Bitter Süsse Tode
umzubringen, will ich, dass ein anderer die Sache verfolgt.«
Eine Weile war er still. Dann sagte er: »Erzähl mir von Nikolaos.«
Ich zuckte die Achseln. »Sie ist ein sadistisches Monster, und sie ist über tausend Jahre alt.«
»Ich freue mich darauf, sie kennen zu lernen.«
»Keine gute Idee«, sagte ich.
»Wir haben schon vorher Meistervampire getötet, Anita. Das ist nur einer mehr.«
»Nein. Nikolaos ist mindestens tausend Jahre alt. Ich glaube nicht, dass ich in meinem Leben schon einmal so große Angst vor jemandem hatte.«
Er schwieg mit undurchdringlicher Miene.
»Was denkst du?«, fragte ich.
»Dass ich Herausforderungen schätze.« Dann lächelte er, ein schönes, immer breiter werdendes Lächeln. Scheiße. Der Tod hatte sein größtes Ziel entdeckt. Den dicksten Fang von allen. Er fürchtete sie nicht, aber das hätte er besser tun sollen.
Um halb zwei morgens haben nicht viele Lokale geöffnet, aber Denny's schon. Es hatte eine gewisse Komik, sich bei Denny's mit Werratten zu Kaffee und Doughnuts zu treffen. Hätten wir uns nicht in einer finsteren Gasse verabreden sollen? Ich beklage mich nicht, wohlgemerkt. Ich fand es einfach irgendwie... drollig.
Edward ging als Erster hinein, um zu prüfen, ob das nicht eine neuerliche Falle war. Wenn er sich an einen Tisch setzte, waren wir sicher. Wenn er wieder herauskäme, waren wir nicht sicher. Ganz einfach. Bisher kannte noch niemand sein Gesicht. Solange er nicht mit mir gesehen wurde, konnte er überall hingehen und niemand würde versuchen, ihn umzubringen. Toll. Langsam kam ich mir vor wie Typhus-Mary.
Edward setzte sich an einen Tisch. Also sicher. Ich begab mich in das helle Licht und die besondere Behaglichkeit dieser Kette. Die Kellnerin hatte ihre dunklen Ringe unter den Augen ungeschickt mit Make-up abgedeckt, wodurch sie irgendwie rötlich aussahen. Ich schaute an ihr vorbei. Ein Mann winkte mir. Eine Hand erhoben, die Finger gekrümmt, als riefe er die Bedienung oder sonst eine servile Person.
»Ich sehe meine Verabredung. Danke jedenfalls«, sagte ich.
Das Restaurant war montags in den frühen Morgenstunden, also eigentlich dienstags, meistens leer. An dem Tisch vor dem einzelnen Mann saßen zwei Männer. Sie sahen ganz normal aus, aber sie strahlten eine im Zaum gehaltene Kraft aus, die rings um sie in der Luft zu sprühen schien. Lykanthropen. Ich hätte mein Leben darauf verwettet, und vielleicht tat ich das in Wirklichkeit schon.
Dann saß noch ein Pärchen schräg gegenüber von ihnen. Jede Wette, dass sie ebenfalls Lykanthropen waren.
Edward hatte einen Tisch in ihrer Nähe ausgesucht, aber nicht zu nah. Er hatte Erfahrung mit Lykanthropen; er wusste, worauf man achten musste.
Als ich an dem Tisch vorbeiging, blickte einer der Männer zu mir auf. Tiefbraune Augen sahen mich eindringlich an. Sein Gesicht war eckig, sein Körper schmal, er war klein, und an seinen Armen spielten die Muskeln, als er die Hände unter dem Kinn faltete und mir in die Augen sah. Ich starrte zurück; dann war ich vorbei und unterwegs zu der Nische, wo der Rattenkönig saß.
Er war groß, mindestens einsachtzig, hatte dunkelbraune Haut, dickes, kurz geschnittenes Haar und braune Augen. Sein Gesicht war hager und arrogant, die Lippen fast zu weich für den überheblichen Blick, mit dem er mich bedachte. Er war auf eine finstere Art schön, wirkte mexikanisch, und sein Misstrauen kribbelte in der Luft wie ein Gewitter.
Ich schob mich sacht in die Nische. Ich bemühte mich, ruhig zu atmen, und sah ihn über den Tisch hinweg an.
»Ich habe Ihre Nachricht erhalten. Was wollen Sie?« Seine Stimme war weich, aber dunkel, und er hatte einen leichten Akzent.
»Ich möchte, dass Sie mich und noch jemanden in die Tunnel unter dem Zirkus der Verdammten führen.«
Sein Blick wurde noch finsterer und sorgte für ein paar schwache Falten zwischen den Augenbrauen. »Warum sollte ich das für Sie tun?«
»Wollen Sie, dass Ihr Volk von der Macht des Meisters befreit wird?«
Er nickte, blickte aber weiterhin finster.
Sein Herz flog mir förmlich zu. »Führen Sie uns durch die Kerkergänge, und ich werde dafür sorgen.«
Er legte die Hände aneinander. »Wie kann ich Ihnen trauen?«
»Ich bin kein Kopfgeldjäger. Ich habe noch nie einem Lykanthropen etwas getan.«
»Wir können nicht an Ihrer Seite kämpfen, wenn Sie sich ihr widersetzen. Selbst ich kann sie nicht besiegen. Sie ruft mich. Ich gehe nicht darauf ein, aber ich spüre sie. Ich kann die
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