
»Warte mal.« Papa hält mich am Ärmel fest. »Ich dachte, damit wir, also damit Anna und du …« Jetzt fängt er schon wieder an zu stottern. Ich versuche, mir meine Ungeduld nicht anmerken zu lassen. »Also ich hatte mir überlegt, wenn Anna ihre Platten weggebracht hat und wieder da ist, dann könnten wir doch, also wir alle zusammen, dann könnten wir doch zusammen auf den Dom gehen. Wir könnten dort zu Abend essen und natürlich auch Zuckerwatte und Schokobananen und du und Anna, ihr könntet euch ein bisschen kennenlernen und …«
»Ich bin schon verabredet. Auf dem Dom. Mit den
Green Fighters
.« Und deine Anna will ich gar nicht kennenlernen, füge ich in Gedanken hinzu. Ich sehe die Enttäuschung in Papas Augen und gucke weg. Ich will nicht als fünftes Rad am Wagen neben Papa und Anna über den Dom schlendern. Ich will nicht zugucken, wie sie Händchen halten oder wiePapa für Anna ein Lebkuchenherz kauft. Ich will
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