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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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da?«
    »Na ja«, sagte Steinbrecher, »wir wissen jetzt, das Böse irgendwann zwischen Mitternacht und ein Uhr umgebracht worden ist. Wenn wir die übereinstimmenden Aussagen seines Vaters, der Simmeraus und das Gutachten Dr. Schneidmichaufs berücksichtigen, wird der Zeitraum noch enger.«
    »Lass uns das mal aufschreiben«, sagte Lorinser und zog sein Notizbuch und einen Kugelschreiber aus der Jackentasche. Er malte eine große Null auf die linke Kopfseite des Blattes. »Erste Variante: Böse ist also kurz nach Mitternacht von den Simmeraus aus abgefahren, wobei zu fragen ist, was ‚kurz nach Mitternacht’ tatsächlich bedeutet.«
    »Laut Programm werden Europa- und Nationalhymne zwischen dreiundzwanzig Uhr siebenundfünfzig und null Uhr gesendet. Die Nachrichten selbst dauern fünf Minuten. Da Moritz bereits die nachfolgenden Kulturnotizen gehört haben will, muss es also mindestens sieben nach gewesen sein.«
    »Die Simmerau ist mit Böse hinausgegangen, um ihn zu verabschieden. Was kommt da an Zeit zusammen? Bei einer Frau, die gerne schwätzt, die ihn, weil er angeschickert ist, zur Vorsicht mahnt?«
    »Fünf, sechs Minuten?«
    »Dann wäre Böse also um dreizehn nach in Hüde abgefahren. Laut Gertraude Simmerau in Richtung Tankstelle. Da ist aber nicht er, da ist nach den Daten der Videoüberwachungsanlage um null Uhr neunundvierzig ein uns unbekannter junger Mann aufgetaucht, der für exakt zwanzig Euro tankte, um null Uhr achtundfünfzig mit der Kreditkarte des Opfers zahlte und drei Minuten später in Richtung Lemförde davonfuhr. Wenn wir die Zeit abrechnen, die Böse bis zum Tatort und der Mörder bis zur Tankstelle benötigte, verbleiben ganze sechsundzwanzig Minuten. Während dieser Spanne muss das Opfer an irgendeinem Punkt auf der Strecke zur Tankstelle mithin zum Anhalten veranlasst und getötet worden sein. Richtig?«
    »Was mit der Todeszeitpunktannahme des gerichtsmedizinischen Gutachtens übereinstimmt«, sagte Steinbrecher. »Vorausgesetzt, alles andere trifft auch zu.«
    »Setzen wir das einfach mal voraus«, sagte Lorinser und hämmerte mit seinem Kugelschreiber auf den Notizblock. »Böse ist also mit seinem Porsche unterwegs. Er steht unter Druck, weil er befürchten muss, dass ihm der Sprit ausgeht.«
    »Seine Befürchtung tritt auch ein.«
    »Ja. Und dann steht er da, verzweifelt, weil er nicht vor und zurück kann. Er ist alkoholisiert, im Stress, und wenn die Polizei auftaucht, weiß er, wird er seinen Führerschein verlieren. Er versucht, den Motor wieder in Gang zu bringen. Er schafft es nicht, steigt aus, steht hilflos da. Kaum jemand unterwegs. Die Tankstelle ist noch eine Ecke weg. Hat einer, der Porsche fährt, einen Reservekanister dabei?«
    »Dann hätte er nicht tanken müssen.«
    »Sehr gut, Watson«, sagte Lorinser. »Kein Sprit an Bord. Er steht ziemlich belämmert in der Nacht herum, versucht vielleicht,den Motor wieder in Gang zu bringen, aber das funktioniert nicht.«
    »Wir wissen, dass nicht er, sondern ein Unbekannter an der Tankstelle auftaucht. Das heißt also, die von ihm ersehnte Hilfe ist eingetroffen. Nur hat er Pech. Es ist sein Mörder. Auszuschließen ist natürlich nicht, dass es mehrere gewesen sind.«
    »Wie auch immer. Er oder sie haben also angehalten. Sie sind ausgestiegen. Böse erläutert sein Malheur. Ob sie ihm mit Sprit aushelfen können, fragt er. Oder ob sie ihn bis zur nahen Tankstelle abschleppen? Aber sie schleppen ihn nicht ab. Sie erkennen die Gelegenheit, einen feinen Porsche kassieren zu können. Ohne Absprache funktioniert so was nicht. Also beratschlagen sie, wie sie die Tat begehen. Sie bringen Böse um. Der pure Zufall will, dass sie die Porzellanfigur zur Hand haben … Sie holen sie aus dem Auto. Einer von ihnen haut sie Böse an die Schläfe. Sie zerbricht, der Kopf bleibt im Gewebe stecken. Böse fällt. Er blutet. Sie zerren die Leiche ins Gelände, durchsuchen sie, finden seine Brieftasche, die Kreditkarte, füllen, falls Böse keinen Reservekanister mit sich führte, aus ihren eigenen Beständen Sprit nach. Möglicherweise müssen sie das Benzin aus dem Tank ihres Fahrzeugs abzapfen … Reichen dafür sechzehn Minuten?«
    »Wir spielen ein Spiel, oder?«
    Lorinser zerdrückte seinen Joint, dessen Rauch so manche Nase im Lokal in Habachtstellung gebracht hatte. Aber selbst der Stoff lieferte ihm heute nichts. »Sechzehn Minuten«, sagte er nachdenklich. »Es ist Nacht. Die Tat muss zwangsläufig in unmittelbarer Nähe des

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