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Bitteres Blut

Bitteres Blut

Titel: Bitteres Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Voss
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können. Hatte er aber nicht. Hatte seinen Vater um Geld angebettelt und es gegen seine Unterschrift auch erhalten. Ist das zu glauben, dass der Alte am nächsten Morgen in höchster Eile loszieht, um das vermeintlich leer gefegte Konto seines Sohnes sperren zu lassen? Was hatte ihn dazu getrieben? Wusste er mehr über das Schicksal des Jungen, als er zugegeben hatte?
    Er rief erneut und vergeblich Wolfhardt Böse an. Danach seine Schwester. Ihre Stimme klang munter. Ja, sie hätte wunderbar geschlafen, sich einen Kaffee gemacht und sei gerade bei der Zubereitung des Frühstücks. Leider ließe sich das antikanmutende Brot trotz ihrer vielen Tränen nicht erweichen. Sie werde versuchen, es im Ofen aufzubacken. Ob er denn so lieb sei, frisches mitzubringen. Von der Butter sei auch nur noch die Verpackung da. Wann er denn wieder zu Hause sei?
    »Gegen Abend«, sagt er. »Genau kann ich es aber noch nicht sagen. Was machen die Schmerzen?«
    »Wie kleine, scharfe Krallen, die sich in die Haut graben. Aber sie sind zu ertragen. – Könntest du auch Schokolade mitbringen? Ganz schwarze, bittere, ich bin richtig süchtig danach.«
    »Wie sieht’s mit Wäsche aus?«
    »Ich denke, du hast zu arbeiten?«
    »Ja oder nein?«
    »Ich hab meine in deine vorsintflutliche Waschmaschine gesteckt, aus der sie hoffentlich wieder heil herauskommt. Solltest du entsorgen, das Ding. Die frisst dir nämlich die Haare vom Kopf. Und du ohne Haare … Meine Güte! – Nein, ich brauche jetzt keine Wäsche, ich habe deinen Bademantel an und fühle mich darin sehr wohl.«
    »Na gut, wir besprechen das dann«, sagte er und machte sich auf den Weg zum Parkplatz, um nach Lemförde zu fahren. Er war gespannt darauf, wie Wolfhardt Böse die Sperrung des Kontos erklären würde. Außerdem war es höchste Zeit, Chemie-Kröger zu befragen, nicht zu vergessen die junge von Thorsten Böse geschwängerte Frau.
    Kein grauer Volvo, kein gelber Porsche. Nur das gedämpfte Bellen des Rottweilers übertönte das aufgeregte Tschilpen der Spatzen, als Lorinser den Finger vom Klingelknopf nahm. Ein leichter, böiger Wind schüttelte die Baumkronen. Die Sonne zauberte unzählige Lichter auf das hektisch flüsternde Laub der hinter dem Haus in den klaren Himmel ragenden Silberpappeln. In der Luft hing der Duft frisch aufgeworfener Erde.
    Wolfhardt Böse ist also ohne Hund unterwegs, dachte Lorinser, als er in die Isabella stieg und den holperigen Weg in RichtungKreisstraße hinabfuhr. Nach wenigen Hundert Metern bog er in die mit grauen Betonriegeln gepflasterte Einfahrt des Krögerschen Anwesens ein. Grau auch der riesige Hof, eingerahmt von einem Rasen, aus dem einige magere Sträucher ragten. Der aus weißen Klinkern gemauerte Bau mit seinen nachgedunkelten Redpine-Fenstern und dem als Windfang ausgelegten Eingang wirkte auf dem grauen Betonhof wie ein in Stein erstarrter Schrei aus tiefster Not. Vor der leeren Doppelgarage, die sich auf der linken Seite an das Haus anschloss, parkten drei Autos. Neben einem mit Spoiler und Breitreifen aufgemotzten Clio ein grüner Golf und ein rotes Cabriolet. Ferrari F430, stellte Lorinser fest, als er das Heck passierte. Im Windfang ein schwarzes Glasschild, auf dem in neongrüner Schrift »go fast racing« zu lesen war. Kein Name.
    Lorinser hatte den Finger noch auf der runden Messingklingel, als die schwere Kassettentür geöffnet wurde. Ihm stand ein ganz in Schwarz gekleideter junger Jockeytyp gegenüber, auf dessen Oberlippe ein dünnes Dschingis-Khan-Bärtchen kümmerte. Schmales Kinn, gerunzelte Stirn, braune, aufgeweckte Augen. Im Ausschnitt des schwarzen Polohemds eine grobgliedrige Goldkette, die ein mit Brillanten besetztes Kreuz hielt. Auf der Gürtelschnalle das Pierre-Cardin-Logo. Die tänzelnden Füße steckten in roten Nike-Schuhen. Und am rechten Armgelenk blitzten Brillanten der Firma Rolex.
    »Kröger? Bin ich. Der Olli. Aber kein Herr. Kann also nur mein Vater sein. Und den finden Sie, wenn er nicht gerade auf Sylt ist, in Lembruch.« Klare Stimme, selbstbewusst und so erfreut, als stände der Geldbote der Lottogesellschaft vor der Tür. »Und Sie, Sie werfen die Netze wegen Freund Böse aus, richtig?«
    »Sie kennen ihn also?«
    »Wir hatten gemeinsame Freundinnen. Aber nicht gleichzeitig. Hatte mal Rennfahrerambitionen. Aber kein Talent.« Er lachte, als wäre hinter dem ersten Geldboten ein zweiter aufgetaucht. »Und dann die Kohle …« Ein kurzes Verstummen, ein Blick. »Stimmt es denn, dass er

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