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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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mich.
    »Ja, nun, die Umstände sind ein bißchen schwierig …« Das war eine typisch japanische Ausrede. In der Originalsprache funktionierte sie immer prima, doch auf englisch klang sie ziemlich fadenscheinig.
    »Ich muß mit Ihnen reden«, sagte Lila. »Nicht über Antiquitäten, sondern über die Kayama-Schule.«
    Warum wollte sie mit mir reden und nicht mit Lieutenant Hata? Lila hatte gesehen, wie Tante Norie in Gegenwart der Polizei weinend zusammengebrochen war. Vielleicht hatte Lila Angst, daß es für eine Ausländerin wie sie noch schlimmer wäre.
    »Na schön«, sagte ich, weil ich langsam Mitleid mit ihr bekam. »Können wir uns irgendwo anders als in Ihrer Wohnung treffen?«
    »Tja, ich kann hier nicht weg. Ich habe drei kleine Kinder, und das Kindermädchen kommt erst um elf. Dann habe ich einen Aerobic-Kurs, und hinterher muß ich zu einem Lunch vom Frauenclub. Nach elf bin ich komplett ausgebucht.« Lila klang verzweifelt. Also gab ich nach.

    »Sie haben sich ganz schön verändert, Miss Shimura!« begrüßte mich Mr. Oi, der Portier von Roppongi Hills, mit erstauntem Gesichtsausdruck, als ich das sonnendurchflutete Marmor-Glas-Foyer betrat.
    »Das macht die Frisur«, sagte ich mit düsterer Miene. Früher waren meine Haare modisch kurz gewesen, doch jetzt ließ ich sie mir wachsen. Die Spitzen reichten inzwischen schon über meine Ohren, aber bis die Stufen herausgewachsen waren, würde wahrscheinlich noch ein Jahr vergehen. Bis dahin verwendete ich Gel und Spangen und kämmte einfach alles hinter die Ohren. Richard Randall war der Meinung, daß ich derzeit wie eine Isabella Rossellini für Arme aussah, doch das nahm ich ihm nicht ab.
    »Nein, es sind nicht die Haare, sondern die Augen. Sie sehen müde, fast ein bißchen traurig, aus.«
    Ich hatte allen Grund, traurig zu sein, wollte aber dem Portier nichts von dem Mord in der nur sechs Häuserblocks entfernten Kayama-Schule erzählen. Nein, das konnte er auch durchs Fernsehen oder aus einer Boulevardzeitung erfahren.
    »Ich bin hier, um Lila Braithwaite zu besuchen«, sagte ich. »Wohnung sechs-null-zwei.«
    »Erwartet sie Sie? Gehen Sie ruhig hinauf. Ich vertraue Ihnen.« Er seufzte. »Hat Mr. Glendinning vor, nach Tokio zurückzukommen?«
    »Nein«, sagte ich mit tonloser Stimme. Erst jetzt wurde mir klar, daß Mr. Oi glaubte, ich sei Hughs wegen traurig. Der Tod einer Bekannten ist schlimmer als das Verschwinden eines Exfreunds, aber darüber wollte ich mich nicht näher auslassen. Also verabschiedete ich mich und fuhr in den sechsten Stock.
    Die Tür zu Lilas Wohnung war im Gegensatz zu den anderen mit ein paar Kinderzeichnungen geschmückt. Ich klopfte ganz vorsichtig, um die angeklebten Bilder nicht durcheinanderzubringen, und kurz darauf öffnete Lila die Tür. Sie hatte sich schon für ihren Aerobic-Kurs umgezogen und trug türkisfarbene Leggings und ein T-Shirt mit dem Aufdruck »Tokyo American Club«. Ein etwa dreijähriges Mädchen klammerte sich an ihren schmalen Oberschenkel. Ich hörte Doraemon, ein Zeichentrick-Katzenvideo, aus dem Zimmer nebenan, aus der anderen Richtung kreischten zwei Kinder.
    »Wie begrüßt man jemanden auf japanisch?« fragte Lila mit müder Stimme. »Irrashai? Das Kindermädchen ist noch nicht da; ich muß Sie bitten, das Durcheinander zu entschuldigen.«
    »Mami, ich will Crackers«, sagte ihre Tochter, und während Lila verschwand, um ihr welche zu holen, sah ich mich kurz in der Wohnung um. Sie war ganz ähnlich geschnitten wie die, in der ich selbst gelebt hatte, strahlte aber eine völlig andere Atmosphäre aus. Eine ganze Armee von Plastikdinosauriern lag auf dem chinesischen Teppich verstreut, und Plastiktassen und bunte Schüsseln standen um ein Arrangement aus Kirschblütenzweigen auf dem glänzenden Teetisch. In der Eßnische stand eine hübsche tansu -Kommode, die zum Schutz mit einer Plastikplane bedeckt war. Hugh hatte mich heiraten wollen und sich Kinder gewünscht. Die Erinnerung daran versetzte mir einen kleinen Stich ins Herz.
    Lila steckte ihrer Tochter einen Cracker in den Mund und trug sie in den Raum, aus dem der Fernseher plärrte. Dann schloß sie die Tür hinter der Kleinen und kam zu mir zurück.
    »Hier ist das Chaos zu groß. Gehen wir in die Küche.«
    Ich wischte ein paar Frühstücksflocken von einem Stuhl und setzte mich an einen Holztisch mit einem Krug voll weißer und rosafarbener Rosen. Wahrscheinlich stammten sie von My Magic Forest, dem Kaufhaus, das lediglich zwei

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