Bitterer Chianti
Pistole auf Scudiere, der stumm neben ihm stand, «der kriegt seine allerletzte Chance, aber nur, weil ich ihn früher einmal mochte; verdient hat er es nicht. Er hat den Killer hergefahren!»
Frank sah auf die Schuhsohle des Predigers. Da war es, das Muster, der Balken mit dem Kreis, wie auf dem Foto. Er wandte sich von dem Prediger ab, der ohnmächtig geworden war, die Pistole noch immer auf Scudiere gerichtet. «Geh vor, Stefano! Wenn du Zicken machst, drücke ich ab, das schwöre ich dir, bei allen Heiligen der Toskana, von Florenz und Siena zusammen, und auch im Namen von Machiavelli. Ich habe das Buch aufmerksam gelesen. Die Menschen sind undankbar, wankelmütig , falsch , feige bei Gefahr und gewinnsüchtig , das hat er geschrieben, Stefano. Los, geh!»
Auf dem Hof dirigierte Frank Scudiere zu seinem Wagen. «Du fährst mich jetzt nach Florenz. Zuerst rufst du Strozzi an und bestellst ihn ins Hotel Imperiale, auf die Dachterrasse. Du hättest ihm dringend etwas zu sagen, es wäre was schief gegangen!»
Dann rief er den Grafen: «Conte Solcari! Würden Sie mir bitte die Fototasche bringen? Ach, stellen Sie die besser gleich auf die Rückbank...»
«Der Verletzte unten, wir können ihn nicht...»
«Oh doch, wir können! Der und sein Partner haben auch Palermos Sohn umgebracht. Ich sollte der Nächste sein, dann wäre sein eigener Partner im Krankenhaus an der Reihe gewesen und zuletzt Stefano, sie brauchen ihn nicht mehr.»
«Woher willst du das wissen?», fragte Scudiere ungläubig.
«Du wirst es rechtzeitig erfahren. Ruf Strozzi an! Gibt es bei euch in Italien so was wie eine Kronzeugenregelung? Habt ihr bestimmt, seit den Roten Brigaden. Stefano, überleg es dir gut. Und jetzt gib mir dein Handy.»
Frank tippte Strozzis Nummer mit der linken Hand ein und gab den Apparat zurück.
Scudiere meldete sich, den Blick auf den Revolver in Franks Hand gerichtet. Sie zitterte nicht. Aber die des Consultore.
«Avvocato? Stefano hier. Es ist etwas schief gegangen ... Wir müssen uns dringend sehen ... es steht alles auf der Kippe. Warum? Kann ich Ihnen jetzt nicht sagen, hier – äh – sind Leute. McEvern? Nein, der ist unterwegs ... wieso? Ja, ich sag es ihm. Um 19 Uhr treffen wir uns im Imperiale, ich erkläre Ihnen dann alles, auf keinen Fall bei Ihnen, auch nicht bei Van... nein, im Imperiale, auf der Dachterrasse, das ist sicherer. Bitte seien Sie pünktlich. Va bene , ciao.»
«Hat er was gemerkt?» Frank griff nach dem Handy und schaltete es aus.
«Ich glaube nicht. Er wollte mehr wissen, aber ich sollte ja nichts sagen.»
Frank hatte den Eindruck, dass Stefano erleichtert war, dass sich für ihn die Geschichte dem Ende zuneigte. Die große, kräftige Gestalt des Consultore verlor ihre Form, ähnlich wie eine Sandburg, die von der Flut weggespült wird. Er würde keine Mätzchen mehr machen.
Aber für Strozzi fängt es erst an, dachte Frank genüsslich, während Scudiere auf die Superstrada einbog. Frank hatte die Hand mit der Pistole auf dem Schoß liegen, die Mündung zeigte auf Scudiere. Einen Fuß hatte Frank so gestellt, dass er sich abstützen konnte, wenn Stefano abrupt bremsen sollte oder irgendwelche Schlenker machte, um ihn loszuwerden.
«Wen rufst du an?», fragte er, als Frank sein Handy aus der Tasche kramte.
«Pass lieber auf den Verkehr auf!» Frank tippte die Nummer von Rionero ein und hoffte dringend, dass der Kommissar in seinem Büro war.
«Pronto? Ja, ich bin’s, der Fotograf. Scusi , aber ich muss mich jetzt kurz fassen. Haben Sie die Bilder wieder gefunden? Nein? Der Commissario hat sie geklaut, Sassarella, oder sein Dackel, der Carabiniere. Wo ich bin? Auf dem Weg nach Florenz ... Es wäre hilfreich, wenn Sie auch kommen würden. 19 Uhr, Hotel Imperiale, Dachterrasse, am Arno, Sie kennen es? Gut... Es kommen noch einige andere Leute. Bringen Sie vorsichtshalber Verstärkung mit... ich habe die Mörder, falls Sie das interessiert. Wie viele? Mindestens zwei, wahrscheinlich mehr. Bis gleich.»
Bevor Rionero antworten konnte, unterbrach Frank die Verbindung. Das gesamte Gespräch über hatte er Scudiere nicht aus den Augen gelassen.
«Du musst die Pistole entsichern, sonst funktioniert sie nicht», sagte der Consultore mit einem Seitenblick.
Frank drückte den Hebel links vom Griff der Pistole nach vorn und kam sich dabei furchtbar lächerlich vor. Scudiere hätte nicht deutlicher machen können, dass er aufgegeben hatte. Als Nächstes rief er Pandolfini an und bestellte
Weitere Kostenlose Bücher