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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Tuffgestein, dann kommt Ton. Aber überall gibt es Galestro, Kiesel und Steine, sie machen den Boden durchlässig. Und all das finden Sie im Wein wieder, im Geschmack, im Duft.»
    Frank erinnerte sich an die bisherigen Aufnahmen. Der Erde hatte er wenig Aufmerksamkeit geschenkt, aber jetzt erinnerte er sich an grauen Boden, umbrafarbene Brocken oder fast weiße Kieselsteine, an manchen Stellen war das Erdreich ocker, teilweise sogar bräunlich. Klar, das alles hatte eine geologische Bedeutung. Doch dass sich diese Bodentypen auf den Geschmack und den Wein auswirkten, war ihm neu.
    Renato Benevole führte ihn zu anderen Fässern, erklärte die Beschaffenheit der Weine, ihre Besonderheiten, und ließ Frank einen Wein nach dem anderen probieren, bis er ein wenig beduselt war und sich erinnerte, dass er zum Fotografieren hier war und nicht zum Trinken. Aber es machte Spaß, sich mit den Unterschieden zu beschäftigen, die Weine in einer Reihe nacheinander zu probieren und zu vergleichen, was er nie zuvor getan hatte.
    Als er seine Kameras auspackte und das Stativ aufstellte, ließ Benevole ihn allein. «Wir verschieben die Ausbildung zum Önologen auf ein andermal. Sie finden den Weg hinaus? Wenn Sie draußen fertig sind, wird es Zeit zum Abendessen. Sie sind herzlich eingeladen.»
    Es war dunkel, als Frank sich auf den Heimweg machte. Ihm war klar, dass er nicht mehr hätte fahren dürfen, aber wer sollte ihn in dieser Einöde kontrollieren? Verkehr gab es auch nicht, also würde schon nichts passieren. Er fuhr nicht über Vagliagli zurück, sondern in Richtung Siena. So vermied er die Schlaglochstrecke durch den Wald, gelangte kurz vor Siena auf die Chiantigiana und fuhr zurück nach Castellina. Beim Essen hatte ihm Benevole angeboten, auf dem Weingut Quartier zu nehmen, wenn er wollte, gleich morgen. Die Familie vermietete Ferienapartments, und ein Gast hatte kurzfristig abgesagt. Frank konnte die zwei kleinen Zimmer mit Küche günstig bekommen, und Benevole wollte ihn weiter in den Weinbau einführen.
    Letztlich doch ein gelungener Tag, dachte Frank, als er vor dem Hotel ausstieg. Er müsste jetzt nur noch an Laura vorbeikommen ... Er schulterte die Fotoausrüstung, schloss den Wagen ab und schlenderte auf die Hoteltür zu. Zwei Männer traten aus dem Schatten neben der Tür, einer verstellte ihm den Weg, der andere blieb hinter ihm.
    «Sind Sie Signor Gatow, der Fotograf aus Deutschland?»
    Der größere der beiden Männer griff mit der rechten Hand in die Jackentasche, Frank erstarrte – der Mann zog eine eingeschweißte Karte hervor und hielt sie Frank hin. «Carabinieri. Commissario Sassarella. Würden Sie bitte mitkommen?»
    Mit einem Mal war Frank wach und nüchtern. «Wieso? Wozu? Sagen Sie mir, worum es geht!» Nein, so einfach ließ er sich nicht einschüchtern, dazu hatte er zu viel erlebt. Er war hier nicht in irgendeiner Bananenrepublik, sondern in einem Mitgliedsland der Europäischen Union. «Ich will Ihren Ausweis richtig sehen!»
    «Wir haben einige Fragen, und deshalb verlangen wir, dass Sie mitkommen.»
    «Fragen können Sie auch hier», sagte Frank. «Und wohin soll ich mitkommen? Sie haben kein Recht, mich hier mitten in der Nacht – sagen Sie endlich, was Sie wollen ...»
    « Naturalmente , selbstverständlich», sagte der Mann, der sich als Commissario ausgegeben hatte, blickte sich nach allen Seiten um – auch Frank sah, dass sich außer ihnen niemand auf der Straße befand –, schien die Arme über der Brust zu verschränken, und dann sah Frank nur noch etwas Weißes auf sich zukommen. Er drehte den Kopf zur Seite, und deshalb traf ihn die Handkante nicht so hart, aber er merkte sofort, wie ihm das Blut in die Nase schoss. Er taumelte zurück, aber da war der Fuß des zweiten Mannes, und er fiel hintenüber. Selbst im Fallen dachte er noch daran, sich nach rechts zu drehen, um nicht auf die Kameras zu fallen. Lieber den Arm kaputt als noch eine Kamera.
    Der Arm blieb heil, die Kameras auch, dafür knallte Frank sehr schmerzhaft auf den Hüftknochen und schrie laut auf, mehr vor Schreck als vor Schmerz: «.Aiuto , soccorso!»
    Die beiden waren keine Polizisten, sondern Gangster, das war klar. Doch als der Mann ins Licht trat, der ihm das Bein gestellt hatte, erkannte Frank fassungslos den jungen Carabiniere. Der hielt ihm grinsend die Hand hin.
    «Tut mir Leid, das Straßenpflaster ist sehr alt und schlecht, da stolpert man leicht.» Und leise fügte er hinzu: «Sollten Sie noch einmal

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