Bitterer Chianti
schien das Eichenfass auf dem Schoß zu haben, sein linkes Bein darunter war merkwürdig verdreht.
«Get that barrel off! Oh fuck , get it off, oh my God», stöhnte er und verdrehte die Augen. «Get it off! Please, ah ...» Die Schmerzen mussten grässlich sein, er warf die Arme immer wieder hilflos in die Höhe. Frank blieb außerhalb der Reichweite des Mannes und blickte ungerührt auf ihn hinunter.
Mitten im Gang lag die Pistole, vorn war eine dicke schwarze Hülse aufgesetzt, offensichtlich der Schalldämpfer. Frank hatte so ein Ding bislang lediglich im Film gesehen. Er bückte sich und nahm die Pistole in die Hand. Sie war schwer, und wahrscheinlich funktionierte sie wie andere auch. Er drückte den Sicherungshebel nach vorn. Jetzt musste er rasch handeln. Er kümmerte sich nicht um den keuchenden Prediger, sondern rannte zum Ausgang, stolperte die Treppe hoch, fing sich und riss die Tür auf. Die blendende Sonne gehörte in eine andere Welt. Und dort, zehn Meter von Frank entfernt, stand Scudiere vor seinem Wagen, neben ihm der Graf.
Frank rannte auf sie zu, Scudiere sah die Pistole, stieß Solcari weg und riss die Wagentür auf. Da war Frank schon bei ihm und drückte ihm die Waffe an den Kopf. «Du kommst mit, du Drecksau», schrie er, «du kommst mit! Und Sie auch, Conte, bitte schnell, unten liegt ein Schwerverletzter ...»
Graf Solcari verstand nichts, aber Franks Entschlossenheit überzeugte ihn.
«Versteh das, Franco, sie haben mich gezwungen ...», jammerte Scudiere und hob die Arme.
«Ich verstehe alles, Stefano, und zwar verdammt gut. In den Keller, los! Du wärst der Nächste gewesen, nach mir, das haben sie gestern beschlossen. Aber du kapierst gar nichts.»
Zum Grafen gewandt, sagte er: «Schalten Sie alle Lampen an, die es hier unten gibt, Conte. Ich erkläre Ihnen alles nachher. Und rufen Sie einen Krankenwagen!»
Der Prediger röchelte jetzt nur noch leise, ein schauerlicher Ton in dem halligen Gewölbe. «Hilf ihm», sagte Frank zu Scudiere und unterstrich den Befehl mit einer Bewegung der Pistole. «Roll das Fass runter, und damit du nicht auf dumme Gedanken kommst: Dreimal hat er geschossen, fünf Kugeln müssen noch drin sein, acht sind normalerweise in einem Magazin, manchmal sogar zehn.»
«Wer ist das?», fragte Solcari entsetzt. «Er hat auf Sie geschossen?»
«Fragen Sie Scudiere, der kennt ihn gut, nicht wahr, Stefano?»
Der Consultore war leichenblass. Alles Blut war aus seinem Gesicht gewichen, als er das Barrique zur Seite rollte. Vielleicht war er klug genug, sich einigermaßen aus der Affäre zu winden. Frank hoffte es für ihn.
«Mach jetzt keine Fehler, Stefano. Du machst es nur noch schlimmer. So, Conte, rufen Sie einen Krankenwagen oder einen Hubschrauber für den da», er zeigte mit der Pistole auf den Prediger, der sich am Boden krümmte. Es sah aus, als ob sein Oberschenkel zertrümmert wäre, vielleicht sogar die Hüfte, aber es war kein offener Bruch. «Sagen Sie, es war ein Unfall, alles andere regeln wir später.»
«Ich weiß doch gar nicht ...» Graf Solcari ruderte hilflos mit den Armen.
«Sagen Sie, es war ein Unfall. Der Mann hier wird den Teufel tun und den Mund aufmachen, genauso wenig wie sein Kollege, der liegt schon im Krankenhaus. Es war ihr dritter Versuch, mich umzubringen.»
«I get you , motherfucker, one day I kill you ...» Der Prediger röchelte, seine Stimme glich jetzt der eines Menschen, der nach einer Kehlkopfoperation durch eine Klappe in der Luftröhre atmet. Die Schmerzen mussten höllisch sein, aber das kümmerte Frank in diesem Augenblick nicht im Geringsten. Zum ersten Mal sah er die Augen des Predigers, Knopfaugen, leblose Pupillen. War der Typ auf Droge?
«Weshalb? Weshalb will er Sie töten? Was geht hier vor? Was wissen Sie?» Graf Solcari blickte von einem zum anderen. «Wir müssen dem Mann hier helfen.»
«Er ist nicht in Lebensgefahr», sagte Frank kalt, «und bei dem, was er anderen angetan hat, ist es um ihn auch nicht schade. Sie hören es ja, er will mich immer noch umbringen. Aber der kommt in seinem Leben nie wieder aus dem Knast. Später, Conte, erzähle ich Ihnen alles. Nur so viel – es geht um einen Konzern, der sich Weingüter aneignen will, und wer nicht verkauft, wird umgebracht, wie Niccolò Palermo oder Signora Tuccanese, die Maklerin aus Florenz. Sie kennen die Dame?»
Der Graf nickte. «Flüchtig, sehr flüchtig ...»
«Wie dem auch sei. Ich muss jetzt weg, mit dem hier ...», er zeigte mit der
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