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Bitter Love

Bitter Love

Titel: Bitter Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Brown
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streicheln. »Ach, Schatz, bestimmt werden sie   – habt ihr euch gestritten?   – das wird wieder   – Zack und dieser Junge, die kommen einfach nicht   – ach, meine Kleine, ich würde dir doch so gerne helfen.«
    Plötzlich wirkte sie auf eine Art mütterlich, mit der ich absolut nichts zu tun haben wollte. Du bist doch schuld, wütete ich innerlich. Wenn ich nicht all die Jahre immer das Gefühl gehabt hätte, dass es so verdammt gut ist, eine Mutter zu haben, hätte ich sie nicht so vermisst. Vielleicht wäre ich dann genauso hart geworden wie Celia und Shannin und nie in diesen ganzen Mist hineingeraten. Ich wich ihrer Berührung aus.
    »Das geht aber nicht«, sagte ich und lief durch die kühle Abenddämmerung zurück nach Hause und hoch in mein Zimmer, wo ich mir vorspielen konnte, alles hätte doch irgendwie seine Richtigkeit.

Kapitel 37
    Als kleines Mädchen hatte ich mir andauernd die Fotos von Mom und Dad angeschaut. Nachdem ich sie aus dem Müll gerettet hatte, versteckte ich sie in einer Schuhschachtel unter meinem Bett, und immer, wenn ich traurig war oder mich einsam fühlte, hatte ich die Fotos herausgeholt und sie so lange angestarrt, bis ich jedes noch so kleine Detail verinnerlicht hatte.
    Ich erzählte mir Geschichten über sie. Sprach in ihnen mit Mom. Sagte ihr, dass sie schön war. Malte mir aus, wie das nächste Bild ausgesehen hätte, wenn der Fotograf noch eine Aufnahme gemacht hätte und dann gleich noch eine. Auf diese Art wurden die Bilder lebendig für mich, fast wie im Film.
    Ich hatte meine Lieblingsbilder   – das, auf dem die beiden mit überkreuzten Beinen und sich berührenden Knien vor einem Baum saßen und nur als Silhouette zu sehen waren; das, auf dem Moms Freundinnen ihre Arme in entgegengesetzte Richtungen zogen und sie so strahlend lächelte; und all die Fotos, auf denen Dad seine Liebe zu ihr ins Gesicht geschrieben stand. Eine Liebe, die ihn verzehrte.
    Manchmal kniete ich neben meinem Bett und legte die Fotos alle so aneinander, dass die Reihenfolge stimmte, zumindest in meiner Vorstellung. Erst das mit den beidenauf den Betonstufen, auf dem Dad dieses kitschige Hawaiihemd trug. Bis hin zu dem, auf dem sie Achterbahn fahren und Mom so leidend guckt, als müsste sie sich gleich übergeben.
    Ich wollte eine perfekte Ordnung herstellen. Hielt das Hochzeitsbild in der Hand   – warum gab es eigentlich nur ein einziges?   – und suchte den Platz, auf den es gehörte. Es kam mir vor, als könnte ich noch mehr Fotos herbeizaubern, wenn ich nur die passende Reihenfolge fand: Fotos von Dingen, die sich nie hatten ereignen können, weil Mom nicht mehr da war. Weihnachtsfeste und Geburtstage und Hochzeiten und Geburten. Oder vielleicht, ach, keine Ahnung   … einfach irgendwas. Irgendwas, das zeigte, wie wichtig ihr dieses gemeinsame Leben gewesen war. Nicht nur das, was in Colorado auf Mom gewartet haben mochte, sondern ihr Leben hier.
    Mit mir.
    Mein Leben.
    Was hätte ich gegeben für ein einziges Foto, auf dem Mom mich in den Armen hielt oder neben mir stand oder mit mir spielte und dabei glücklich aussah.
    Nach dem Streit mit Bethany und Zack schloss ich meine Zimmertür und kniete mich neben das Bett. Ich wühlte hinter Büchern und alten Farbkästen aus der Grundschule herum, bis meine Hände die vertraute Schachtel ertasteten. Ich zog sie heraus und setzte mich aufs Bett, mit der Schachtel auf dem Schoß.
    Es war so lange her. Würden ihre Gesichter für mich immer noch genauso aussehen wie damals? Oder würde ich, wenn ich den Karton aufmachte, nur feststellen,dass Mom niemals glücklich gewirkt hatte? Sondern immer nur so, als säße sie gegen ihren Willen in einer Achterbahn und wünschte sich nichts sehnlicher, als auszusteigen.
    Zögernd nahm ich den Deckel ab. Mein Atem stockte. Da waren sie. Genau wie in meiner Erinnerung. Schau. Mom lächelt. Schau. Sie haben Händchen gehalten. Schau. Sie waren glücklich gewesen, und erst als nach und nach Shannin, Celia und ich auftauchten, bekam Mom diesen abwesenden Blick. Erst als wir auf die Welt kamen, begann sie von Colorado zu träumen.
    Mit zitternden Händen zog ich ein Foto hervor. Ich erinnerte mich daran, natürlich erinnerte ich mich. Mom stand am Straßenrand, eine Bauchtasche um die Hüften. Sie grinste albern und hielt sich eine Blume so über den Kopf, dass es aussah, als würde sie dort herauswachsen. Ich wusste noch alle möglichen Details über dieses Foto. Aber was mir früher nie

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