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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Sender aufhalten würde. So etwas nannte
man dann Wochenende und Samstagabend, dachte er und
unterdrückte einen Seufzer. Stefan verspürte Hunger. Das
Pizzataxi konnte er vergessen, und wenn der Berg nicht zum
Propheten kam, musste der Prophet eben zum Berg gehen. Stefan war
für sein Abendessen also selbst verantwortlich.
    Er entschied sich
dafür, am Loher Grill Station zu machen und sich hier eine
Mahlzeit zu gönnen. Einen Parkplatz fand er direkt vor dem
Eingang der Imbissstube. Schon als Stefan ausstieg, roch er den
würzigen Duft der Speisen. In der Gaststube herrschte viel
Betrieb um diese Uhrzeit. Trotzdem erblickte Stefan einen freien
Platz und setzte sich. Es dauerte nur wenige Minuten, bis Takis,
der bärbeißige Inhaber des Grills, mit einem breiten
Grinsen an den Tisch trat und Stefan nach seinen Wünschen
fragte. Stefan bestellte ein Pils und einen
großen Gyrosteller. Natürlich waren auch die Pizzen hier
hervorragend, doch er kam sich immer verräterisch vor, wenn er
eine Pizza bei einem Griechen bestellte. Pizza aß man beim
Italiener, Döner beim Türken, und Gyros aß man beim
Griechen, da war er konservativ.
    An diese Regel hielt
er sich auch heute, als er in der Bild-Zeitung blätterte, die
neben ihm auf der Bank lag. Doch zum Lesen kam er nicht. Ein
Schatten, der sich neben dem Tisch aufbaute, nahm ihm das Licht.
Stefan ließ die Zeitung sinken und blickte auf. Vor ihm stand
ein fast zwei Meter großer Hüne Anfang dreißig. Er
hatte ein modisches T-Shirt und Jeans an. Kurze dunkle Haare und
ein Dreitagebart ließen ihn verwegen aussehen.
    »Ich glaub es
nicht«, sagte der Hüne. »Stefan Seiler, live und
in Farbe!« Unaufgefordert setzte er sich auf den freien Stuhl
und reichte Stefan die Hand. Der Händedruck war fest, eine
Spur zu fest, dachte Stefan, schwieg aber. Er wollte nicht als
Schwächling dastehen. Stefan hatte Zachi schon seit Ewigkeiten
nicht mehr gesehen und hätte ihn so, mit gestähltem
Körper und braun gebrannter Haut, kaum wiedererkannt.
Jörn Zacharias war ein Kollege. Er arbeitete beim
Schwestersender der Wupperwelle, bei Radio Berg-Land in
Solingen.
    »Zachi«,
rief Stefan erfreut. »Setz dich doch«, fügte er
dann grinsend hinzu, da Jörn dies bereits unaufgefordert getan
hatte. »Was treibst du denn in einer Pommesbude, bist du
nicht eher von der Salatfraktion?«
    Takis brachte das
Pils, fragte Zachi nach seinem Wunsch, er bestellte ein
Mineralwasser, der Wirt nickte stumm und verschwand wieder in
Richtung Küche.
    »Mit dem
Salatbuffet bin ich durch für heute, und mein nächstes
Mineralwasser ist bestellt«, lachte Zachi. Stefan wusste,
dass der Kollege ein Leistungssportler war und sich kompromisslos
gesund ernährte. Deshalb wirkte Zachi in der Imbissbude so wie
ein Banker im Kuhstall. »Wir hatten heute ein Treffen, das
hier stattfand«, erklärte Zachi
schließlich.
    »Was, die
Kollegen aus Solingen verschlägt es nach Wuppertal, um hier zu
tagen?« Stefan kicherte.
    »Nicht die
Kollegen vom Sender haben hier getagt - die Freunde vom
Drachenbootverein waren bis eben fast vollzählig hier.«
Zachi schüttelte den Kopf. Takis trat an den Tisch und brachte
ihm das große Mineralwasser. Am Glasrand klemmte eine
Zitronenscheibe. Als der Grieche verschwunden war, fuhr Zachi fort.
»Du müsstest doch wissen, dass ich die Jugendmannschaft
trainiere. Jeden Samstag auf dem Beyenburger
Stausee.«
    Stefan hakte sofort
nach. »Du trainierst auf dem Stausee?«
    »Ja, ich dachte,
das hat sich längst bis zu dir
herumgesprochen?«
    »Du weißt
doch, dass ich seit zwei, drei Jahren ein ausgesprochener
Sportmuffel bin«, erwiderte Stefan. »Ich komme einfach
zu nichts mehr. Der Job, Sonderschichten, eine Freundin, mit der
ich die knappe Freizeit verbringen möchte, und und
und.«
    »Seid ihr immer
noch ein Paar?«
    »Na klar. Ich
merke, die Gerüchteküche innerhalb der Lokalradios
funktioniert.«
    »Na ja
…« Zachi wiegte den Kopf und stierte in sein
Wasserglas. »Man hört eben so einiges auf den Seminaren.
Ist doch schön für euch.« Er legte eine Hand auf
Stefans Unterarm. »Hey, Kollege, ich freu mich für
euch.« Jetzt grinste er. »Und wann ist endlich
Hochzeit?«
    »Das will ich
auch mal wissen.« Stefan wurde ernst. Diese Frage kam
regelmäßig von seinen Bekannten, und er konnte sie schon
nicht mehr hören, zumal er die Antwort selber nicht kannte.
»Aber jetzt mal Butter bei die Fische. Du bist also
regelmäßig am Stausee?«
    »Ja«,
nickte Zachi. »Möchtest du

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