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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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Notwehr … Er braucht nur seinen Anwalt anzurufen, um sich aus der Bredouille zu ziehen. Aber er ruft ihn nicht an. Nicht ihn, nicht die Polizei. Er schleppt die Leiche aus dem Haus, hievt sie in ein Auto, fährt damit an den Deich, hängt sie an die Stele, um sie einige Stunden später wieder abzuhängen und in Krögers Güllegrube zu versenken. – Herr im Himmel, warum macht er das?«
    »Erstens, weil er die Geschichte als Totschlag oder Mord einschätzt, und zweitens, um eine falsche Spur zu legen. Wir sind ja auch zwei Mal darauf hereingefallen.«
    »Wieso zwei Mal?«
    »Krögers Verhaftung. Und dann haben wir dem Alten abgekauft, dass er seinem Sohn Geld geliehen hat, obwohl der sich mit seiner Karte am nächsten Automaten hätte eindecken können. Damit löst sich dieser Widerspruch auch auf, richtig? Und die Zeit, die Leiche zu beseitigen, die hat Böse auch gehabt. Er hatte die ganze Nacht, Kristian.«
    »Auch die Kraft?«
    Steinbrecher hob die Schultern. »Dass er einen Helfer hatte, belegen die Bilder von der Tankstelle. Dieses Mädchen aus Brockum … wie heißt sie noch?«
    »Carola Bersenbrück.«
    »Ja, die Bersenbrück. Sie hat den Porsche und wahrscheinlich genau diesen jungen Mann morgens in Brockum gesehen. Was also spricht dagegen, dass der Alte unser Mann ist?«
    Der Alte? Lorinser horchte in sich hinein. Aber es kam kein eindeutiges Echo. Was kam, waren die längst verinnerlichten, aber schon arg verwaschenen Bilder dieser vom Hass getriebenen niederdeutschen Ghandikopie, der über Jahrzehnte geradezu zwanghaft und mit äußerster Zielstrebigkeit Kröger bekämpft und zu vernichten versucht hatte. War es denkbar, dass dieser Mann derart widersprüchlich gehandelt hätte?
    »Ich kann es mir einfach nicht vorstellen«, sprach Lorinser mit erhobener Stimme gegen das anschwellende Gelächter vom Nebentisch an. »Denk mal an seine geradezu krankhafte Rachsucht gegen Kröger. Erst legt er dicke Spuren zu sich selbst, dann primitive in Richtung Kröger. Das passt nicht zu ihm. Erinnerst du dich, wie Kröger den Jungen nannte?«
    »Werkzeug, nicht?«
    »Waffe«, sagte Lorinser. »Er hat ihn Waffe genannt. Sollen wir wirklich glauben, ein Mann, der seine Pläne so langfristig plant, hätte sie aus der Hand gegeben?«
    »Ich habe den Alten nie kennengelernt. Ich kann ihn also auch nicht beurteilen.«
    »Aber ich«, sagte Lorinser und zog einen Querstrich über die Seite seines Notizblocks. »Meiner Ansicht nach ist er nicht der Charakter, der aus einer Gefühlsregung heraus handelt, und erst recht keiner, der die Nerven verliert. Nein, nein, es passt nicht, es passt einfach nicht.«
    »Passt es nicht, oder passt es dir nicht?«
    »Muss meine graue Masse sein, die das zusammenmischt, die Kombinationsecke, wenn du so willst. Ist natürlich nichts weiter als instinktive Mathematik.«
    Steinbrecher tippte sich mit dem rechten Zeigefinger gegen die Stirn. »Jetzt hat es dich richtig gepackt, was?«
    »Ich habe leider kein zweites Gehirn, mit dem ich das erste betrügen kann. Wie spät ist es eigentlich?«
    Steinbrecher blickte auf seine Uhr. »Fast fünf«, sagte er und betrachtete Lorinser besorgt. »Du hast doch hoffentlich nicht vor, in dem Zustand zurück in die Tretmühle zu gehen?«
    »Keine Panik«, sagte Lorinser und schob den Stuhl zurück. »Ich will nur mal eben telefonieren. Mit Sheriff Bossen. Vielleicht kriege ich ja raus, wer uns belogen hat. Böse oder die Simmeraus.«
    Steinbrecher schnippte gegen das Tequilaglas. »Du auch noch einen?«
    »Ja, aber ohne Zitrone. Die lenkt nur vom Wesentlichen ab.«
    Er verließ den Tisch, ging hinaus auf den Parkplatz und rief im Schatten einer Markise den Hauptkommissar in Lemförde an. »Herr Bossen«, sagte er, als der Leiter der Lemförder Dienststelle sich mit seinem unnachahmlichen Knurren gemeldet hatte. »Darf ich Sie noch einmal um Hilfe bitten?«
    »Bitten schon … Worum geht es denn?«
    »Um die Zeigerstellung einer Uhr im Hause Böse.«
    Bossen schnaufte. »Habt ihr euch nach dem Reinfall mit Kröger jetzt auf den Alten eingeschossen?«
    Das klang gar nicht freundlich. In der Stimme klirrte Frost. Lorinser erklärte dennoch sein Anliegen. Dass er herausfinden wolle, ob die Uhren in den Häusern Simmerau und Böse synchron liefen.
    »Und warum klingeln Sie nicht einfach und überzeugen sich selbst?«
    »Ich fürchte, Böse wird seinem Hund klarmachen, dass sein Abendessen gekommen ist.«
    »Wundert mich gar nicht, nachdem euer Schnellschuss

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