Bittere Mandeln
Häuserblocks entfernt lag.
Lila machte zwei Tassen Tee in der Mikrowelle heiß. Dann gab sie ohne zu fragen Milch in beide, aber um den Zucker mußte ich sie bitten. Sie löffelte ihn selbst hinein, als sei ich eins ihrer Kinder. Währenddessen redete sie über Richard Randall und wie froh sie sei, daß er eine ordentliche Freundin habe, denn seine Eltern machten sich größte Sorgen um ihn, und sie selbst sei nicht in der Lage gewesen, ihm junge Frauen aus ihrem Fitneßkurs vorzustellen. Ich verdrehte die Augen ein wenig, kam aber zu dem Schluß, daß jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, ihr zu sagen, daß wir nichts miteinander hatten.
»Was ist mit den Kayamas?« Ich stellte die Tasse mit dem viel zu süßen Tee ab. »Über sie wollten Sie doch mit mir reden, oder?«
»Nun, ich habe mich gefragt …« Sonderlich angenehm schien ihr das Thema nicht zu sein. »Wieso kannten Sie einen der Polizisten schon?«
»Lieutenant Hata kennt viele Leute.« Dann fügte ich hinzu: »Letzten Sommer ist in Roppongi Hills eingebrochen worden.«
»Ein Einbruch in Roppongi Hills? Du lieber Himmel!« Sie schaute in Richtung der verschlossenen Tür zum Fernsehzimmer, als wolle sie sichergehen, daß ihren Kindern nichts zugestoßen war.
»So etwas kommt hier ausgesprochen selten vor«, versuchte ich sie zu beruhigen. »Hat Lieutenant Hata Sie gestern befragt? Sein Englisch ist gut, finden Sie nicht auch?«
»Ich fürchte, ich habe ihn nicht richtig verstanden und manches nicht korrekt erklärt. Ich glaube, ich habe einen falschen Eindruck hinterlassen.«
»Haben Sie ihm von der Auseinandersetzung erzählt, die Norie und Sakura im Kurs hatten?« fragte ich, denn diese Frage hatte mir Kopfzerbrechen bereitet.
»Nein. Er wollte nur wissen, wo wir uns an jenem Tag in der Schule aufgehalten haben, und ich habe ihm einen Ort angegeben, an dem ich überhaupt nicht gewesen bin. Vermutlich wird er die Wahrheit herausfinden, und das macht mir ein bißchen Angst.«
Während Lila redete, räumte sie saubere Gläser aus der Spülmaschine in einen Küchenschrank. Dabei rutschte ihr kurzes T-Shirt ein wenig nach oben, und ich sah ihren nackten Rücken, auf dem sich ein paar Kratzer befanden. Wahrscheinlich hatte sie sich die bei einer Rauferei mit den Kindern zugezogen. Mutter sein war keine leichte Aufgabe.
»Haben Sie keine Angst vor Lieutenant Hata. Er ist ein sehr angenehmer Mensch, und er ist jung wie wir, das heißt, nicht so förmlich wie die ältere Generation. Sie können ihm genau das sagen, was Sie mir eben erzählt haben.«
»Könnten Sie das nicht für mich tun?« Sie verzog ein wenig das Gesicht. »Sie sind in beiden Kulturen zuhause, und Ihre Tante Norie hat großen Einfluß in der Schule. Ach, übrigens, wir sollten die alten Teller nicht vergessen, die Sie zu verkaufen haben.«
Der Themenwechsel und das, was er implizierte, kam ziemlich abrupt. Natürlich wollte ich, daß jemand Mrs. Moritas unvollständiges Tellerset kaufte, aber zum Dank dafür würde ich dem Lieutenant keine Geschichten erzählen, die möglicherweise nicht stimmten. Kühl erklärte ich Lila: »Ich fürchte, ich habe bereits einen Käufer für die Teller. Und was den Einfluß meiner Tante angeht: Über das gestrige private Treffen der Kayama-Schülerinnen ist sie nicht informiert worden.«
Lila wandte den Blick ab. »Es war nicht unsere Idee, uns ohne sie zu treffen. Sie und Ihre Tante haben die Kayama-Schule gestern vorzeitig verlassen. Nachdem Sie weg waren, hat Sakura gesagt, wir sollten am folgenden Tag zusammenkommen, um den endgültigen Plan für die Blumenausstellung im Mitsutan zu besprechen. Wir sind davon ausgegangen, daß Mrs. Koda oder eine andere Angestellte der Schule Norie über die Einzelheiten informieren würde. Es wundert mich, daß das nicht geschehen ist.«
Das klang logisch, aber ich wartete lieber ab, was Lila mir noch mitzuteilen hatte.
»Ich habe dem Lieutenant gesagt, daß ich um vier Uhr in der Schule eingetroffen und zusammen mit meiner Freundin Nadine nach oben in den Unterrichtsraum gegangen bin. Sakura hat sich etwa eine halbe Stunde lang mit uns unterhalten, und dann haben ein paar von uns beschlossen, im Restaurant noch einen Tee zu trinken. Als wir dann nach Hause wollten und mit dem Aufzug nach unten gefahren sind, hat uns dort schon die Polizei erwartet.« Sie holte tief Luft. »Wahr ist aber, daß ich mich den anderen erst in den letzten fünf Minuten angeschlossen habe. Ich habe nach Mrs. Koda
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