Bittere Pille
ersten Meter schweigend
zurück. »Feierabend?«, fragte er an der
nächsten roten Ampel.
Heike nickte.
»Eigentlich sogar Wochenende. Aber wenn etwas passiert, dann
haben wir im Radio keinen Feierabend.«
»Ich
weiß.« Die Ampel sprang auf Grün, und er fuhr an.
Am Alten Markt wendete er den Diesel. Sie fuhren über die B 7
zurück nach Elberfeld. »Ich kenne das auch
noch.«
Heike überlegte,
ob die Bemerkung des Taxifahrers nur so dahergeredet war. Mehr
zufällig blickte sie auf das Kärtchen am Armaturenbrett.
Karl-Heinz Weinberger, stand dort unter dem gelbschwarzen Taxilogo.
Der Name kam ihr bekannt vor. »Jetzt weiß ich, woher
ich Ihre Stimme kenne«, entfuhr es Heike. »Kalla, der
Kalla von Radio Taxidrive?«
Weinberger feixte.
»Wie haben Sie mich erkannt?«
»An der
Stimme.« Heike lachte. »Dann sind wir sozusagen
Kollegen.« Kalla hatte bis vor einem Jahr eine
Bürgerfunksendung mit dem sinnigen Namen »Radio
Taxidrive« moderiert, die monatlich über die Frequenz der
Wupperwelle ausgestrahlt worden war. Dabei hatte es sich um eine
Sendung für Taxifahrer, Taxifahrgäste und solche, die es
werden wollten, gehandelt. Aufgemischt mit bester Rockmusik gab es
Neuigkeiten aus der Szene. Die Sendung hatte Kultstatus genossen,
und erst nach dem Ende des Bürgerfunks war auch »Radio
Taxidrive« von der Bildfläche verschwunden.
»Wen fahr ich
denn da nach Hause?« Kalla legte fragend den Kopf
schräg.
»Heike
Göbel«, stellte Heike sich vor. »Ich war noch kurz
im Sender, um einen Beitrag zu sprechen. Im Beyenburger See ist
eine Leiche gefunden worden.«
Kalla nickte.
»Stimmt, hab ich ja eben von dir in den Nachrichten
gehört. Warst du das eben im Radio, hm. Ein echter Hammer ist
das. Da steckt doch hundertpro die Mafia hinter. Jetzt versenken
sie schon hier bei uns im Tal ihre Leichen, unfassbar!« Er
schüttelte den massigen Schädel.
Anscheinend
gedankenverloren betrachtete Kalla die Fahrbahn, die von der
wuchtigen Motorhaube des Mercedes geschluckt wurde. Auf der
Friedrich-Engels-Allee waren um diese Zeit nur Taxis und einige
Nachtschwärmer unterwegs. Schließlich sagte er:
»Wie ist er denn an das Ufer des Sees gekommen? Ich meine,
die Gegend dort ist ziemlich verlassen an einem Samstagabend. Und
die Busse fahren auch nicht oft.«
»Du meinst, er
hat ein Taxi genommen?«
Er kicherte
vergnügt, wobei sein voluminöser Bauch in Wallung geriet.
»Er wird kaum mit dem Fallschirm abgesprungen
sein.«
»Gibt es eine
Möglichkeit, da mal in eurer Zentrale
nachzufragen?«
»Grundsätzlich schon.
Wann soll das denn gewesen sein?«
»Schlecht zu
sagen. Die Kripo wartet auf die Obduktion. Ich denke mal, zwei,
vielleicht drei Tage sind seitdem vergangen.« Heike beschrieb
Kalla die Leiche.
»Das haben wir
gleich.« Kalla lenkte das Taxi auf Höhe des
Wicküler-Parks rechts auf den Parkstreifen. Rechterhand lagen
die Gebäude des Wuppertaler Amtgerichtes. Die
Fenster waren um diese Uhrzeit dunkel.
Als der Wagen stand,
löste Kalla den Gurt und zog das Handy aus der Halterung am
Armaturenbrett. Er wählte die Nummer der Taxizentrale. Das
Telefonat dauerte keine zwei Minuten. Das kurze Gespräch mit
der Kollegin in der Zentrale beendete er mit einem lachenden:
»Ich liebe dich auch, Schätzchen.« Als er das
Telefon in die Konsole steckte, grinste er breit. Kalla legte den
Gurt an, löste die Bremse, setzte den Blinker und ordnete sich
in den Verkehr ein, ohne ein einziges Wort zu sprechen. Nur ein
Lächeln lag auf seinen Lippen.
Links flogen jetzt das
stimmungsvoll angeleuchtete Schauspielhaus und die gläserne
Front des Kinos an ihnen vorüber, danach überspannte das
lindgrüne Gerüst der Schwebebahn die vierspurig
ausgebaute Straße. Um diese Zeit wurde das Gerüst von
unsichtbaren Leuchten illuminiert, die der Konstruktion ein
geheimnisvolles Aussehen verliehen.
»Und? Komm
schon, mach es nicht so spannend!«
»Wir haben
nichts miteinander.« Sein Grinsen wurde noch eine Spur
breiter.
»Wovon redest
du?«
»Na, von Erika.
Die nette Dame in unserer Zentrale. Wir tun nur so, aber wir haben
nichts miteinander.« Er hob zwei Finger zum Schwur.
»Indianerehrenwort!«
»Kalla! Ich will
wissen, wie unsere Leiche zum See gekommen ist!« Heike buffte
ihn lachend am Unterarm, der auf der Mittelkonsole des Mercedes
ruhte.
Er kicherte.
»Bingo. Es hat am Donnerstagabend eine Fahrt zum Ufer des
Beyenburger Stausees gegeben. Die Personenbeschreibung passt auf
den gesuchten Fahrgast. Der Kollege hat
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